Alles Kupfer

Von Julio Segador |
Der Rohstoffhunger von Wirtschaftsmächten wie China oder Indien hat auch die Weltmarktpreise für Kupfer steigen lassen. Zu den größten Kupferexporteuren weltweit zählt Chile. Doch auch dort zeugen schlechte Arbeitsbedingungen in den Minen von den Kehrseiten des Höhenflugs.
In Chile erzählt man sich unter den Bergleuten in den Kupferminen immer wieder eine Geschichte. Die spielte vor 100 Jahren. Damals gab es in Chile unglaubliche Salpeter-Vorkommen. Das Land hatte das Monopol auf den Rohstoff. Die Nachfrage war riesig, die Preise schossen in die Höhe. Chile kam zu Wohlstand, bis Deutschland – der wichtigste Importeur - durch das sogenannte Salpeterversprechen den Rohstoff synthetisch herstellen konnte. Das Wirtschaftswunder in Chile zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts wurde jäh gestoppt.

Nicht wenige glauben, dass es dem südamerikanischen Land mit dem Kupfer schon bald ähnlich ergehen wird. Chile ist der weltweit größte Kupferproduzent. Von den rund 16 Millionen Tonnen Kupfer, die im vergangenen Jahr gefördert wurden, kam jede dritte Tonne aus Chile. Das Land ist wirtschaftlich komplett abhängig vom Wohl und Wehe auf dem Kupfermarkt. Derzeit boomt der Kupfermarkt. Die Nachfrage ist riesig, und das hat einen Grund, sagt Diego Hernandez, der Chef des staatlichen chilenischen Kupferunternehmens Codelco.

"Die Hälfte der gesamten erhöhten Nachfrage nach Kupfer ist auf China zurückzuführen. Und auch in diesem Jahr ist bereits erkennbar, dass es einen Unterschied zwischen Angebot und Nachfrage geben wird. Die Produktion wird in diesem Jahr im Vergleich zu 2010 um drei Prozent hochgeschraubt, die Nachfrage nach Kupfer wird aber voraussichtlich um vier oder fünf Prozent steigen. Wegen China. Wenn das so eintritt, haben wird ein Defizit von etwa 500.000 Tonnen."

Der Rohstoffhunger in China ist grenzenlos. Das Land modernisiert seine Infrastruktur, in allen Leitungen, Kanälen und Kraftwerken wird Kupfer benötigt. Das kleine Chile liefert mit dem notwendigen Kupfer einen der wichtigsten Rohstoffe. Drei der vier größten Kupferminen der Welt stehen in dem Land. Doch die Angst, dass es irgendwann einen Kupfer-Ersatz geben wird, schwingt mit. Für Juan Carlos Guajardo, den Leiter des Bergbau-Studienzentrums Cesco, eine unbegründete Angst.

"Man müsste im großen Maßstab alle maschinellen Strukturen und Prozesse ändern. Und zwar in industrieller, wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht. Und das sind alles sehr langfristige Prozesse. Das geht nicht von einem Tag auf den anderen. Und bis jetzt ist nicht erkennbar, dass es eine nachhaltige Substitution des Kupfers geben wird, aus den genanten Gründen."

Zwar hat China seine Anstrengungen verstärkt, in Afrika Kupfer zu fördern. Codelco-Chef Diego Hernandez glaubt aber nicht, dass auf dem afrikanischen Kontinent mit chinesischer Unterstützung ein ernst zu nehmende Konkurrent erwächst.

"China hat verschiedene Kupferförderprojekte in Afrika gestartet, vor allem in Sambia und im Kongo. Aber die Fachleute hier haben hochgerechnet: Wenn all diese Projekte in fünf bis zehn Jahren erfolgreich entwickelt würden, könnten nur etwa 15 Prozent des Bedarfs in China gedeckt werden. Es ist zwar nicht unerheblich, könnte hierzulande den Kupfermarkt aber nicht aus dem Gleichgewicht bringen."

Chile selbst kämpft mit anderen Problemen. Die mitunter schlechten Arbeitsbedingungen der Minenarbeiter und die mangelhafte Energieversorgung im Land stoppen immer wieder die Produktion, was sich auch auf den Kupferpreis auswirkt. Das Kupfer wird durch diese Art der Angebotsverknappung nur noch teurer.