Allein erziehend und glücklich
Alleinerziehende werden in Deutschland gern in einem Atemzug mit Obdachlosen, Migranten und Sozialhilfeempfängern genannt. "M.o.M. - Mutter ohne Mann. Warum Alleinerziehende so verdammt glücklich sind" ist ein Buch gegen dieses traurige Image. Astrid Herbold hat es in einem unterhaltsamen Gute-Laune-Stil geschrieben.
Alleinerziehende Mütter sind bedauernswerte Wesen. Alleinerziehende werden in Deutschland gern in einem Atemzug genannt mit Obdachlosen, Migranten und Sozialhilfeempfängern. "M.o.M. - Mutter ohne Mann. Warum Alleinerziehende so verdammt glücklich sind" von Astrid Herbold ist ein Buch gegen dieses traurige Image, gegen Mitleid und Selbstmitleid.
Dabei steht im Mittelpunkt dieser Betrachtungen keine bestimmte Alleinerziehende. Vielmehr beschreibt die Autorin eine Art Prototypen der Singlemutter mit Kind. Die hat von Kapitel zu Kapitel mal ein, mal zwei Kinder, mal Töchter, mal Söhne und ist mal Anfang, mal Ende Dreißig. Ihnen allen aber ist eins gemein: Der Traum vom glücklichen Familienleben ist zwar gescheitert, unglücklich sind sie deshalb aber nicht.
Den Anfang macht Astrid Herbold mit den Lebensträumen einer Frau, die auf den perfekten Partner und die intakte Familie hofft. Und dann doch scheitert. Statt an den Ernährer mit sicherem Job gerät sie an einen Studenten, der als Vater zum Flop wird. Irgendwann ist sie nicht mehr bereit, neben dem Kind auch noch ihn zu versorgen und setzt ihn vor die Tür. Fortan hat die M.o.M., die Mutter ohne Mann, ihre Ruhe und ist mit sich und der Welt zufrieden. Schließlich hat sie nun alles, was sie schon immer wollte: ihre Kinder und ihre Freiheit. Der Befreiungsschlag – nicht gerade ein ungewöhnliches Szenario in der Flut der Bücher, die zu den Themen Frauen, Mütter, Partnerschaft auf dem Markt sind.
Und doch legt man das Buch "M.o.M" nicht aus der Hand, weil es unterhaltsam ist. Astrid Herbold schreibt in diesem selbstironisch verzweifelten Gute-Laune-Stil, den man in jeder guten Gesellschaftskolumne findet und der Leserin bzw. den Leser an vielen Stellen laut auflachen lässt. Das macht Spaß und ist für ein Sachbuch eher ungewöhnlich. Wer allerdings diese Schreibart nicht mag, dem geht das Buch schnell auf die Nerven. Alle anderen aber werden gut unterhalten.
Denn Astrid Herbold macht vor keinem Klischee halt: Sie beschreibt die vorbildlichen Muttis auf dem Spielplatz, die ihre Kinder mit Apfelschnitzen aus Tupperdosen füttern, die über Allergien und homöopathische Medizin fachsimpeln, die ihre Brut für hochbegabt halten und sich selbst für unübertreffliche Pädagoginnen. Ihre intakten Familienverhältnisse tragen sie demonstrativ vor sich her und schützen zugleich Verständnis für die schwierige Situation der Alleinerziehenden vor. An Herbolds Häme gegen die Super-Mütter aus den Super-Familien haben sicher nicht nur Alleinerziehende, sondern überhaupt alle unzulänglichen Mütter ihre Freude.
Auch die anderen Verwerfungen im Leben einer Mutter ohne Mann beschreibt Astrid Herbold treffend: Die Verzweiflung, wenn die Party des Jahres steigt und der Babysitter fällt aus oder das Kind wird krank. Die penetrante Fragerei von nahen Verwandten und Freundinnen nach einer neuen Beziehung. Die Angst vor einsamen, sich endlos hinziehenden Wochenenden, während es sich alle anderen Menschen in ihren Familien gemütlich machen.
Und dann das leidige Thema Arbeit: Bewerbungsschreiben, die Astrid Herbold zwischen die Kapitel streut, illustrieren die verzweifelte und vergebliche Suche nach einer Anstellung. Bewerbung Nummer eins klingt noch ganz konventionell, vom Kind ist keine Rede. Dann geht Protagonistin dazu über, offensiv die Lücken in ihrem Lebenslauf zu rechtfertigen, und schließlich bringt sie resigniert zum Ausdruck, es sei ihr egal, was sie mache – Hauptsache Arbeit.
Als die alleinstehende Mutter von ihrer Freiheit endgültig genug hat, macht sie sich im Internet auf die Suche nach einem neuen Partner. Wer unter den Singles kennt sie heutzutage nicht, die erotischen Hochgefühle per E-Mail, die sich bei der ersten echten Begegnung schnell erledigt haben?
Astrid Herbold gelingt es über weite Strecken, die Situation und die Gefühlswelt einer Alleinerziehenden glaubhaft und bildlich darzustellen. Das ist das große Plus ihres Buches. Allerdings scheitert sie letztendlich an ihrem eigenen Untertitel "Warum Alleinerziehende so verdammt glücklich sind" - darüber erfährt man in ihrem Buch nichts. Alternativen, die zeigen, ein Leben ohne Mann hat auch Vorteile, beschränken sich weitgehend auf folgende magere Erkenntnis: Es ist schöner, nur im eigenen Chaos zu versinken, als in dem, was ein Partner mit verursacht hat.
An mancher Stelle teilt man bereitwillig die Schadenfreude der Autorin über das scheinbare Glück von Verheirateten. Umso mehr überrascht Astrid Herbold mit dem Ausgang ihres Buches: Das Happy End für die Mutter ohne Mann. Eine Patchwork-Familie wird gegründet – in einem hochkomplizierten Prozess selbstverständlich, damit die Kinder bloß keinen Schaden nehmen. Das liest sich zwar auch wieder recht amüsant, aber ist dennoch ärgerlich. Die immer noch allein erziehende Leserin fühlt sich spätestens hier ziemlich in Stich gelassen.
Zumal Astrid Herbold auch noch im allerletzten Kapitel ein "wirtschaftswunderliches Märchen" erzählt: Es handelt von einer Single-Frau mit vier Kindern, die eine steile Karriere macht. Auf deren Höhepunkt wird sie von Männern und kinderlosen Frauen geschasst. Daraufhin zieht sie sich ganz gelassen mit ihrem Geld aufs Land zurück. Aber das ist eben nur ein Märchen.
Im wahren Leben schafft es die Alleinerziehende nicht, ohne einen neuen Vater für ihre Kinder glücklich zu werden. Das "Verdammt" im Untertitel kann man also auch so verstehen: verdammt - echtes Glück gibt es eben erst mit einem neuen Partner. Schade, dass Astrid Herbold nicht mutiger war und auf dieses Klischee verzichtet hat. Ihrem Buch hätte es gut getan. Dennoch ist "M.O.M." lesenswert und unterhaltsam. Und immerhin gelingt es Astrid Herbold dem Phänomen "Alleinerziehende" die Schwere zu nehmen, ohne zu verharmlosen.
M.o.M. – Mutter ohne Mann
Warum Alleinerziehende so verdammt glücklich sind
Marion von Schröder-Verlag, 200 Seiten, 16,00 Euro
Dabei steht im Mittelpunkt dieser Betrachtungen keine bestimmte Alleinerziehende. Vielmehr beschreibt die Autorin eine Art Prototypen der Singlemutter mit Kind. Die hat von Kapitel zu Kapitel mal ein, mal zwei Kinder, mal Töchter, mal Söhne und ist mal Anfang, mal Ende Dreißig. Ihnen allen aber ist eins gemein: Der Traum vom glücklichen Familienleben ist zwar gescheitert, unglücklich sind sie deshalb aber nicht.
Den Anfang macht Astrid Herbold mit den Lebensträumen einer Frau, die auf den perfekten Partner und die intakte Familie hofft. Und dann doch scheitert. Statt an den Ernährer mit sicherem Job gerät sie an einen Studenten, der als Vater zum Flop wird. Irgendwann ist sie nicht mehr bereit, neben dem Kind auch noch ihn zu versorgen und setzt ihn vor die Tür. Fortan hat die M.o.M., die Mutter ohne Mann, ihre Ruhe und ist mit sich und der Welt zufrieden. Schließlich hat sie nun alles, was sie schon immer wollte: ihre Kinder und ihre Freiheit. Der Befreiungsschlag – nicht gerade ein ungewöhnliches Szenario in der Flut der Bücher, die zu den Themen Frauen, Mütter, Partnerschaft auf dem Markt sind.
Und doch legt man das Buch "M.o.M" nicht aus der Hand, weil es unterhaltsam ist. Astrid Herbold schreibt in diesem selbstironisch verzweifelten Gute-Laune-Stil, den man in jeder guten Gesellschaftskolumne findet und der Leserin bzw. den Leser an vielen Stellen laut auflachen lässt. Das macht Spaß und ist für ein Sachbuch eher ungewöhnlich. Wer allerdings diese Schreibart nicht mag, dem geht das Buch schnell auf die Nerven. Alle anderen aber werden gut unterhalten.
Denn Astrid Herbold macht vor keinem Klischee halt: Sie beschreibt die vorbildlichen Muttis auf dem Spielplatz, die ihre Kinder mit Apfelschnitzen aus Tupperdosen füttern, die über Allergien und homöopathische Medizin fachsimpeln, die ihre Brut für hochbegabt halten und sich selbst für unübertreffliche Pädagoginnen. Ihre intakten Familienverhältnisse tragen sie demonstrativ vor sich her und schützen zugleich Verständnis für die schwierige Situation der Alleinerziehenden vor. An Herbolds Häme gegen die Super-Mütter aus den Super-Familien haben sicher nicht nur Alleinerziehende, sondern überhaupt alle unzulänglichen Mütter ihre Freude.
Auch die anderen Verwerfungen im Leben einer Mutter ohne Mann beschreibt Astrid Herbold treffend: Die Verzweiflung, wenn die Party des Jahres steigt und der Babysitter fällt aus oder das Kind wird krank. Die penetrante Fragerei von nahen Verwandten und Freundinnen nach einer neuen Beziehung. Die Angst vor einsamen, sich endlos hinziehenden Wochenenden, während es sich alle anderen Menschen in ihren Familien gemütlich machen.
Und dann das leidige Thema Arbeit: Bewerbungsschreiben, die Astrid Herbold zwischen die Kapitel streut, illustrieren die verzweifelte und vergebliche Suche nach einer Anstellung. Bewerbung Nummer eins klingt noch ganz konventionell, vom Kind ist keine Rede. Dann geht Protagonistin dazu über, offensiv die Lücken in ihrem Lebenslauf zu rechtfertigen, und schließlich bringt sie resigniert zum Ausdruck, es sei ihr egal, was sie mache – Hauptsache Arbeit.
Als die alleinstehende Mutter von ihrer Freiheit endgültig genug hat, macht sie sich im Internet auf die Suche nach einem neuen Partner. Wer unter den Singles kennt sie heutzutage nicht, die erotischen Hochgefühle per E-Mail, die sich bei der ersten echten Begegnung schnell erledigt haben?
Astrid Herbold gelingt es über weite Strecken, die Situation und die Gefühlswelt einer Alleinerziehenden glaubhaft und bildlich darzustellen. Das ist das große Plus ihres Buches. Allerdings scheitert sie letztendlich an ihrem eigenen Untertitel "Warum Alleinerziehende so verdammt glücklich sind" - darüber erfährt man in ihrem Buch nichts. Alternativen, die zeigen, ein Leben ohne Mann hat auch Vorteile, beschränken sich weitgehend auf folgende magere Erkenntnis: Es ist schöner, nur im eigenen Chaos zu versinken, als in dem, was ein Partner mit verursacht hat.
An mancher Stelle teilt man bereitwillig die Schadenfreude der Autorin über das scheinbare Glück von Verheirateten. Umso mehr überrascht Astrid Herbold mit dem Ausgang ihres Buches: Das Happy End für die Mutter ohne Mann. Eine Patchwork-Familie wird gegründet – in einem hochkomplizierten Prozess selbstverständlich, damit die Kinder bloß keinen Schaden nehmen. Das liest sich zwar auch wieder recht amüsant, aber ist dennoch ärgerlich. Die immer noch allein erziehende Leserin fühlt sich spätestens hier ziemlich in Stich gelassen.
Zumal Astrid Herbold auch noch im allerletzten Kapitel ein "wirtschaftswunderliches Märchen" erzählt: Es handelt von einer Single-Frau mit vier Kindern, die eine steile Karriere macht. Auf deren Höhepunkt wird sie von Männern und kinderlosen Frauen geschasst. Daraufhin zieht sie sich ganz gelassen mit ihrem Geld aufs Land zurück. Aber das ist eben nur ein Märchen.
Im wahren Leben schafft es die Alleinerziehende nicht, ohne einen neuen Vater für ihre Kinder glücklich zu werden. Das "Verdammt" im Untertitel kann man also auch so verstehen: verdammt - echtes Glück gibt es eben erst mit einem neuen Partner. Schade, dass Astrid Herbold nicht mutiger war und auf dieses Klischee verzichtet hat. Ihrem Buch hätte es gut getan. Dennoch ist "M.O.M." lesenswert und unterhaltsam. Und immerhin gelingt es Astrid Herbold dem Phänomen "Alleinerziehende" die Schwere zu nehmen, ohne zu verharmlosen.
M.o.M. – Mutter ohne Mann
Warum Alleinerziehende so verdammt glücklich sind
Marion von Schröder-Verlag, 200 Seiten, 16,00 Euro