Amel Karboul

Wie hat das "Granatapfel-Denken" Ihre politische Arbeit in Tunesien bestimmt?

Die ehemalige tunesische Tourismusministerin Amel Karboul
Die ehemalige tunesische Tourismusministerin Amel Karboul © Torben Waleczek / Deutschlandradio
Moderation: Britta Bürger · 02.04.2015
Sie hat Maschinenbau studiert und war ein Jahr lang Tourismusministerin in ihrer Heimat Tunesien. Nun sucht Amel Karboul nach neuen Wegen, spricht über ihre politischen Erfahrungen und die Rolle der Frauen in der arabischen Welt.
Im Herzen sei sie immer noch Tourismusministerin, sagte die deutsch-tunesische Unternehmerin Amel Karboul im Deutschlandradio Kultur, die der ersten frei gewählten Übergangsregierung Tunesiens angehörte. Den Anschlag auf Touristen im Nationalmuseum der Hauptstadt Tunis vor wenigen Wochen hat die Ex-Ministerin aus direkter Nähe erlebt, ein schrecklicher Tiefschlag für das ganze Land. 21 Menschen wurden getötet. "Als es klar wurde, dass es ein Attentat war, waren wir alle wirklich sehr traurig", sagte Karboul. Die Menschen hätten einander danach alle in den Armen gelegen, sagte sie. "Das war sehr berührend."
Protest gegen die Gewalt
Die Hoffnung, dass das Wirtschaftswachstum wieder in Gang kommt, sei an dem Tag ein Stück weit erschüttert worden. "Was mich allerdings positiv überrascht hat und was mich auch ein Stück stolz macht, ist, wie schnell die Tunesier dann gesagt haben, wir sind gegen den Terrorismus, das gehört nicht zu uns, das gehört nicht zu unserer Kultur." Vergangenen Sonntag seien die Menschen aller politischen Richtungen in der ganzen Republik zu Hunderttausenden auf die Straße gegangen. "Das fand ich wirklich beeindruckend, wie sehr ganz Tunesien heute aufsteht und sagt, das gehört nicht zu uns."
Wie das gallische Dorf bei Asterix
In den kommenden Jahren sei die wirtschaftliche Entwicklung von entscheidender Bedeutung. "Tunesien hat es geschafft, so ein bisschen wie das gallische Dorf bei Asterix als kleines Land eine echte Demokratie zu werden." Vor fünf Jahren hätte noch jeder gesagt, das gehe nicht in der arabischen Welt. Trotz der politischen Fortschritte seien die Investitionen aus dem Ausland zurückgegangen und auch die Zahl der Touristen gesunken. Der Grund sei das Gefühl, Tunesien sei nicht so sicher und in einer Übergangsphase. "Es passierte manchmal, dass wenn in Syrien etwas passierte, dass die Leute nicht nach Tunesien kamen", kritisierte Karboul. "Das ist, als würden sie sagen, in Griechenland passiert etwas und dann gehen sie nicht nach Finnland." Dabei benötige Tunesien als kleines Land in Nordafrika viel Unterstützung.
Coach mit "Granatapfel-Denken"
Karboul hat in Deutschland Maschinenbau studiert und beherrscht sechs Sprachen. Als "Leadership-Coach" ist sie in aller Welt eine gefragte Referentin. Im Moment nimmt sie sich eine Auszeit, um sich neue Perspektiven zu erschließen. Dabei hilft ihr das "Granatapfel-Denken". So wie ein Granatapfel viele Kerne hat, kenne diese Denkweise viele Wege, sagt sie. Und jeder sei auf seine Art verlockend, wie der süße aromatische Saft des Granatapfels.
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