Am wenigsten Fläche, aber zwei Dialekte

Von Detlef Schönauer · 14.01.2013
"Ei joh!", "Oh leck" und "Komm, geh fort!" - Heinz Becker hat die typisch saarländischen Ausdrücke bundesweit bekannt gemacht. Nur, einen saarländischen Dialekt gibt es gar nicht, weil es gibt derer zwei. Eine Sprachgrenze läuft durch dieses kleinste Flächenland der Republik und teilt nicht nur die Sprachen, sondern auch die Bewohner.
Oh la la - isch hab bestimmt genauso verblüfft gekuckt, wie Ihr jetzt an die Radio, wie isch bin hierher gekomm: in die Sarrelande. Ja! Alors, bonjour! Mein Name is Jacques und komm isch ursprunglisch von die Frankreische, von Paris. Unn da hatt' isch vorher Deutsch gelernt, also richtischer Deutsch - unn komm zufällisch: in die Sarrelande! Hab isch directement gemerkt: da kann isch grad von vorne anfang. Weil Deutsch - kann hier keiner ... is wie überall: gibt eine Dialekte ... non, noch schlimmer: es gibt sogar zwei!

"Mir mache mal was anneres"
Naturellement die Urspüng von beide is schon so was wie "Deutsch", correctement: "Westmitteldeutsch". Daraus sinn dann entstann verschiedener Untersprache ... das is schon ewisch her ... war so in die Mittlere Alter. Da gibt zum Beispiel die "Mittelfränkisch", was mer heut noch hört in die Eifel - na gut, da hat sisch ja seit die Mittelalter nischt allzu viel verändert, aber auch in die Westerwald, sogar in Lüxemboursch bis in die Saarlande hinein. Unn die Leut weiter oben an die Rhein habe damals schon gesagt: non, gefällt uns nischt, mir mache mal was anneres ... habe dann entwickelt ihre rheinfränkischer Idiom, was heut noch gibt in die Pfalz, in die südlischer Saarlande bis in die Elsass hinein. Elsass, Ja! Was deutlisch macht, dass die Elsass mit Frankreische wirklisch nischt viel zu tun hat.

Aber totallement verbluffend: ausgereschnet die rheinfränkischer Teil hat sisch dann weiter entwickelt, als die nördlischer Sprach ... ja, die Pälzer! Wo mer eigentlisch denkt, die wäre eine bißsche zurückgebliebt ... aber non, die habe die zweiter Lautverschiebung gemacht, war damals große Mode ... die in die Eifel habe das verschlaft. Die schleppe ja heut noch ihr alter "t" an die Schlüss von viele Wörter mit sisch rum, sage "datt" unn "watt" ... wohingege die Pfälzer schon früh die modernere "das" und "was" nützen. Gut, die habe dafür andere Defizite.

"Hat mit die Kirsch zu tun!"
Unn in unser kleiner Saarlande pralle dann dieser zwei Mundarte directement aufeinander. Das is interessant: hat mit die Kirsch zu tun! Weil die südlisches Teil is mehr evangelisch, also aufgeschlossener, die habe gesagt: mir sinn modern, da könne mir durschaus die Laute bisje verschiebe, mal was Neues ... unn in die nördlischer, die eher katholischer Teil, klar: um Gottes Wille: lasst alles beim Alten! Mir sinn konservativ, nix da mit so neumodischer Verschiebunge, mir schwätze so wie früher, fertisch!

Deswege habe die in die Hunserücke oder in die Eifel immer noch so merkwurdisch gutturaler Laute ... wo kein Mensch versteht. Aber die einfach Katholike sinn das gewöhnt: habe die letzter 2000 Jahr auch lateinisch gebet' unn kein Ahnung gehabt, was es bedeut'.

Drum habe mir heut noch in die Sarrelande zwei Dialekte ... weil mitten dursch unser kleiner Lande läuft die sogenannter "datt-watt-Grenze" läuft. Manschmal sogar dursch die Dörfer. Da kann sein, dass eine Kind sagt "datt", unn seine Bruder sagt "das", weil dem sein Kinnerzimme in die anner Rischtung liegt.

Das hat mer ja bis vor Kurzem gar nischt so gewusst, wie an die Sarre überhaupt gesproche wird. Grad in die Reisch, so sagt mer hier immer noch zu die "Restedeutschlande", da musst' mer das regelrescht lerne. Klar, wenn mer in Berlin heut noch die Vorurteil hört: "Also weeßte, für'n Saarländer sprichste aber jut Deutsch, wa?" Ja, die denke heut noch, hier wird Franzosisch gesprocht.

"Die habe nischt nur Baguette unn Rotwein mitgebracht"
Sischer, komme viele Wörter aus die Franzosisch ... liegt auf die Hand, also vor die Tür. Unn früher, wo die Sarrelande war noch ein montaner Standorte, habe auch viele Franzos' als Berschleut hier geschafft. Und die habe nischt nur Baguette unn Rotwein mitgebracht, non, auch die ein oder andere Ausdrucke ... Unn noch heut lerne die saarlandisch Kinner als erster Fremdsprach Französisch - ja, wobei's auch nischt verkehrt wär, sie würde erst mal rischtisch Deutsch lerne ...

Umgekehrt gibt bestimmt auch die ein oder andere Begriff, was is von die Saarland geschwappt in die Reisch ... - sogar bis in die Fernes Osten ... also die Neuer Länder. Da habe die damalisch DDR-Bürger bestimmt die ein oder andere saarlandischer Wort lerne müsse, ohne's zu merke. Gab ja schon vor die Ära Lafontaine mehr oder wenischer linke Zeitgenosse, was sisch habe aus die Saarland aufgemacht, die Welt poltisch zu beglücken ... Gummo, an die Honecker, Erisch sein seniler Gestammel, da war zumindest von die Sprachmelodie her deutlisch sein Herkunft zu erkenne - so leid mir tut, und so peinlisch uns das hier in die Sarrelande immer noch is.

Auch heut weiss mer von die Saarlande leider nischt allzu viel. Da kuckt ganz Deutschland dursch die Télévision directement in die verstaubter Wohnküsch von ein Familie Heinz Becker unn denkt: "Geh fort!" Dafür bleibt vielleischt sprachlisch was hänge:

"Aber schwätz doch nich so dumm."

Aber so klingte die Leut hier halt ... zumindest in die südlisches Saarlande, in die "das-unn-was"-Zone. Das versteht mer auch noch irgendwie, aber in die Norden, Rischtung Hunsrück, die schwätze wirklisch wie vor tausende von Jahr ... (machts vor) - da verstehst mer gar nix. Das is so eine Art Bantu-Dialekt, die schwätze mehr so suahelimäßisch ... isch sag immer: wemmer hat wenisch Geld unn will Abenteuer-Ürlaube mache, dann fahrt man am beste in die Hunserücke: von die Sprach ähnlisch wie Zentralafrika, aber ist nischt so weit.

Familie Heinz Becker (l-r): Sohn Stefan (Andreas Gergen), Heinz Becker (Gerd Dudenhöffer) und Hilde (Sabine Urig)
Familie Heinz Becker (l-r): Sohn Stefan (Andreas Gergen), Heinz Becker (Gerd Dudenhöffer) und Hilde (Sabine Urig)© picture alliance / dpa / Heinz Unger
"Rischtisch Deutsch kann da kein Wutz"
Ansonsten kammer sisch schon gewöhne an die saarlandisches Mundearte. Aber das is ja auch normal: in Deutschelande hat jeder eine Dialekte, weil rischtisch Deutsch kann da kein Wutz! Selbst Politiker, ehem, wie hat der geheisse aus Bayern, den se aberserviert habe ... Stoiber. Der hat nur Bayrisch, wie dehemm, ehem: "Mir müssen unseren Kindern mehr Deutsch lernen!" Ja, unn der hat das genau so gemeint ... und jetzt is er in Brüssel, schad! Die lustischste Politiker komme nach Brüssel. Wie war's mit'm Öttinger? Hat jahrelang nur Schwäbisch gebrabbelt ... bis er einmal schwätzt Englisch. Grandios, ein neues Stern an die Comedyhimmel:

"We are all sitting in one boat!"

Und zack! Weg war er: in Brüssel. Auch wemmer unser saarlandischer Ministerprésident Peter Müller sieht, wie er Sonntags abends nach die Tatort huckt bei die Anne Will unn rollt da seine "r" im Hals, wie bei sisch dehemm in "Eppelboore-Bubach-Calmesweiler" - das is sogar viele Saarlander - peinlisch. Weil grad unser Dialekte wird von viele in Deutschland kaum verstann. Manschmal musse die in die Télévision sogar Untertitel drunner lege ...

Und grad für Auslander is das eine besondere Probleme, wo's in jeder deutsches Region ein spezifisches Sprach gibt ... Ja, von wege Integration: die Leut mit ein Migrationshintergrund sollen Deutsch lernen! Isch frag misch: wozu? Was solle die damit? Mit wem solle die schwätz?

Is schon verrückt: wemmer hier herkommt in die Sarrelande, directement an die Grenz zu Frankreische: plötzlisch sinn die Fraue neutrum, säschlisch: "ehs".

Heinz Becker:"'s Hilde hat gesaaht ... "

Ehs, neutrum! Naja, weiblischer Fraue gibt's halt nischt so ... Isch hab zehn Jahr gebraucht, bis isch hab gelernt, dass alle Frauename fange hier mit "s" an: "'s Maria", "'s Hilde", "'s Karin" ... gibt sogar Fraue, die fange mit zwei "s" an: "'s Sabine". Unn die Frau, was zu ihm gehört, is dann "seins", unn er sagt von sisch aus: "meins", ja. Das hab isch das erste Mal gehört, war gar nischt in die Saarland, war in Frankfurt in ein Hotel. Da kam eine Saarlander an die Rezeption, was hat versucht zu spresch hochedeutsche: "Entschuldigung, mein Name ist Backes, Heinz, und das doo ist meins." Hat die Monsieur hinter die Rezeption ganz komisch gekuckt unn gesagt: "Ei horsche Mol, mein Bub, do hosde Disch abber ganz schee verfahr'n. Des is net Mainz, des is Frankfurt!" Der konnt nischt wisse, dass "meins" im Saarland is kein Stadt, sondern eine Form von "sie", was heißt eigentlisch "ehs." Ausser wemmer Angst davor hat: ein Lehrerin oder ein Ärztin, da sagt mer nischt "ehs". Oder ein Fräulein auf die Amt, Sachbearbeiterin, Agentur für Arbeit, sagt mer nischt "ehs", non: "die - dumm Puut'".

Günther Oettinger, EU-Energiekommissar
Günther Oettinger ein Comedystar?© picture alliance / dpa
"Einfach die Suffix "sau" dran, fertisch"
Is schon ein verrückter kleiner Lande, hier, gequetscht an die Rand von die Repüblik ... früher mer hat die Saarlander oft geschimpft als "Rucksackfranzose" oder gar als die "Wurmfortsatz vor Frankreische", drum sinn die Saarlander oft ein bißschen untergewürfisch, traue sisch nix zu, dafür übertreibe se aber gern. Da gibt ein eigenes Steigerungsform, so ein Art "superlativ animalis". "Gut" wird zum Beispiel gesteigert: "gudd", "gudder" "saugudd". Ja, mer hängt einfach ein "sau" dran, wemmer übertreibe will: "saugudd", "sauschlescht", "hier is sauscheen", "Pälzer sinn saubleed": einfach die Suffix "sau" dran, fertisch. Naja, die Saarlande sieht auch aus, wie ein "Sau". Non, isch mein jetzt nischt inhaltlisch: von die äußeres Form. Wemmer sieht die Sarrelande auf ein Landkarte, allein die Umriss, wie ein klein Wutz. Ein kleiner dicker Sau, hä, aber is ein "Gourmet-Wutz", weil steht genau rischtisch rum unn kuckt nach die Frankreisch: die Rüsselschnäuzschen Rischtung Frankreisch, unn Rischtung Palz dann die - Popo.

Aber die "sau" kommt sprachlisch noch viel öfter vor: "es räänt wie die Sau" - sagt mer, also: es regnet. Sischer, noch kein Mensch hat ein Sau räänen geseh, aber es heißt halt so.

Sauinteressant! Gut in Frankreisch is ähnlisch - vielleischt kommt's auch da her. Allerdings nehme mir kein Wutz, non, bei uns muss die Kuh herhalte, "la vache". Sage mir in Franzosisch nischt "saugut", sondern "vachement bon", also "kuhmäßisch" gut. Aber Frankreische is auch ein größer Lande, da passe größer Tiere rein. Gummo, die kleiner Sarrelande: zwei Küh, wär die Land voll.

"De Jupp is hart im Hole"
Ja, wemmer in jedes Satz irgendwo ein "sau" unnerbringt, schon klingt sehr authentisch Saarlandisch. Das is gar nischt so schwer zu lern, weil viele deutsche Wörter gibt's hier gar nischt. Die sinn einfach: ausgewies ... nehme mir die Wort "nehmen". Weil, das kennt mer hier nischt. Für "nehmen" sagt mer "hollen": der Deutsch "nimmt", der Saarlander "hollt". Er "hollt ab", meistens "hollt er aber zu". "De Jupp is hart im Hole". Oder: "Der Pfarrer weiss, seine Haushälterin zu nehmen", heißt hier ... ehem ... na egal: "De Pschdor wääß, seins zu holle!" Der Saarlander holt ... oft bis zum bittteren Ende, wo er sisch vielleischt sogar "es Lebe holt". Wobei, ein Ausnahme hab isch mal gehört, war ein Frau aus die heimlischer Hauptstadt: Saarlouis. Da sinn die Leut ein bißschen etepetéet, pingelisch. Die hat versucht zu spresch hochedeutsche: "Stellen Eusch einmal vor, da hat misch doch auf der Autobahn einer rechts übernommen!" Falsch! Es heißt "holen" - immer!

Unn weil die Saarlander sind halt bißje sprachfaul, verwende die auch gern Wörter mit verschieden Bedeutung, ehem, sogenannte ... homo ... non, non, nix Wutzisches!: Homonyme! Zum Beispiel: "strack". Das heißt zuerst mal "faul".

"Oh isch glaube, unser Jürgen bleibt nächschdes Schuljahr hucken, so strack wie der Tirmel is!"

Strack is aber auch, wemmer hat zu viel gesofft:

"Oh leck, war isch geschder so strack ... "

Unn "strack" bedeutet auch, wenn was plötzlisch fest wird, oder wemmer nischt mehr biegen kann, also steif ... non, das mein isch jetzt nisch! Aber wenn die Mutter hängt im Winter drauße die Wäsch auf die Lein unn dann kommt die Frost, rücke-di-zücke, ganz schnell is die Wäsch "strack gefror". Also "strack" heißt: "steif", "faul" unn auch "besofft". Da hab isch mal auf eine Grabstein ein Inschrift geseh, da ware alle Bedeutunge von die Wort "strack" in ein einzischter Satz vereinischt:

"Doo leiht de Karl wie er immer gelebt hat: strack!"

Gibt schon ganz eigener lokaler Wörter ... was mer zum Beispiel immer hört, kaum is mer in die Sarrelande: "oh leck!" Da wußt' isch lange nischt, was das heißt. Heut weiss isch's! Das heißt genau genomme: nix. Das sagt eine Saarlander, um ein Denkpaus' zu überbrück. Wenn er was gefragt wird, muss er antworte, unn zum Antworte muss er denke. Unn das dauert sein Zeit. Jetzt will er nischt, dass der annere merkt, dass er denkt. Also überbrückt er diese Denkvorgang mit ein kurzes Satz oder ein Wort, wo er auswendisch kann: "oh leck" - in der Zeit kanner denke ... und dann kommt die Antwort directement und klingt rischtisch spontan ... Gut, das gibt's in jedes Mundart: die Hesse sage: "ei horsche Mol!" oder die Pälzer, die singe ja mehr beim schwätze: "Ei joh!", und die Bayern die sage: "Jo mei" ... unn die Schwabe fange an, irgendwelsche Hauptstädte aufzuliste: "Hanoi ... " unn dann kommt die Antwort, fast wie aus die Pistolet geschoss.

"Oh leck misch am Arsche!"
In die Saarland heißt halt "oh leck"! Gut, es gibt Sprachforscher, die behaupte, das wär ein verkümmerter Goethe-Zitat von dieses Götz, aber ist nischt sischer. Aber auch das wird in so ein bodenständischer Lande gern zitiert, aber wenischer im fäkale Sinn. Damit kammer verschiedene Emotions rüberbringe. Gummo, wenn isch sag: "Oh leck misch am Arsche!" Das klingt doch viel gefühlischer, wie wenn isch sag: "Oh, isch bin aber verblüfft!"

Der Franzos' is da noch direkter: "merde alors!" Unn grad die Näh' zu die Frankreische merkt mer an die Sarre sehr deutlisch in die Sprach. Da gibt so viel franzosischer Wörter hier: "Portemonnaie", oder "die Trottoir". Mer trinkt Bier aus die Flasch, aus "de Buddell" ... das kommt von "bouteille".

Grad bei die Esse unn Trinke macht sisch die franzosischer Nachbarschaft deutlisch bemerkbar. Wenn die Hausfrau hier, also "ehs", bereitet ein typisch saarlandischer Specialité: "Dibbelabbes" ... das sinn so gerappter Kartoffel, werde angebrat mit Zwiebel unn Dörrfleisch ... rumgedreht, schmeckt eigentlisch sehr gut, aber die Optik ... aber das is ein anner Geschischt. Es geht um die Wort "gerappt". Das macht man mit ein "Rapp", also mit ein "Reibe" ... unn was heißt "Reibe" auf franzosisch: "rapp" - voilà.

Gibt noch viel mehr Beispiele. Wenn's einem "pressiert" oder jemand wird "eschdamiert", also "geachtet", dann denkt mer fast, mer wär drübe in die Frankreische. Aber das paßt ja auch, weil so eine Dialekte hat ja auch viel mit die Menthalité zu tun. Grad so ein typisch saarlandischer Neigung zum Müssischgang, was sisch auch äußert in ein bekannter Spruch: "Hauptsach' gudd gess, geschafft hann mir schnell!" - grad das färbt directement ab in die Sprach:

Junge: "Oh leck, Mama! Isch mann net in die Schul, isch hann so die Flemm!"
Frau: "Die hann isch aach! Unn drum gehschde!"

Die Flemm, das is ein häufischer Krankheit hier : "chronische Arbeitsunlust!" Unn das, also die Wort-Ursprüng, das kommt aus die Franzosisch: "la flemme", die Faulheit.

Unn selbst bei die Geschleschter, bei die Artikel, ware die Saarlander eine bißschen strack, faul, unn habe einfach von die Franzos' abgeschrieb. Heißt hier nämlisch: der Butter oder "de Schokolad", weil das in die Franzosisch auch männlisch is. Und ganz konsequent dann: "die Bach".

Ha. die Saarlander habe sisch viel von die Franzos' abgekuckt ... nischt nur einzelne Wörter, auch in die Grammatik. Allein die Satzstellüng: wenn der Saarlander friert, dann sagt er: "isch hann kalt!" Directement aus die Franzosisch übergesetzt: "J'ai froid - isch hann kalt."

Oder auch was immer auffallt, wemmer das erste Mal eine Saarlander schwätze hört: "Och, das hätt mer jetz könne mache" ... "könne mache", statt "mache könne", weil im Saarland wird die Hilfeverb vorgezogt, genau wie in die Franzosisch, da heißt's: "On aurait pu le faire."

Erich Honecker, ehemaliger Staatschef der DDR
Erich Honecker war Saarländer. Das hörte man ihm an.© AP Archiv
"Isch geen saufe"
Unn weil die Sarrelande hat ja in die Vergangenheit immer mal wieder zu die Frankreisch gehört. Das merkt mer jetzt noch, zum Beispiel, in die Zukünfte ... in die Futur. Mache mir mal eine Beispiel, da brauch isch eine Verb, ein Tätischkeit? Was passt: trinken, voilà. Wober der bodenständisch Saarlander das schon eine bißschen rustikaler ausdrückt: "saufe!" Und statt die normaler deutscher Fütür: "Isch werde saufen" ... is die saarlandischer Fütür: "isch geen saufe". Da wird die Fütür nischt umgeschreibt mit "werden" wie in Deutsch, non, man macht ein Verlaufsform, wie in die Franzosisch: "je vais boire" Das is die franzosischer "futur proche", also die "Nahes Zukünfte" - nah! Heißt also nischt morge oder übermorge, non, non, so lang wartet kein Saarlander mit die Sauferei, das is gleisch, bald, directement ... "doo hann isch de Mantel schon aan".

Und dafür tun sisch die Saarlander eine bißsche schwer mit die Vergangenheit, wenn also das Trinken schon is vorbei. Ein normal deutsch Vergangenheit, "Imperfekt", gibt hier nischt. Kein Wutz sagt: "isch soffte!" Sondern: "isch hann gesoff!" Das is aber kein rischtisch Vergangenheit, sondern eine Perfecte, also eine vollendeter, ehem, ein fertisches Gegendiwart. Wenn der Saarlander will, dass is schon länger her, dann nimmt der sogar die Plüsequamperfekt - ja! Der weiss nischt was das is, aber er nimmt's, also er "holt's" und sagt: "isch hott gesoff!" Unn manschmal setzt er sogar noch einen drauf, ein regionaler Specialité, die Süperplüsequamperfekt: "oh, isch hodd gesoff gehadd!"

Très compliqué, hein? Er macht sisch's nischt einfach. Kucke mer mal die Mögelischkeiteform, also die Konjunktiv ... das gibt hier sehr oft, weil mer sisch nischt gern festlescht: der Saarlander sagt auch nischt einfach "ja" oder "nein", non, der sagt lieber so was unklares dazwisch: "och, pfff!" Drum liebt er den Konjunktiv, also in unser Beispiel: "Och könnd isch jetz schon gesoff hann." Wobei, "saufe" is da kein guter Verb. Der Saarlander sauft oder lasst's, da passt ein Konjunktiv nischt. Da musse mir ein anner Verb, oder eine Hilfeverb vielleicht ... "werden" - ja, das is gut, obwohl, statt "werden" sagt der Saarlander oft "geben". Gegendiwart: "isch werre" oder "isch gääbd." Und der feinere Zeitgenosse artikülierte dann: "isch sei", also: "isch dääd sinn!" So wie die Philosoph: "ich dächte, also sei ich", sagt der Saarlander: "Isch hann gemennt, also werre isch gewään sinn!" - Verrückte, he? "Isch sei geworden" heißt dann:" isch dääd genn sinn". Klingt irgendwie fremd, fast wie Chinesisch: "isch dääd genn sinn" - "tai ginseng!"

Und in die Fütür wird aus: "isch werde werden" bei uns hier "isch genn genn" oder "isch werre genn" oder "isch genn werre". Moment, es geht noch komplizierter: "isch werde geworden sein" heißt: "isch werre woor genn sinn", oder: "isch genn woor genn sinn!" Da soll noch einer sage, Saarlander wäre ein einfach Völkschen ohne Cültüre?! Non, eine Volk, was so eine Satz zu Wege bringt, den hab isch gefunne in eine renommierter Saarlandischer Lehrbuch: "Mir komme eisch net eher besuche, als bis dass ihr mol bei uns gewään sinn dääde."

Non, isch glaub wirklisch, hier is seit die Mittelalter sprachlisch doch nischt allzuviel passiert, oder?

"Oh leck!"
Der Kabarettist Detlev Schönauer
Der Kabarettist Detlev Schönauer als Bistrowirt Jaques© Detlev Schönauer