Alles schön harmonisch

Von Friedemann Brenneis |
Nach zuvor desaströsen Ergebnissen beim Eurovision Song Contest war eines klar: So kann es nicht weitergehen. Also suchte die ARD für den Erfolg ein neues Konzept und fand schließlich Stefan Raab. Er legte ein Konzept vor und produziert nun mit seiner Firma Brainpool die Castingshow "Unser Star für Oslo".
"Meine Damen und Herren ... herzlich willkommen zu ... "

"Deutschland sucht den Superstar", "Germanys next Topmodel", "Popstars" oder "Das Supertalent". Die Namen deutscher Castingshows haben eines gemeinsam, sie sind so durchschaubar wie einfallslos. Ebenso wie ihr Konzept: Es nutzt die Hoffnungen und Träume der Kandidaten, stellt sie gerne bloß und schickt sie anschließend enttäuscht nach Hause.

"Unser Star für Oslo. Live aus Köln ..."

"Unser Star für Oslo". Der Name dieser Castingshow klingt zwar ebenso einfallslos wie die aller anderen, der Unterschied dieser Kooperation von ARD und ProSieben liegt jedoch im Konzept:

Der Unterhaltungswert entsteht nicht durch bloßgestellte Kandidaten und Fremdschämen, sondern soll einzig aus dem Talent der Kandidaten entstehen. Diese singen in insgesamt acht Sendungen hinweg gegeneinander an. Der Gewinner vertritt dann Deutschland beim diesjährigen Eurovision Song Contest in Norwegen.

Und dass wirklich um talentierte Künstler auftreten, haben die ersten drei Shows bereits gezeigt.

Von anfangs 20 jungen Künstlern sind mittlerweile noch acht übrig geblieben Und die haben grundsätzliche Gemeinsamkeiten: Sie können singen ...

... sie haben Charme und Charisma ...

... und sie dürfen sein wie sie sind.

"Barfuß. Warum? Weil ich mich so wohler fühle"

Sogar selbst geschriebene Songs dürfen die Kandidaten vortragen, was die Jury - wie eigentlich fast alles - begeistert. Und daher fällt auch die allgemeine Kritik an "Unser Star für Oslo" bisher durchweg positiv aus. Die Jury bleibe sachlich und fair, die Kandidaten seien nach den Fähigkeiten und nicht nach dem Aussehen ausgesucht und Tränen würden weder provoziert noch in Szene gesetzt, so der Tenor. Alles also schön harmonisch.

So harmonisch allerdings, dass die ersten Zuschauer bereits zu gähnen beginnen. Die guten Einschaltquoten der Auftaktsendung haben Show Nummer zwei und Nummer drei nicht wieder erreicht. Der Grund: Talent allein reicht eben nicht für gute Unterhaltung.

Und pure Harmonie ist langweilig. So die Meinung in Blogs, Facebook und Twitter. Und auch die Jury sei auf Dauer einfach zu nett.

Stefan Raab: "Ja, ich bin auch wieder absolut überzeugt von der Leistung, die du geboten hast, das war beim letzten Mal schon sehr sauber und konsequent, was du gemacht hast. Du hast so 'nen eigenen Sound in der Stimme, der wie ich finde einen guten Wiedererkennungswert hat ... "

Stefan Raab beweist zwar seine fachliche Kompetenz, bleibt aber aus Angst, etwas Falsches zu sagen, unverbindlich und allgemein. Nehme man wahllos einen Kandidaten heraus, seine Kritik könnte auf jeden von ihnen zutreffen.

Raab: "Und ich hab wirklich echt, ich hab mir Mühe gegeben, aber ich hab echt nichts, also intonationsmäßig hab ich nichts auszusetzen, also wir können uns jetzt über andere Sachen streiten, aber die spielen hier ja keine Rolle. Selbst da kann ich dir keinen Vorwurf machen. Die Mütze ist spitze, die Buchse ist spitze, die Jacke ist spitze, alles spitze."

Und auch den wechselnden Mitjuroren geben die Kritiker bisher ein eher durchwachsenes Zeugnis. Dennoch: Trotz Rückgang sind die Einschaltquoten von "Unser Star für Oslo" gut. Das neue Casting-Konzept von ARD und Stefan Raab scheint also vorerst aufzugehen.