Altorientalist über Zerstörungen durch den IS

"Das ist sehr gut kalkuliert und professionell inszeniert"

Die leere Felsennische der zerstörten Buddha-Statue im afghanischen Bamian
Kulturzerstörung durch Islamisten ist leider nicht neu: Im Jahr 2001 zerstörten die Taliban die bis zu 53 Meter hohen Buddha-Statuen im afghanischen Bamiyan. © dpa / Farhad Peikar
Markus Hilgert im Gespräch mit Britta Bürger · 30.12.2015
Die Zerstörungen von Kulturgütern durch den IS sind mitnichten spontane Aktionen, meint der Forscher Markus Hilgert. Er plädiert für einen zurückhaltenden Umgang mit den Bildern und Videos der Taten, um nicht in die Falle der Propaganda zu tappen.
Im ausgehenden Jahr hat der Islamische Staat vor allem in Syrien und im Irak systematisch alte Kulturgüter zerstört. Kirchen und antike Stadtanlagen, Statuen und Kunstwerke sind mit Presslufthammer und Bohrer attackiert oder einfach in die Luft gesprengt worden. Doch das seien keine spontanen Wutausbrüche, die Täter gingen vielmehr planvoll vor und hätten eine "Zerstörungs-Logistik" aufgebaut, sagt Markus Hilgert, Altorientalist und Direktor des Vorderasiatischen Museums im Berliner Pergamonmuseums.
Diese schleichende Kulturgutzerstörung gebe es seit Jahren im Vorderen Orient und an anderen Stellen der Welt, beklagt er. Endlich würden diese Zerstörungen wahrgenommen.
Hilgert: "Der Islamische Staat versucht damit einerseits zu provozieren. Es geht aber auch um eine Botschaft nach innen: Wir sind respektlos, wir sind zu allem bereit und wir sind vor allen Dingen treu dem, was wir für unsere Glaubensauffassung halten."
Nicht das Spiel mitspielen
Man müsse sich davor hüten, zu denken, das sei ein mittelalterliches Gebahren, meint Hilgert. "Das ist sehr gut kalkuliert und professionell inszeniert." Auch beim Betrachten und Verbreiten der Bilder müsse man einen Mittelweg finden und genau deutlich machen, worum es hier gehe. "Wir dürfen nicht das Spiel spielen, das uns aufgezwungen wird!"
Im Februar dieses Jahres erging eine Resolution des UN-Sicherheitsrates, nach der die Staaten Maßnahmen gegen den illegalen Handel mit Kulturgütern ergreifen müssen, mit dem der Terrorismus zum Teil finanziert wird. Zum ersten Mal würden die Staaten konkret aufgefordert, ihre Maßnahmen zu benennen.
Hilgert begrüßt den politischen Druck, der dadurch entsteht. Er hat auch festgestellt, das sein eigenes Haus - das einzige Fachmuseum im deutschsprachigen Raum - auf internationaler Ebene mittlerweile sehr viel gefragter ist als noch vor einem Jahr. Er sei viel unterwegs gewesen, erzählt er. Dabei habe er versucht, klar zu machen, dass Kulturgutschutz nicht nur eine politische und gesellschaftliche Aufgabe ist, sondern dass sie Expertenwissen erfordere und somit auch in die hochschulpolitische Sphäre reiche.
Markus Hilgert, Leiter des Vorderasiatischen Museums in Berlin
Markus Hilgert, Leiter des Vorderasiatischen Museums in Berlin© Deutschlandradio - Philipp Eins
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