Als Pflegerin auf der Corona-Intensivstation

"Man muss mit dem Tod umgehen wollen"

35:53 Minuten
Zwei Mitarbeitende des Universitätsklinikums Essen auf der Intensivstation im Corona-Jahr 2020.
Jeanette weiß das: Auf der Intensivstation ist die Belastung groß. (Symbolbild) © IMAGO / Ralph Lueger
Moderation: Utz Dräger · 12.02.2021
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Die Arbeit auf einer Intensivstation ist extrem. Was Pflegerin Jeanette aber besonders belastet: Seit die Pandemie ihre Arbeit bestimmt, sieht sie die Patienten hinter den lebenserhaltenden Maschinen kaum noch. Eine Reanimation brachte die 28-Jährige an ihre Grenzen.
Zwei, höchstens drei Patienten hat Jeanette täglich unter ihrer Obhut. Je nach Schwere des Krankheitsverlaufs. Wenn es nötig ist, weicht sie acht Stunden lang nicht von der Seite ihrer Schützlinge – die ganze Schicht über in Schutzkittel, Mundschutz und Gesichtsschild, nichts essen, nichts trinken, nicht auf die Toilette gehen.
Jeanette ist diese Woche in "Plus Eins" die Lieblingsgästin von Moderator Utz Dräger. Manchmal, erzählt sie, gerät sie bei ihrer Arbeit auch an ihre Grenzen. Zum Beispiel als sie einen Intensiv-Patienten für die Pflege auf die Seite dreht und sich das empfindliche Beatmungsgerät festsaugt. In Sekundenschnelle leidet der Patient an Sauerstoffmangel, seine Haut verfärbt sich bläulich, das Herz hört auf zu schlagen. Jeanette reanimiert ihn erfolgreich, Ärzte und Ärztinnen sind sofort zu Stelle - aber der Schock und die so deutliche Demonstration, dass ihr Handeln über Leben und Tod entscheidet, sitzen tief.
Jeanette ist Intensiv-Pflegekraft aus Leidenschaft. Zu den wichtigsten Momenten ihrer Arbeit zählt die 28-Jährige, wenn sie unheilbar Kranken den Raum geben kann, loszulassen und in Würde zu sterben: "Man muss mit dem Tod umgehen wollen." Aber die Intensiv-Pflegerin weiß auch, dass ihr Beruf nicht nur wichtig, sondern auch kräftezehrend ist. Das Kündigungsschreiben hat sie im Kopf bereits fertig formuliert. Zu wissen, dass sie jederzeit gehen könnte, gibt ihr die Kraft, weiterzumachen.