Alondra de la Parra dirigiert in Kopenhagen

Das Feuer der Unmöglichen Liebe

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Die mexikanische Dirigentin Alondra de la Parra. © Cicero Rodriguez
Moderation: Volker Michael · 28.10.2020
Alondra de la Parra dirigierte einen Abend voller tragischer Geschichten: von "Romeo und Julia" bis zur Erzählung über eine Maya-Prinzessin, die einen spanischen Eroberer liebt. Dazu Orchesterlieder von Mahler und Ravel mit dem Tenor Julian Prégardien.
Für die aus Mexiko stammende Dirigentin Alondra de la Parra war es das erste öffentliche Konzert seit Pandemiebeginn. Sie und der Tenor Julian Prégardien sind auch im außermusikalischen Leben ein Paar, nicht nur auf der Bühne. Es war ihr erstes gemeinsames Konzert überhaupt – im Opernbusiness hatten sie schon häufiger gemeinsame Auftritte, so in der Berliner Staatsoper in Mozarts "Zauberflöte".
Tenorsänger Julian Prégardien hält während einer Probe zu Mozarts Zauberflöte in der Staatsoper Unter den Linden eine Marionette auf der Bühne.
Tenorsänger Julian Prégardien während einer Probe zur Neuproduktion von Mozarts Zauberflöte.© picture alliance/dpa - Annette Riedl
Ihr gemeinsames Konzert beschrieb die Dirigentin bei Danmarks Radio so:
"Sie alle erzählen auf verschiedene Weise die gleiche Geschichte, nämlich die der unmöglichen Liebe. Nur das Werk von Maurice Ravel erzählt von möglicher Liebe. Uns hat die unterschiedliche Klangwelt dieser Werke sehr gereizt. Wir beide mögen Gustav Mahler, deshalb wollten wir die 'Lieder eines fahrenden Gesellen' machen."

Mögliche und vor allem unmögliche Liebe

In dieser Aufnahme aus dem Konzerthaus von Danmarks Radio in Kopenhagen gibt es die "Lieder eines fahrenden Gesellen" von Gustav Mahler und die "Cinq mélodies populaires grecques" von Maurice Ravel. Eingerahmt werden diese beiden Orchesterliedzyklen von größeren Orchesterwerken.

Shakespeares Klassiker

Der Abend begann mit einer Suite aus Sergej Prokofjews Ballett "Romeo und Julia" – in Europa ist dies bestimmt die berühmteste Version der unmöglichen Liebe. Prokofjew hat seine Musik zu diesem klassischen Ballett kurz vor dem Beginn des 2. Weltkrieges geschrieben und in den folgenden Jahren mehrfach bearbeitet. Drei Suiten hat er außerdem hergestellt. Die dritte Suite hatte Alondra de la Parra für ihr Konzert in Kopenhagen ausgewählt.

Aus unglücklicher Liebe heraus entstanden

Zweiter Programmpunkt waren die Lieder eines fahrenden Gesellen von Gustav Mahler. Diese vier Lieder im Volkston sind ein Gesamtkunstwerk, gleichzeitig eine Studie für kommendes symphonisches Schaffen des noch jungen Mannes Gustav Mahler. An der Oper in Kassel war er Kapellmeister, verliebte sich unglücklich in eine Sängerin und schrieb diese vier Lieder auf eigene Texte gänzlich aus eigenem Erleben. Julian Prégardien hat im Dänischen Rundfunk folgendes dazu gesagt:
"Auf eine schöne Art sind sie naiv. Wie Volkslieder und Melodien oft naiv zu sein scheinen. Diese Musik hat eine Einfachheit, die wir nicht verwechseln sollten mit Unschuld und Primitivität, aber es sollte so klingen und der Welt zeigen, wie junge Augen sie sehen. Das ist in Mahlers erster Sinfonie und in diesen Liedern so."

Unerfüllte Liebe in Musik gegossen

Gustav Mahler hat die "Lieder eines fahrenden Gesellen" erst als Klavierlieder verfasst, zehn Jahre danach dann für Orchester gesetzt. Entstanden ist ein bunt schillerndes Universum an Klängen und poetischen Impressionen.
Porträtfotografie des Komponisten mit hoher Stirn, Brille mit leichtem Lächeln.
Gustav Mahler als 30-Jähriger.© imago images / Leemage
Der zweite Zyklus von Orchesterliedern in diesem Kopenhagener Programm behandelt im Wesentlichen die normale schwärmerische Liebe, die nicht per se unglücklich ist. Allerdings pflegte Maurice Ravel in seinen Fünf Griechischen Volksmelodien, den "Cinq Mélodies populaires grecques" ebenfalls den einfachen naiven Ton, wie ihn Julian Prégardien für Mahlers Lieder beschrieben hat.
Diese Einfachheit schaffe Jugendlichkeit, Frische, Neuheit und suggeriert einen unverbrauchten Geist. Das war nötig zu Zeiten der extrem komplizierten Spätromantik um 1900 - so dachte wenigstens Maurice Ravel.

Maya-Prinzessin liebt Conquistador

Das Programm endete, wie es begonnen hatte - mit einer weiteren unglücklichen Liebesgeschichte, allerdings nicht mit der Shakespeare-Story aus Verona, sondern mit mexikanischer Mythologie. "La noche de los mayas" – die Nacht der Mayas, ein brillantes und aufwühlendes Orchesterstück von Silvestre Revueltas. Die aus Mexiko stammende Dirigentin Alondra de la Parra hält sehr viel von diesem Werk:
"'La Noche de los mayas' begleitet mich von Anfang an. Für Mexikaner ist es ein ganz wichtiges Repertoirestück. Es erzählt die Geschichte einer Maya-Prinzessin, die sich in einen spanischen Eroberer verliebt. Die Mayas wollen diese Beziehung verhindern. Sie beten zu ihren Göttern, dass das nicht geschehen möge, weil sie den Untergang fürchten. Die gleiche Geschichte wie Romeo und Julia, zwei Familien, die die Liebe verhindern wollen."
Konzerthaus von Danmarks Radio, Kopenhagen
Aufzeichnung vom 1. Oktober 2020
Sergej Prokofjew
Suite Nr. 3 aus "Romeo und Julia" op. 101
Gustav Mahler
"Lieder eines fahrenden Gesellen" für Singstimme und Orchester
Maurice Ravel
"Cinq mélodies populaires grecques" für Singstimme und Orchester
Silvestre Revueltas
"La noche de los Mayas" für Orchester

Julian Prégardien, Tenor
Dänisches Nationales Symphonie-Orchester
Leitung: Alondra de la Parra

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