Altes Medium in neuem Glanz

Von Anne Raith |
Mit Festivals und eigenen Verlagen erlebt das Daumenkino derzeit eine Renaissance. In den <papaya:link href="http://www.fingerfilme.de" text="Fingerfilmen" title="Fingerfilmen" target="_blank" /> von Sabine Klar können auch Sie die Hauptrolle spielen, wenn Sie möchten.
Am Anfang war – Uschi Glas. Jung, rehäugig und kokett in "Zur Sache Schätzchen". Mit diesem Film begann nicht nur ihre Karriere, sondern auch die von Sabine Klar. Vor einigen Jahren schaute die 34-jährige den Film mit ihrem Mann im Fernsehen. Fasziniert verfolgt sie, wie Werner Enke Uschi Glas mit einem selbstgezeichneten Daumenkino verführt.

"Das war einfach `ne so süße Szene. Dadurch bin ich eigentlich wieder daran erinnert worden, an dieses wunderschöne Medium, was man ja eigentlich aus seiner Kindheit schon kannte."

Ein Medium, das aus einer Zeit ohne rasante Kamerafahrten, Computeranimation und Spezialeffekte stammt.

"Das ist das Tolle, also, es ist sofort einsetzbar. Man muss nichts in die Steckdose stecken oder hochfahren. Man bestimmt selber die Geschwindigkeit, man kann vorwärts, rückwärts, langsam, schnell, mit Pause blättern. Und das ist einfach das Tolle, dass man selber letztlich der Kinovorführer ist."

Kurz darauf fing die Designerin an zu tüfteln und zu basteln, mit Fotos und Videofilmen. Nach der Arbeit und am Wochenende. Ihr erstes Daumenkino hat die Wahlkölnerin nicht nur alleine entworfen, gestaltet und gebunden, sie war auch die Hauptdarstellerin, als tanzende Spanierin. Die Beschenkten waren begeistert. Bis Sabine Klar laut darüber nachdachte, sich als Daumenkino-Verlegerin selbstständig zu machen:

"Natürlich gab es viele Zweifler. Eigentlich nur, um mich herum. Bis auf meine besten Freundinnen, zwei an der Zahl. Aber die kannten mich ja schon lange als "die Spinnerin", wie andere Leute mich dann eben bezeichnen."

Als eine, die aus alten Joghurt-Bechern Lampen baut. Das war noch zu Schulzeiten in Ostwestfalen/Lippe, vor dem Designstudium in Berlin. Aber Sabine Klar hat den Zweiflern bewiesen, dass man durchhalten muss und mit ein bisschen Glück auch Geld mit den "Spinnereien" verdienen kann.

"Ich hab auch mal, damals, zu Berlinzeiten, das war auch noch Ende der 90er, hab ich mal ne Love-Parade Schmuck-Kollektion herausgebracht, mit Materialien aus dem Baumarkt. Letztlich konnte ich dann von meiner Schwester vom Tanzkleid so Zipfel abstauben, die waren voll mit diesen Strasssteinen. Ja, das war ne tolle Aktion. Mal so einfach ins Blaue reinbasteln und verkaufen. Und es hat geklappt, man muss sich nur was trauen."

Ihr Mut hat sich auch dieses Mal gelohnt: Heute sitzt Sabine Klar als Chefin ihres eigenen Verlags in ihrem Büro in Köln-Ehrenfeld. Um sie herum herrscht kreatives Chaos: Auf Tischen, Stühlen und Regalen türmen sich Film- und Foto-Kameras, Kartonagen und Requisiten. In einem kleinen Schubladenschrank neben dem Schreibtisch bewahrt sie Exemplare ihrer Daumenkino-Serien auf. Jedes der kleinen Büchlein hat ein anderes Format, einen anders gestalteten Einband.

Hier finden sich Ausgaben des "Regen Treiben im Aquariums", der "Tiere vom Bauernhof" mit den beiden Helden Schleckziegenbock und Fleckenschwein, oder "Pupinta", eine nostalgische Figur aus den 20er Jahren:

"Pupinta bügelt, leicht lasziv, mit nem Augenzwinkern, und flirtet mit der Kamera. Die Kamera wandert dann runter, immer weiter runter. und Sie sehen dann letztlich, dass sie untenrum kaum etwas anhat, bis auf diesen Body, diese Kniestrümpfe und Pumps. Und sie tanzt eben. Und das ist der absolute Bestseller, seit drei oder vier Jahren."

Während die Pupinta-Serie im Studio entstanden ist, ist Sabine Klar auch draußen immer auf der Suche nach kuriosen Begebenheiten und neuen Motiven. Nie geht sie ohne Kamera aus dem Haus. Andere Ideen liefern ihr Kunden, die zu Hochzeiten, Geburtstagen oder Weihnachten individuelle Fingerfilme anfertigen lassen. Im Studio werden Sie beim Torte auspusten oder tanzen geknipst, später entsteht daraus ein ganz persönliches Geschenk. Die verschenkt die Designerin auch heute noch gerne selbst, zum Beispiel ihrem Mann zum Hochzeitstag:

"Wir haben Ende 2004 in Las Vegas geheiratet, das war heimlich. Es wusste niemand, wir wussten es auch eigentlich vorher nicht. Ich habe schon seit Jahren immer gesagt: Ich heirate nie. Und wenn, dann in Las Vegas mit nem Elvis-Imitator. So. Und als wir dann in Las Vegas waren, haben wir es dann kurzerhand getan, für 45 Dollar und nem gemieteten kitschigen Blumenstrauß."

Damit sie nicht mehr soviel arbeitet, hat sie jetzt Hund Sol. Aber die Zeiten, in denen Sabine Klar nächtelang gearbeitet hat, sind ohnehin vorbei. Vorerst zumindest. Denn es ist nicht so, als hätte die 34-Jährige nicht schon neue Ideen. Noch widmet sie sich aber dem, was ihr privat am meisten Spaß macht: Gitarre spielen.

"Vor einem Jahr habe ich mir diesen Traum endlich mal erfüllt und wird das mit Sicherheit auch noch viele Jahre machen, bestimmt bis an mein Lebensende, weil das ist ein so tolles Instrument …"

Oder aber bis zum nächsten Projekt: Eine Siebdruckmaschine steht schon bereit.