Alter Boulevard sucht junges Image
Sie ist wohl eine der bekanntesten Straßen Europas und man kann sie durchaus in einem Atemzug mit der Champs-Elysées in Paris nennen. "Unter den Linden" ist mehr als nur eine Straße. Wenn ein Ort Geschichte und Geschichten erzählen kann, dann dieser.
Berlin erfindet sich immer wieder neu, als sei die Stadt mit sich nie zufrieden, und dies seit jeher. "Wenn die Winterstürme dem Lenzlüfterl weichen, dann beginnt in Groß-Berlin unweigerlich das Buddeln", heißt es 1896 im Katalog zur Berliner Gewerbeausstellung.
Berlins legendäre Straße "Unter den Linden" erfreut sich eben besonderer Aufmerksamkeit für die Urberliner Erneuerungssucht. In ihren Anfängen war sie noch ein verwilderter Reitweg, der vom Schloss westwärts zum Tiergarten, dem königlichen Jagdrevier führte, ehe sie zum Boulevard umgebaut wurde.
"Die Unbequemlichkeit auf der Straße selbst, im Verkehr der Fußgänger und der Wagen, die geschäftliche Schädigung, die namentlich für die Ladenbesitzer oft damit verbunden ist", heißt es weiter im Katalog. Auch daran hat sich seither nichts geändert. Zum Jahreswechsel hat die Königliche Porzellan-Manufaktur (KPM) ihre Verkaufsgalerie "Unter den Linden" geschlossen, ehe abermals das große Buddeln beginnt. U-Bahn-Gleise werden unter die Straßendecke gelegt, die "Kanzlerlinie".
Im Lärm und Staub der Baustellen werden die Touristen vielleicht nur mühevoll finden, was diese Lange Nacht bietet: große Geschichte und kleine Geschichten der Straße "Unter den Linden".
"Wirklich, ich kenne keinen imposantern Anblick, als, vor der Hundebrücke stehend, nach den Linden hinaufzusehen. Rechts das hohe, prächtige Zeughaus, das neue Wachthaus, die Universität und Akademie. Links das Königliche Palais, das Opernhaus, die Bibliothek." Heinrich Heine
Das offizielle Hauptstadt Portal
"Unter den Linden" - Prachtboulevard der Hauptstadt und herrschaftliches Herz der früheren Preußenmetropole. Die Straße "Unter den Linden" ist die älteste Flaniermeile der Stadt und reicht vom Brandenburger Tor bis zur Schlossbrücke. Die ersten Bäume wurden 1647 auf Order des Kurfürsten Friedrich Wilhelm gepflanzt. Die Mittelpromenade der 60 Meter breiten Straße endet im Osten am Reiterstandbild des Königs Friedrich der Große (von Christian Daniel Rauch). Dem "Alten Fritz" ist der Ausbau der "Linden" zur majestätischen Achse zu verdanken. Mehr
Die Homepage Stadtpanoramen
Webcam des Deutschen Historischen Museums Unter den Linden
Sie ist wohl eine der bekanntesten Straßen Europas und man kann sie durchaus in einem Atemzug mit der Champs-Elysées in Paris nennen. "Unter den Linden" ist mehr als nur eine Straße. Wenn ein Ort Geschichte und Geschichten erzählen kann, dann dieser. Hier sind preußische und deutsche Geschichte Stein geworden - und zugleich an vielen Orten des Boulevards sehr lebendig. Weiterlesen
Berlins legendäre Straße "Unter den Linden" erfreut sich eben besonderer Aufmerksamkeit für die Urberliner Erneuerungssucht. In ihren Anfängen war sie noch ein verwilderter Reitweg, der vom Schloss westwärts zum Tiergarten, dem königlichen Jagdrevier führte, ehe sie zum Boulevard umgebaut wurde.
"Die Unbequemlichkeit auf der Straße selbst, im Verkehr der Fußgänger und der Wagen, die geschäftliche Schädigung, die namentlich für die Ladenbesitzer oft damit verbunden ist", heißt es weiter im Katalog. Auch daran hat sich seither nichts geändert. Zum Jahreswechsel hat die Königliche Porzellan-Manufaktur (KPM) ihre Verkaufsgalerie "Unter den Linden" geschlossen, ehe abermals das große Buddeln beginnt. U-Bahn-Gleise werden unter die Straßendecke gelegt, die "Kanzlerlinie".
Im Lärm und Staub der Baustellen werden die Touristen vielleicht nur mühevoll finden, was diese Lange Nacht bietet: große Geschichte und kleine Geschichten der Straße "Unter den Linden".
"Wirklich, ich kenne keinen imposantern Anblick, als, vor der Hundebrücke stehend, nach den Linden hinaufzusehen. Rechts das hohe, prächtige Zeughaus, das neue Wachthaus, die Universität und Akademie. Links das Königliche Palais, das Opernhaus, die Bibliothek." Heinrich Heine
Das offizielle Hauptstadt Portal
"Unter den Linden" - Prachtboulevard der Hauptstadt und herrschaftliches Herz der früheren Preußenmetropole. Die Straße "Unter den Linden" ist die älteste Flaniermeile der Stadt und reicht vom Brandenburger Tor bis zur Schlossbrücke. Die ersten Bäume wurden 1647 auf Order des Kurfürsten Friedrich Wilhelm gepflanzt. Die Mittelpromenade der 60 Meter breiten Straße endet im Osten am Reiterstandbild des Königs Friedrich der Große (von Christian Daniel Rauch). Dem "Alten Fritz" ist der Ausbau der "Linden" zur majestätischen Achse zu verdanken. Mehr
Die Homepage Stadtpanoramen
Webcam des Deutschen Historischen Museums Unter den Linden
Sie ist wohl eine der bekanntesten Straßen Europas und man kann sie durchaus in einem Atemzug mit der Champs-Elysées in Paris nennen. "Unter den Linden" ist mehr als nur eine Straße. Wenn ein Ort Geschichte und Geschichten erzählen kann, dann dieser. Hier sind preußische und deutsche Geschichte Stein geworden - und zugleich an vielen Orten des Boulevards sehr lebendig. Weiterlesen
Ein historischer Spaziergang "Unter den Linden"
Berlins legendäre Straße war in ihren Anfängen eher ein verwilderter Reitweg vom Schloss westwärts zum Tiergarten. 1647 ließ Kurfürst Friedrich Wilhelm den Weg ins königliche Jagdrevier herrichten und mit sechs Reihen Linden- und Nussbäumen bepflanzen - preußisch exakt ausgerichtet. Mal wurden zwei Reigen wieder herausgerissen, mal wieder neu gepflanzt, Platanen kamen hinzu und Kastanien. Mitte des 17. Jahrhunderts mussten die Bäume zwischen der Spree und der heutigen Humboldt-Universität einer gewaltigen Festungsanlage weichen. Gräben wurden ausgehoben, Wälle aufgeschüttet, Bastionen gemauert. Auch heute beginnen die beiden Lindenreihen erst in Höhe der Universitätsstraße. An den Verlauf der Befestigung erinnert noch die Straße "Am Festungsgraben".
Was macht der 25-jährige Studiosus der Rechte, Heinrich Heine, der gerade einen ersten Gedichtband in der Maurerschen Buchhandlung veröffentlicht hatte, in der preußischen Residenz?
"Ein andermal beantworte ich diese Frage; aber jetzt will ich durch die Stadt laufen, und ich bitte Sie, mir Gesellschaft zu leisten. Folgen Sie mir nur ein paar Schritte, und wir sind schon auf einem sehr interessanten Platze."
Mit ihm stehen wir auf dem Schlossplatz. Das Berliner Stadtschloss, zu dem 1443 der Kurfürst zu Brandenburg die Grundsteinlegung befahl, nachdem er die widerspenstigen Bürger der Doppelstadt Berlin-Cölln seiner Räson unterworfen hatte, gehört zu unserer Straße "Unter den Linden", wie der Lustgarten dazugehört.
"Rechts das Schloss, ein hohes, großartiges Gebäude. Die Zeit hat es grau gefärbt, und gab ihm ein düsteres, aber desto majestätischeres Ansehen. Wir können durch das Schloss gehen, und sind augenblicklich im Lustgarten. 'Wo ist aber der Garten?' fragen Sie. Ach Gott! Merken Sie denn nicht, das ist wieder die Ironie. Es ist ein viereckiger Platz, der von einer Doppelreihe Pappeln eingeschlossen ist. Wir stoßen hier auf eine Marmorstatue, wobei eine Schildwache steht. Das ist der alte Dessauer. Der Lustgarten ist auch der Platz, wo täglich die Parole ausgegeben und die Wachparade gemustert wird. Ich bin zwar kein sonderlicher Freund vom Militärwesen, doch muss ich gestehen, es ist mir immer ein freudiger Anblick, wenn ich im Lustgarten die preußischen Offiziere zusammenstehen sehe. Schöne, kräftige, rüstige, lebenslustige Menschen. Zwar hier und da sieht man ein aufgeblasenes, dumm-stolzes Aristokratengesicht aus der Menge hervorglotzen. Doch vorwärts! Wir müssen über die Brücke. Sie wundern sich über die vielen Baumaterialien, die hier herumliegen, und die vielen Arbeiter, die hier sich herumtreiben und schwatzen, und Branntwein trinken, und wenig tun. Hier nebenbei war sonst die Hundebrücke, der König ließ sie niederreißen, und lässt an ihrer Stelle eine prächtige Eisenbrücke verfertigen. Schon diesen Sommer hat die Arbeit angefangen, wird sich noch lange herumziehen, aber endlich wird ein prachtvolles Werk dastehen. Schauen Sie jetzt mal auf. In der Ferne sehen Sie schon - die Linden!"
Günter de Bruyn: "Unter den Linden", btb 2004
Keine der Straßen Berlins verbindet man bis heute so sehr mit der Geschichte Preußens und seiner Hauptstadt wie "Unter den Linden". Der "unheilbare Flaneur" (NZZ) Günter de Bruyn führt uns auf die ihm eigene, unnachahmliche Weise durch die bewegte Vergangenheit des Boulevards und seiner Bewohner. Der literarische Spaziergang führt vom Lustgarten über das Forum Fridericianum bis zum Hotel Adlon und zum Pariser Platz. Durch Geschichten, die sich mit Bauten und Bäumen verbinden, macht de Bruyn einige Jahrhunderte preußisch-deutscher Geschichte lebendig. "Eine herrliche Handreichung für alle, die nicht blind über die Linden tapern." - so Haug von Kuenheim, "Die Zeit".
Der Eckensteher Nante war ein Berliner Dienstmann mit der polizeilichen Konzessionsnummer 22 (vermerkt auf einem Messing-Nummernschild, das um den Arm getragen wurde). Nante hatte an der Ecke Königstraße/Neue Friedrichstraße seinen Standort - unweit der Destillation Eulner, in der er einzukehren pflegte. An der Straßenecke auf Gelegenheitsarbeiten wartend, kommentierte er, was sich um ihn ereignete mit einem Witz, der ihn zum Berliner Original machte. Mehr
Was macht der 25-jährige Studiosus der Rechte, Heinrich Heine, der gerade einen ersten Gedichtband in der Maurerschen Buchhandlung veröffentlicht hatte, in der preußischen Residenz?
"Ein andermal beantworte ich diese Frage; aber jetzt will ich durch die Stadt laufen, und ich bitte Sie, mir Gesellschaft zu leisten. Folgen Sie mir nur ein paar Schritte, und wir sind schon auf einem sehr interessanten Platze."
Mit ihm stehen wir auf dem Schlossplatz. Das Berliner Stadtschloss, zu dem 1443 der Kurfürst zu Brandenburg die Grundsteinlegung befahl, nachdem er die widerspenstigen Bürger der Doppelstadt Berlin-Cölln seiner Räson unterworfen hatte, gehört zu unserer Straße "Unter den Linden", wie der Lustgarten dazugehört.
"Rechts das Schloss, ein hohes, großartiges Gebäude. Die Zeit hat es grau gefärbt, und gab ihm ein düsteres, aber desto majestätischeres Ansehen. Wir können durch das Schloss gehen, und sind augenblicklich im Lustgarten. 'Wo ist aber der Garten?' fragen Sie. Ach Gott! Merken Sie denn nicht, das ist wieder die Ironie. Es ist ein viereckiger Platz, der von einer Doppelreihe Pappeln eingeschlossen ist. Wir stoßen hier auf eine Marmorstatue, wobei eine Schildwache steht. Das ist der alte Dessauer. Der Lustgarten ist auch der Platz, wo täglich die Parole ausgegeben und die Wachparade gemustert wird. Ich bin zwar kein sonderlicher Freund vom Militärwesen, doch muss ich gestehen, es ist mir immer ein freudiger Anblick, wenn ich im Lustgarten die preußischen Offiziere zusammenstehen sehe. Schöne, kräftige, rüstige, lebenslustige Menschen. Zwar hier und da sieht man ein aufgeblasenes, dumm-stolzes Aristokratengesicht aus der Menge hervorglotzen. Doch vorwärts! Wir müssen über die Brücke. Sie wundern sich über die vielen Baumaterialien, die hier herumliegen, und die vielen Arbeiter, die hier sich herumtreiben und schwatzen, und Branntwein trinken, und wenig tun. Hier nebenbei war sonst die Hundebrücke, der König ließ sie niederreißen, und lässt an ihrer Stelle eine prächtige Eisenbrücke verfertigen. Schon diesen Sommer hat die Arbeit angefangen, wird sich noch lange herumziehen, aber endlich wird ein prachtvolles Werk dastehen. Schauen Sie jetzt mal auf. In der Ferne sehen Sie schon - die Linden!"
Günter de Bruyn: "Unter den Linden", btb 2004
Keine der Straßen Berlins verbindet man bis heute so sehr mit der Geschichte Preußens und seiner Hauptstadt wie "Unter den Linden". Der "unheilbare Flaneur" (NZZ) Günter de Bruyn führt uns auf die ihm eigene, unnachahmliche Weise durch die bewegte Vergangenheit des Boulevards und seiner Bewohner. Der literarische Spaziergang führt vom Lustgarten über das Forum Fridericianum bis zum Hotel Adlon und zum Pariser Platz. Durch Geschichten, die sich mit Bauten und Bäumen verbinden, macht de Bruyn einige Jahrhunderte preußisch-deutscher Geschichte lebendig. "Eine herrliche Handreichung für alle, die nicht blind über die Linden tapern." - so Haug von Kuenheim, "Die Zeit".
Der Eckensteher Nante war ein Berliner Dienstmann mit der polizeilichen Konzessionsnummer 22 (vermerkt auf einem Messing-Nummernschild, das um den Arm getragen wurde). Nante hatte an der Ecke Königstraße/Neue Friedrichstraße seinen Standort - unweit der Destillation Eulner, in der er einzukehren pflegte. An der Straßenecke auf Gelegenheitsarbeiten wartend, kommentierte er, was sich um ihn ereignete mit einem Witz, der ihn zum Berliner Original machte. Mehr
Von der Exerziermeile zur Fassade faschistische Gewaltherrschaft
Berlins Prachtstraße war immer auch Paradestraße - preußische Exerziermeile erst, später mystische Kulisse faschistischer Gewaltherrschaft. Unter den Linden dröhnte immer der Soldatenschritt. 1806 kam vom Westen Napoleon durch das Brandenburger Tor, ließ Gottfried Schadows Quadriga demontieren und nach Paris bringen.
"Und da hat sie der Haudegen Blücher zurückgeholt. 1814. In Kisten verpackt. Seit dem heißt de Quadriga Retourkutsche. Das war ein Triumph, als sie wieder aufgestellt wurde, haben sie der Dame noch eine Stange mit Siegeskranz, Preußenadler und einem eisernem Kreuz in die Hand gegeben." Eckensteher Nante
1933 marschiert der Faschismus durch das Tor, zwölf Jahre später die Rote Armee und steckt ihm eine rote Fahne auf.
"War schön zerschossen unser Brandenburger Tor. Und die Quadriga oben drauf war kaputt. Nur ein Pferdekopf war noch da. Der hat jetzt im Märkischen Museum sein Stall gefunden. Da kannst dir das Schadowsche Original begucken."
1956 wird das einzig erhaltene Stadttor Berlins rundum saniert, gemeinsam von beiden Seiten der geteilten Stadt. Zwei Jahre später, entgegen aller Vereinbarung, werden in einer Nacht-und-Nebel-Aktion Preußenadler und Eisernes Kreuz aus dem Lorbeerkranz herausgeschweißt. "Embleme des preußischen Militarismus" dürfen nicht zur Schaustellung gebracht werden, hieß es in einer knappen Erklärung des Ostberliner Magistrats.
"Da war es wieder zu und muss sich ziemlich einsam gefühlt haben, mitten auf der Grenzlinie zwischen Ost und West."
"Seit etwa ein Uhr heute Nacht rattern die Pressluftbohrer und bohren einen Graben quer durch die Ebertstraße am Brandenburger Tor. Der Graben ist etwa einen halben Meter tief und einen halben Meter breit. Es sind Volkspolizisten in ihrer Arbeitskleidung, es ist eingesetzt die Feuerwehr, es sind eingesetzt die Beamten für Zoll- und Warenkontrolle. Und auf der anderen Seite des Brandenburger Tors stehen etwa 30 Lkws, die hier die Mannschaften herangebracht haben. Es sind schätzungsweise etwa 50 Uniformierte, die das Brandenburger Tor bewachen. Wenn ich einen Blick in die Ebertstraße hinunterwerfe, ich darf den Bürgersteig nicht betreten, denn er gehört schon zum Osten, dann sehe ich wie etwa 200, 250 Meter vom Brandenburger Tor entfernt gleichfalls eine Schneise durch die Straße gebohrt wird. Die Polizisten von drüben in ihrer Arbeitskleidung, die Ost-Polizisten, die Ost-Feuerwehr - sie blicken hier rüber, ja, sie lächeln sogar dabei, wie sie den Pressluftbohrer in die Erde bohren. Ja und einer schaute mich an und in seinem Gesicht war zu lesen - ja, höre nur das Geräusch. Ich mache es extra für dich, damit du es auch auf dein Tonband bekommst."
"Und als die Mauer stand, haben sie hüben und drüben Podeste gebaut, damit die Staatsgäste einen Blick hinter den Eisernen Vorhang riskieren können. Den Reagan hab ich noch im Ohr."
"Mister Gorbatschow, open this gate, tear down this wall!”"
1961 wurden die Linden durch die Mauer westwärts abgeriegelt. Das machte sie zur berühmtesten Geschichtsmeile Europas; machte Berlin zur Geschichtslandschaft an der Nahtstelle der ideologischen Blöcke.
""Am 22. Dezember 1989 war das Tor wieder auf. Berlin hat gejubelt und manche sind der Quadriga gleich in die Kutsche gestiegen. Silvester. Und haben, was nicht niet- und nagelfest war, mitgehen lassen; vor Freude, haben sie gesagt, und dass sie sich erinnern können."
Seltsam - als die Berliner Mauer fiel, stimmte die Topografie der Linden nicht mehr. Die Straße verlängerte sich schnurgerade in ein unbekanntes Drüben, aus welcher Himmelsrichtung man auch kam, in welche man ging.
Der Schriftsteller Peter Schneider notierte damals: "Ich glaube, wir wussten alle nicht, wie schwierig es ist, geradeaus zu gehen."
Harald Neckelmann: Unter den Linden
Flanieren und amüsieren
Die Reihe Archivbilder
2009 Sutton Verlag
Zeughaus, Neue Wache und Staatsoper, Humboldt-Universität und auch das Hotel Adlon: Zwischen Brandenburger Tor und Schlossbrücke häufen sich die Sehenswürdigkeiten wie an keiner anderen Stelle in der Hauptstadt. Bekannt sind die Linden vor allem als Repräsentationsstraße und Flaniermeile.
Während der Gründerjahre nach 1871 entwickelte sich die vornehme westliche Wohnstraße zur belebten Geschäftsstraße mit Reisebüros, Banken und Automobilsalons. Der Journalist Harald Neckelmann zeigt anhand von 220 Aufnahmen das rege Geschäfts- und Vergnügungsleben der Jahre 1870 bis 1945. Die Menschen staunten in Castans Panopticum über Wachsfiguren, in der Passage Kaisergalerie wandelten sie durch eine Einkaufswelt und im Aquarium entkamen sie der Großstadthektik. Zum Verweilen luden die Cafés Kranzler, Bauer und Victoria oder das Weinrestaurant Habel ein, Amüsement und Unterhaltung boten die Kabaretts Chat Noir und Schall und Rauch.
Eindrucksvolle Architekturaufnahmen ergänzen sich in diesem Buch mit zahlreichen belebten Bildern. Sie spiegeln anschaulich jenen Zeitgeist wider, den schon Heinrich Heine umschrieb mit den Worten: Ja, Freund, hier unter den Linden kannst du dein Herz erbauen. Harald Neckelmann lädt ein, dem Glanz jener Jahre nachzuspüren und Erinnerungen an Berlins größten Prachtboulevard aufleben zu lassen.
"Und da hat sie der Haudegen Blücher zurückgeholt. 1814. In Kisten verpackt. Seit dem heißt de Quadriga Retourkutsche. Das war ein Triumph, als sie wieder aufgestellt wurde, haben sie der Dame noch eine Stange mit Siegeskranz, Preußenadler und einem eisernem Kreuz in die Hand gegeben." Eckensteher Nante
1933 marschiert der Faschismus durch das Tor, zwölf Jahre später die Rote Armee und steckt ihm eine rote Fahne auf.
"War schön zerschossen unser Brandenburger Tor. Und die Quadriga oben drauf war kaputt. Nur ein Pferdekopf war noch da. Der hat jetzt im Märkischen Museum sein Stall gefunden. Da kannst dir das Schadowsche Original begucken."
1956 wird das einzig erhaltene Stadttor Berlins rundum saniert, gemeinsam von beiden Seiten der geteilten Stadt. Zwei Jahre später, entgegen aller Vereinbarung, werden in einer Nacht-und-Nebel-Aktion Preußenadler und Eisernes Kreuz aus dem Lorbeerkranz herausgeschweißt. "Embleme des preußischen Militarismus" dürfen nicht zur Schaustellung gebracht werden, hieß es in einer knappen Erklärung des Ostberliner Magistrats.
"Da war es wieder zu und muss sich ziemlich einsam gefühlt haben, mitten auf der Grenzlinie zwischen Ost und West."
"Seit etwa ein Uhr heute Nacht rattern die Pressluftbohrer und bohren einen Graben quer durch die Ebertstraße am Brandenburger Tor. Der Graben ist etwa einen halben Meter tief und einen halben Meter breit. Es sind Volkspolizisten in ihrer Arbeitskleidung, es ist eingesetzt die Feuerwehr, es sind eingesetzt die Beamten für Zoll- und Warenkontrolle. Und auf der anderen Seite des Brandenburger Tors stehen etwa 30 Lkws, die hier die Mannschaften herangebracht haben. Es sind schätzungsweise etwa 50 Uniformierte, die das Brandenburger Tor bewachen. Wenn ich einen Blick in die Ebertstraße hinunterwerfe, ich darf den Bürgersteig nicht betreten, denn er gehört schon zum Osten, dann sehe ich wie etwa 200, 250 Meter vom Brandenburger Tor entfernt gleichfalls eine Schneise durch die Straße gebohrt wird. Die Polizisten von drüben in ihrer Arbeitskleidung, die Ost-Polizisten, die Ost-Feuerwehr - sie blicken hier rüber, ja, sie lächeln sogar dabei, wie sie den Pressluftbohrer in die Erde bohren. Ja und einer schaute mich an und in seinem Gesicht war zu lesen - ja, höre nur das Geräusch. Ich mache es extra für dich, damit du es auch auf dein Tonband bekommst."
"Und als die Mauer stand, haben sie hüben und drüben Podeste gebaut, damit die Staatsgäste einen Blick hinter den Eisernen Vorhang riskieren können. Den Reagan hab ich noch im Ohr."
"Mister Gorbatschow, open this gate, tear down this wall!”"
1961 wurden die Linden durch die Mauer westwärts abgeriegelt. Das machte sie zur berühmtesten Geschichtsmeile Europas; machte Berlin zur Geschichtslandschaft an der Nahtstelle der ideologischen Blöcke.
""Am 22. Dezember 1989 war das Tor wieder auf. Berlin hat gejubelt und manche sind der Quadriga gleich in die Kutsche gestiegen. Silvester. Und haben, was nicht niet- und nagelfest war, mitgehen lassen; vor Freude, haben sie gesagt, und dass sie sich erinnern können."
Seltsam - als die Berliner Mauer fiel, stimmte die Topografie der Linden nicht mehr. Die Straße verlängerte sich schnurgerade in ein unbekanntes Drüben, aus welcher Himmelsrichtung man auch kam, in welche man ging.
Der Schriftsteller Peter Schneider notierte damals: "Ich glaube, wir wussten alle nicht, wie schwierig es ist, geradeaus zu gehen."
Harald Neckelmann: Unter den Linden
Flanieren und amüsieren
Die Reihe Archivbilder
2009 Sutton Verlag
Zeughaus, Neue Wache und Staatsoper, Humboldt-Universität und auch das Hotel Adlon: Zwischen Brandenburger Tor und Schlossbrücke häufen sich die Sehenswürdigkeiten wie an keiner anderen Stelle in der Hauptstadt. Bekannt sind die Linden vor allem als Repräsentationsstraße und Flaniermeile.
Während der Gründerjahre nach 1871 entwickelte sich die vornehme westliche Wohnstraße zur belebten Geschäftsstraße mit Reisebüros, Banken und Automobilsalons. Der Journalist Harald Neckelmann zeigt anhand von 220 Aufnahmen das rege Geschäfts- und Vergnügungsleben der Jahre 1870 bis 1945. Die Menschen staunten in Castans Panopticum über Wachsfiguren, in der Passage Kaisergalerie wandelten sie durch eine Einkaufswelt und im Aquarium entkamen sie der Großstadthektik. Zum Verweilen luden die Cafés Kranzler, Bauer und Victoria oder das Weinrestaurant Habel ein, Amüsement und Unterhaltung boten die Kabaretts Chat Noir und Schall und Rauch.
Eindrucksvolle Architekturaufnahmen ergänzen sich in diesem Buch mit zahlreichen belebten Bildern. Sie spiegeln anschaulich jenen Zeitgeist wider, den schon Heinrich Heine umschrieb mit den Worten: Ja, Freund, hier unter den Linden kannst du dein Herz erbauen. Harald Neckelmann lädt ein, dem Glanz jener Jahre nachzuspüren und Erinnerungen an Berlins größten Prachtboulevard aufleben zu lassen.