Altın Gün: "Yol"

Niederländer spielen türkische Volkslieder

06:42 Minuten
Altın Gün vor der Fotowand bei den Grammys
Altın Gün wurden mit ihrem zweiten Album "Gece" für den Grammy nominiert. © imago images / Starface / AdMedia
Von Grit Friedrich |
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Altın Gün aus Amsterdam veröffentlichen den Nachfolger zu "Gece" – dem ersten türkischsprachigen Album, das jemals für den Grammy nominiert wurde. Und wieder kombinieren sie Volkslieder mit 80er-Jahre Synthpop, was überraschend gut zusammenpasst.
Altın-Gün-Bandleader Jasper Verhulst ist nicht nur ein Bassist, der Mikrotöne spielt, als wäre er in Anatolien aufgewachsen. Er hat auch eine riesige Plattensammlung. Mit legendären Namen des Analodou Rock aus den 70ern.
Zwar versteht der Niederländer die türkischen Texte nicht, aber der Geist dieser Musik, ihre rebellische Tiefe und ihre schillernden Melodien faszinieren ihn.

Anatolischer Folkrocksound der 70er

Über seine musikalische Mission sagt er:
"Diese Band entstand, weil wir diesen Klang wirklich lieben. Diesen türkisch-anatolischen Folkrocksound der 70er-Jahre. Am Anfang haben wir versucht, ihn zu kopieren, jetzt entwickeln wir uns weiter. Aber türkische Volksmusik ist immer noch unsere Inspiration".
Auf "Yol" hat ihn die Experimentierlust gepackt.
So hört man nicht nur eine Homerecording-erprobte neue Drum Machine. Auch Altın-Gün-Frontfrau Merve Daşdemir hat mit dem Omnichord ein neues Instrument entdeckt und spielt es bei "Kara Toprak" – einer Liebeserklärung von Aşik Veysel an die schwarze Erde der anatolischen Heimat.
Das Omnichord stammt aus den 80ern, sein Klang ähnelt zuweilen einer Zither oder einer Harfe, auch Gitarrenakkorde lassen sich darauf spielen. Die Neue Deutsche Welle Band Trio setzte das Omnichord ab und an ein - und jetzt Altın Gün gleich bei mehreren Songs.
Das Kollektiv Altın Gün hat für "Yol" über das türkische Kernland hinausgeschaut. Dabei fand es das elegische "Arda Boylari", ein Lied aus Thrakien im Norden von Griechenland: Ein Mädchen wird von ihrer Familie gezwungen, einen reichen Mann aus dem Dorf zu heiraten. Aber sie ertränkt sich mit ihrem Liebsten im Fluss Arda. Fast jeder Song auf dem Album endet so dramatisch.

Die Band kennt ihre Stärken

"Wir möchten nicht einfach etwas kopieren, was es schon gibt, denn wir kennen unsere Stärken und unsere Schwächen", erklärt Jasper Verhulst die Intention hinter der Musik.
"Wir können keine tiefen emotionalen Interpretationen von Folksongs spielen, wir machen sie eher leichter zugänglich und auch poppiger. Das ergibt sich aus der Kombination der Musiker in der Band. Dass geschieht ganz natürlich, wenn wir diese Lieder spielen."
"Sevda Olmasaydı" ist ein Lied von Neşet Ertaş - ein Volksmusiker, der in der Türkei und der türkischen Diaspora gleichermaßen geliebt und verehrt wird. Altın-Gün-Sänger Erdinç Ecevit hat die Lieder von Neşet Ertaş seit seiner Kindheit aufgesogen und die schönsten für seine Band ausgegraben, so Verhulst.

Lyrischer Zauber

Altın Gün bewahren den lyrischen Zauber der alten Lieder, aber ändern gern mal Taktarten. Sie lieben an- und abschwellende Orgelklänge und raue Riffs auf der Langhalslaute Saz. Sogar brasilianische Einflüsse blitzen aus einigen Songs.
Für Online leicht überarbeitet.
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