Alte Mauern, neue Kunst

Von Susanne Arlt, Landesstudio Sachsen-Anhalt |
Das Magdeburger Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen wurde nach zweijähriger Sanierung an diesem Sonntag wieder eröffnet. Somit kann das Museum, das im ältesten Gebäude der Landeshauptstadt beheimatet ist, endlich mehrere Ausstellungen gleichzeitig zeigen - auf jetzt immerhin 2.000 Quadratmetern. Sanierung und Modernisierung kosteten knapp vier Millionen Euro. Ihr besonderes Augenmerk mussten die Gestalter dabei auf die romanische Bausubstanz legen, um die alte Architektur auch mit der Gestaltung der Räume in Einklang zu bringen.
Inmitten der Altstadt, an der Hangkante des Elbufers gelegen, steht ein bisschen trutzig der romanische Klosterbau. Dass das 900 Jahre alte, graue Gemäuer ein modernes Kunstmuseum beherbergt, erschloss sich Touristen bisher eher auf den zweiten Blick.

Mit dieser architektonisch-klerikalen Abschottung ist es nun vorbei. "Transreflex" heißt die Fassadeninstallation, die von der Berliner Architekten- und Künstlergruppe "realities united" erarbeitet wurde. Die beiden Brüder Jan und Tim Edler haben unter anderem die Medienfassade für das Kunsthaus in Graz entworfen. Und natürlich diskutierten die Mitglieder des Magdeburger Stadtrats kontrovers die Frage, ob man an so ein altes Gebäude etwas so Modernes anbringen darf. Zum Glück stimmte die Mehrheit dafür, sagt Annegret Laabs, Direktorin des Kunstmuseums Kloster Unser Lieben Frauen Magdeburg.

Inzwischen hängen markante Spiegelpaneele vor den siebzehn großen Fenstern des Westflügels. Sie lassen sich in unterschiedliche Richtungen zur Straße hin öffnen, kippen oder verschließen und dienen als Spiegel für die Stadt. Annegret Laabs sieht die Fassadeninstallation als Symbol für die neue Interaktion zwischen Gebäude, Museum und Besuchern.

"Geschlossene Spiegel, geschlossenes Museum, geöffnete Spiegelklappen, geöffnetes Museum. Also der Besucher wird eingeladen, hineinzukommen. Es hat wieder mit unserem Hauptthema zu tun, die Vermittlung dessen, was wir im Inneren machen. Gegenwartskunst und dem alten Gebäude, dem verschlossenen Kloster. Also so auch ein bisschen das Symbol, dieses Innen–Außen, wir öffnen uns für den Besucher, aber verschließen auch im Inneren die Sammlung."

- um sie gegen aufdringliche Lichteinwirkungen zu schützen. Zwei Jahre hat der Umbau gedauert. Berücksichtigt man, dass in dem ältesten Denkmal in ganz Magdeburg Wände verrückt werden mussten, ein dreistöckiges Treppengeschoss ersetzt wurde, ein Dachgeschoss entkernt und neu erschlossen wurde, dann mutet dieser Zeitraum nicht allzu lang an. Zumal die permanente Schau in den drei Tonnengewölben die ganze Zeit über geöffnet war.

Die Zusammenarbeit mit den Architekten sei besonders reibungslos gewesen, betont Direktorin Annegret Laabs. Die beiden Halleschen Architekten Reinhard Rüger und Regine Hartkopf haben Erfahrung in der Denkmalpflege gesammelt und kennen sich vor allem in der Sanierung von Sakralbauten aus. Das Foyer in dem romanischen Klosterbau besticht nun durch seine Offenheit, das verglaste Treppengeländer scheint hinauf in den zweiten Stock zu schweben. In dem neu ausgebauten Dach hat das Kunstmuseum ein Novum zu bieten: eine Medienlounge.

Annegret Laabs: "Wir haben einen neuen Ausstellungsbereich, der jetzt mit der Wiedereröffnung des gesamten Hauses erstmals zugänglich sein wird und in dem wir jetzt auch das präsentieren können, was wir seit gut sechs, sieben Jahren sammeln. Nämlich Videos, Medienkunst, Fotografie, also neue Schwerpunkte, die für unser Haus dazugekommen sind entsprechend in unserer Zeit heute. Die wir nun aber auch ganz anders ausstellen können, als das wir das bisher konnten."

Seit Sonntag ist dort eine Video-Retrospektive unter dem Titel "Inner Motion" zu sehen. Gezeigt werden Arbeiten der internationalen Medienkünstler Nan Hoover, Björn Melhus und Yehudit Sasportas. Es sei wie ein Neustart, sagt Annegret Laabs, dass das Kunstmuseum Magdeburg endlich auf dem Niveau mit den Künstlern mitspielen dürfe und könne. So sei es auch kein Zufall, dass in den temporären Ausstellungsräumen im frisch sanierten Kreuzgang und im Westflügel Arbeiten der Künstlerin Christiane Möbus gezeigt werden, sagt Annegret Laabs.

"Christiane Möbus ist ja 1970 nach New York und da ist diese eine Arbeit entstanden, die wir auch am Anfang der Ausstellung sehen: Christiane Möbus hat sich Flügel aus Entenfedern umgebunden und fliegt. Das ist so ein Freifliegen aus der Enge der Provinz Deutschlands kommend nach New York. Und das hat sie neulich sehr schön gesagt im Vergleich mit dem, was wir hier machen, auch so ein Neustart. Nun haben wir uns nicht Flügel umgebunden, aber wir fühlen uns eigentlich so."

Unter dem Titel "Die Geschichten der Christiane Möbus" werden in der Ausstellung über 30 Skulpturen, Fotografien und Objekte gezeigt, die mitunter tiefe Einblicke in die Gefühlswelt der Objektkünstlerin gewähren. Es sind vor allem ihre wegweisenden älteren Arbeiten, die das verkörpern. Anfangs kommt sie mit ganz bescheidenen Mitteln aus: ein altes Leinentuch mit zwei reingeschnittenen Löchern, Fotografien ihrer Fußstapfen im Schnee. Später dann nutzt sie präparierte Tiere für ihre Kunst. Es ist nicht die kausale Logik, die den Reiz ihrer Arbeiten ausmacht, sondern deren Gegenteil: Technik wird mit Natur verknüpft, Mythologisches mit Industriellem, Neues mit Altem.

So gesehen lassen die alten Klostermauern ihren Arbeiten einen besonderen Raum.