Altersvorsorge

Je früher, desto mehr

Ein Rentnerpaar genießt die Sonne vor dem Parlament.
Ruhestand ohne Geldsorgen: Dafür sollte man früh anfangen vorzusorgen, rät die Rentenversicherung. © dpa/picture alliance/Stephan Scheuer
Von Susanne Arlt |
Seit drei Jahren bietet die Deutsche Rentenversicherung sogenannte Intensivgespräche zur Altersvorsorge an. Doch diejenigen, die das nutzen, hätten meist schon viel früher mit dem Sparen anfangen sollen. Deshalb tritt die Behörde nun gezielt an Jüngere heran. Doch auch dort sieht es mau aus.
Der Wartebereich der Deutschen Rentenversicherung in Berlin-Wilmersdorf ist an diesem Vormittag gut besucht. Etwa 45 Frauen und Männer sitzen auf gepolsterten, halbrunden Bänken, hoffen darauf, dass ihre Wartenummer bald aufgerufen wird. Die meisten von ihnen sind über 50. So wie Jürgen Richter.
Seit drei Jahren bietet die Deutsche Rentenversicherung so genannte Intensivgespräche zur Altersvorsorge an. Experten wie Wolfgang Engel verschaffen sich erst einen Überblick, was der Versicherte bislang für sein Auskommen im Alter getan hat. Hat er in die gesetzliche Rentenkasse eingezahlt, oder privat vorgesorgt, vielleicht besitzt er eine Immobilie oder verfügt über anderes Vermögen? Der Rentenexperte rechnet alles zusammen und überlegt, welche Förderwege noch sinnvoll wären. Am sinnvollsten aber sei es, sagt Wolfgang Engel, so früh wie möglich eine private Altersvorsorge abzuschließen. Am besten direkt nach der Schule. Jürgen Richter zuckt mit den Schultern, mit Anfang 20 hatte ich ganz andere Dinge im Kopf, sagt der 50-Jährige.
Jürgen Richter kramt aus einer Mappe einen Ausdruck hervor. Er ist selbständig, hat ein kleines Ingenieurbüro. Vor sieben Jahren liefen die Geschäfte noch gut, damals schloss er eine Rentenversicherung ab.
"Seitdem zahle ich da was ein, aber das reicht bei weitem nicht aus, um meine Altersversorgung letztendlich zu gewährleisten. Deswegen bin ich eigentlich auch hier. Einfach mal zu analysieren, an welchem Punkt stehe ich eigentlich, was habe ich zu erwarten und was kann ich noch in der kurzen Zeit, die mir noch bleibt, tun, um meine Situation zu verbessern."
Beratungen ab der zehnten Klasse
Rentenexperte Wolfgang Engel nickt, wirft einen kurzen Blick auf die Vertrags-Unterlagen, schaut dann wieder zu Jürgen Richter:
"Ja, da glaube ich, kann ich Ihnen noch helfen, dass ich Ihnen zumindest die Möglichkeiten aufzeige, was man noch machen kann."
Allzu viel kann der Unternehmer aber nicht mehr machen, denn er hat nur noch 17 Jahre Zeit, um für sein Alter vorzusorgen. Besser wäre es gewesen, er hätte früher damit angefangen, sagen Wolfgang Engel und sein Kollege Volker Heine.
"Das wird ihnen jeder Volkswirtschaftler bestätigen, es gibt einfach diesen Zinseszinseffekt und der wirkt halt brutal, wenn der in einer kurzen Laufzeit erst begonnen wird. Und von daher wäre eigentlich das Thema Altersvorsorge immer viel früher angezeigt."
"In den meisten Fällen sind die Leute Mitte 30 Anfang 40, na ja, wahrscheinlich kommt dann der Gedanke, ja was ist denn in 20, 30 Jahren, wovon soll ich leben? Meist kommt der Gedanke erst später und nicht im jungen Alter."
Damit sich das ändert, bieten die Experten der Rentenversicherung inzwischen auch Beratungen ab der zehnten Klasse an Schulen und Berufsschulen an. Das Feedback sei oft positiv, sagt Wolfgang Engel. Die Schüler diskutieren mit ihm über den Generationenvertrag. Doch bei der Frage, wer schon privat vorsorgt, hebt kaum jemand den Finger.
"Ist mau, für mich eigentlich immer so eine Erkenntnis. Wenn es vom Elternhaus auch mitgegeben wird, wenn die Eltern dem Kind sagen, Kind mach' was, wir fangen frühzeitig an. Dann machen die jungen Leute das auch und wissen darüber Bescheid."
Vielschichtige Gründe für fehlende Altersvorsorge
Die jüngste Umfrage des Versorgungswerks Metall-Rente unter 17- bis 27-Jährigen ergab: zwei Drittel der 2.500 Befragten sichern sich nicht für ihr Alter ab. Das hat anscheinend vielschichtige Gründe:
"Ich stecke da nicht so in dem Thema drin, meine Eltern regeln das mehr. Ich habe da nicht so viel Ahnung von."
"Weil ich eigentlich einen Beruf haben möchte, wo ich genug verdiene, dass die Rente auch hoch genug ist, dass ich davon irgendwie leben kann. Ich möchte Physik studieren und das ist ziemlich gefragt und deshalb verdient man da ziemlich gut."
"Weil wir noch kein Modell gefunden haben, was uns wirklich überzeugt. Also wir haben überlegt, ob wir Riestern. Lohnt sich bei uns nicht, obwohl wir ein Kind haben. Wir fahren momentan besser damit, dass wir es auf dem Konto haben."
"Ich sorge nicht privat vor, weil es momentan auch das Einkommen nicht zulässt."
"Ich glaube, so gewisse Sachen kann man auch nicht immer planen, ich bin einfach ein Mensch, der sich nicht so viel Sorgen macht. Irgendwie werde ich mir zu helfen wissen, glaube ich."
Zurück zu Wolfgang Engel und Jürgen Richter. Lange Zeit ging der 50-jährige Berliner davon aus, dass sein Unternehmen seine Altersvorsorge ist. Doch die Geschäfte auf dem Energiemarkt laufen immer schlechter. Das Thema Altersvorsorge habe er wohl zu lange verdrängt, sagt Jürgen Richter selbstkritisch.
"Ich denke mal, das hat damit zu tun, dass ich das Alt-Sein in meinem Leben erst mal ausgeblendet habe und mich erst mal voll und ganz meiner Jugend zugewendet habe. Und irgendwann bin ich dann mal 50 geworden und da ist mir dann aufgefallen, dass ich ja doch alt werde und irgendwas tun muss."
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