Alles im Stream

Wer will noch Musik besitzen?

Verschiedene Musik-Apps sind auf einem iPad zu sehen.
Die Musik soll nicht zu hause stehen, sondern dabei sein. © picture alliance / dpa / Ole Spata
Florian Drücke im Gespräch mit Mascha Drost  · 23.01.2019
Deutschland, Land der Jäger und Sammler. Das galt lange Zeit für den Musikmarkt. Doch mit den Streamingdiensten ändert sich auch unser Hörverhalten. Ob die Branche darauf gut eingestellt ist, erklärt Florian Drücke vom Bundesverband Musikindustrie.
Florian Drücke, Vorsitzender des Bundesverbandes Musikindustrie, beobachtet die Veränderungen auf dem Musikmarkt in Deutschland. Zunehmend werden Streamingdienste von Usern angenommen, das Statussymbol einer großen CD- oder LP-Sammlung verliert mehr und mehr an Bedeutung. "In Deutschland spüren wir diesen Rückgang an CDs stärker, weil wir länger einen starken, physischen Markt hatten, weil wir als Land der Jäger und Sammler galten, gerade im Musikbereich, das verändert sich aber", so die Einschätzung Drückes.

Premium-Nutzer als Schlüssel

Die Musikindustrie werde auch weiterhin diesen Markt bedienen, so Drücke, es gehe um das 'und'. "Die Industrie muss beides anbieten: das haptische Material, wie das Angebot fürs Hören unterwegs. Es gibt Länder, da dominiert das Streaming den Markt inzwischen fast vollständig. In Norwegen und Schweden wird Musikstreaming zu über 90 Prozent genutzt."
Die Herausforderung der Firmen ist daher groß, sie müssen ihre Dienstleister, ihre Partner so etablieren, dass sie auch weiterhin professionelle Produktionen und Musikerkarrieren ermöglichen können. Das könnte möglich werden mit den sogenannten "Premium-Nutzern", also jenen, die ihren Streaming-Dienst bezahlen. "Es geht also darum," so Drücker, "die Leute zu überzeugen, dass Premium einen Mehrwert hat."

Zehn Euro: Die magische Zahl

Die meisten Musik-Streamingdienste kosten im Monat um die zehn Euro. Mehr wird dafür in der Regel nicht ausgegeben - eine Art magische Grenze. Die Frage stelle sich also, ob damit die Musikpiraterie mit ihren kostenlosen Musikdownloads ausgemerzt werden könne. Seit den Jahren nach 2000 haben sich die Umsätze in der Branche halbiert. "Wir kommen aus einem jähen Absturz", konstatiert Drücke und blickt verhalten hoffnungsvoll in die Zukunft.
Kopfhörer hängen vor einem Apple Iphone.
Wenige Klicks, und das neue Top-Album aus den Charts im Ohr.© dpa / Daniel Bockwoldt
"Es ist unklar, ob das Streaming diese Verdienstmöglichkeiten von damals wieder schaffen kann. Aber global sehen wir: Die Märkte wachsen sehr schnell. Und auch in Deutschland gehen wir von einem ordentlichen Wachstum aus." Nun müsse man sehen, ob die Lizenzverdienste in der Zukunft genügend Mittel abwerfen würden, um alle Beteiligte einer Musikproduktion fair zu entlohnen. Größte Konkurrenten in der Branche bleiben die kostenfreien Angebote, wie die von Youtube.

Herausforderung für Musiklabels

Dazu meint Drücke: "Die größte Herausforderung für die Labels ist die, sowohl das traditionelle Geschäft, das Plattenverkaufen zu bedienen, also auch das Streaming und Social Media zu etablieren." Auf die Frage, ob Streamingdienste Eigenproduktionen auf den Markt bringen werden, wie es Filmdienste inzwischen tun, wehrt Drücke ab: "Ich sehe die Musikfirmen bei der Musikproduktion in einer Pole-Position."
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