Alle Jahre wieder

Das Weihnachtsgeschäft eines Korrespondenten ist übersichtlich wie ein Weihnachtskatalog. Irgendwie weiß er schon ab Januar, was in der vorweihnachtlichen Zeit im Dezember die regionalen Medien (und damit auch den Eingeborenen) beschäftigen wird: alte Bräuche, lokale Rezepte, übliche Weihnachtsmärkte, Politiker im Obdachlosenheim ...
Alle Jahre wieder
Vorweihnachten in Baden-Württemberg
Von Uschi Götz

Es beginnt alles ganz harmlos: Gefühlte 5000 Weihnachtsmärkte gibt es in Baden- Württemberg und alle müssen irgendwann eröffnet werden, bevorzugt im Beisein von Journalisten.

Ebenfalls früh im Advent wird gesichtet, wann und wo sich welcher Politiker in ein Altenheim begibt. Das wird zwar nicht gemeldet, doch es sind wichtige Indizien a) dafür, dass alles wie im letzten Jahr ist und b) der Landespolitiker unbedingt wieder gewählt werden möchte. Schließlich sind in Baden- Württemberg bald Wahlen.
Richtig spannend wird es für landespolitische Korrespondenten am 6. Dezember. Denn, alle Jahre wieder kommt zunächst der Nikolaus und mit ihm dann gleich die Südwest-CDU. Gerne findet man sich in großen Hallen mit Gleichgesinnten zusammen und … freut sich, glaubt zumindest Pressesprecher Tobias Bringmann:

"Alle Jahre wieder: gute Tradition! Wir haben in den ganzen letzten Jahren und Jahrzehnten traditionell um Nikolaus herum einen Landesparteitag, in der Regel einen zweitägigen Landesparteitag ... und das hat sich bereits gut festgesetzt in den Köpfen der Leute, die Menschen erwarten das; leider fällt es manchmal genau auf den Nikolaus, wie in den letzten Jahren, in diesem Jahr sind wir knapp dran vorbeigekommen, aber nichtsdestotrotz kam der Nikolaus auf den Parteitag …"

Der Nikolaus kam und nicht ganz zufällig auch Bundeskanzlerin Angela Merkel. Nicht ganz zufällig hatte man sogar ein passendes Geschenk. Zufällig das Kanzleramt ganz aus Schokolade:

Merkel: " Also ich muss sagen, bin überwältigt ... das will ich ja, ich äh … gibt ja öfter mal Geschenke, aber ... das ist einfach … wunderschön ... Also, ganz, ganz herzlich Dank ... so viel Liebe zum Detail, ganz toll! "

Ja, ganz toll! Das denken manche Landeskorrespondentinnen auch beim Auspacken der alljährlichen Weihnachtsgeschenke. Tanja Wolter zum Beispiel von der Nachrichtenagentur ddp zum Beispiel:

"Letzte Woche habe ich ein riesigen Karton mit einem riesigen Tipp-Kick- Spiel bekommen, das brauch ich natürlich selbst nicht, aber bei uns in der Bürogemeinschaft ist es auf große Freude gestoßen. "
Große Freude herrscht in den Redaktionsstuben ungefähr immer ab Mitte Dezember. Etwa zweitägig kommt dann ein mehr oder weniger edler Tropfen auf den Tisch. Eine Flasche, aber welche, stammt traditionell aus einem Ministerium, das es wohl so nur zur Weihnachtszeit gibt. Hintergründe liefert Sprecher Matthias Wolf:

"Also vom baden-württembergischen Weinbauministerium, das genau genommen für Ernährung und ländlichen Raum heißt, gibt es aus den eigen Weingütern edle Tropfen: rot und weiß. ... und natürlich Baden-Württemberg gibt es zwei verschiedene Landesteile: Baden, aus Freiburg und Württemberg aus Heilbronn und aufgrund der großen Resonanz in der Vergangenheit werden wir von dieser Aktion auch bei allen Sparvorgaben der Landesregierung nie absehen. "


Es gilt alle Jahre wieder das gesprochene Wort.

Übrigens: trinkfest müssen baden-württembergische Korrespondenten sein. Denn, ist erst einmal der Wein getrunken, kommt eine Aufforderung des Finanzministeriums in die Redaktionsstuben. Gabriele Renz – Korrespondentin für den Konstanzer Südkurier und die Frankfurter Rundschau ... etwas ungeduldig:

"Ich weiß, dass die ganzen Kollegen und ich auch darauf warten, dass uns endlich die Nachricht aus dem Finanzministerium erreicht, dass wieder ein paar Biere im Kasten bereit liegen. "

Freibier für alle, das aber wirklich nur zur Weihnachtszeit. Ist das Bier erst einmal abgeholt und gar getrunken, kommt der Blick zurück, konkret der landespolitische Jahresrückblick. Dieser lässt sich nüchtern betrachtet in diesem Jahr auf ein politisches Großereignis reduzieren:

"Der gleitende Übergang von Teufel zu Oettinger; das ist das Zentrale, ansonsten gibt es eigentlich nichts. "

Doch! Die nicht ganz unberühmte Stuttgarter Staatsoper und ihr Intendant Klaus Zehelein, der in einigen Monaten Stuttgart in Richtung München verlassen wird. Ein kurzer Besuch beim Intendant gehört dazu in der Weihnachtszeit. Nach 15 Jahren auch ein Fazit:

"Natürlich ist man ziemlich sauer, wenn man merkt, dass einfach nicht genau hingehört wird und dass nicht genau beobachtet wird, was wirklich geschieht ... und wenn ich überhaupt etwas sagen könnte, würde ich sagen, was ich bedauerlich finde, dass viele überhaupt nicht mehr fähig sind und das überhaupt nicht mehr wollen, zu beschreiben, was sie gehört und gesehen haben und das finde ich bedauerlich, weil das wäre eigentlich, denke ich, oh ich habe doch kein Grund, Kritiker zu schelten, sie haben uns glaube ich fünfmal zum Haus des Jahres gemacht, aber das würde ich mir einfach wünschen: ne größere Empfindlichkeit, ne größere Genauigkeit für die Gesamtarbeit eines Hauses. "

Von der Oper geht es direkt in die heimischen Wälder. So kontrastreich ist das Leben einer Landeskorrespondentin, auch in der Weihnachtszeit.

Aus Enzklösterle kommt wie schon seit vielen Jahren der Tannenbaum im baden-württembergischen Landtag. Eigentlich nicht der Rede wert, aber als Korrespondent ist einem das Hohe Haus fast zur Heimat geworden. Und so muss einen auch der Baum interessieren. Die Tanne ist, sagen wir es ruhig … luftig benadelt; aber wo Raum ist, kann auch Freiheit sein und so irgendwie muss es doch auch die neue Bundeskanzlerin gemeint haben. Doch der Freiheitsbegriff wird zunächst in Baden-Württemberg anders ausgelegt. Die Tanne ist dick mit roten Kugeln behangen. Landtagspressesprecher Quintus Scheble möchte darin jedoch keine politische Botschaft versteckt sehen:

"Also es gibt da keine Anspielung, obwohl wir einen reichen Fundus haben, aus dem wir schöpfen können, aber das ist immer dem jährlichen Geschmack des Personals überlassen. Unser Präsident des Landtags, der Herr Straub, ist also so großzügig, dass er das immer dem Geschmack der Damen des Hauses überlässt. "

Soviel Freiheit gibt es also zur Weihnachtszeit in Baden-Württemberg. Eigentlich könnte jetzt - wenige Tage vor Weihnachten - Ruhe einkehren. Doch in der Terminmappe liegt gelb auf weiß die Erinnerung an ein Ereignis, das unweigerlich unglaublich oft schon – wirklich - alle Jahre wieder -baden-württembergische Landeskorrespondenten von einem richtigen Urlaub abhält. Bettina Wieselmann von der Südwest-Presse:

"Dreikönig natürlich. In Baden-Württemberg und über Baden-Württemberg hinaus, ist das das politische Ereignis und das haben die Liberalen ja unter PR-Gesichtspunkten schon vor 140 Jahren weitsichtig eingerichtet. "

Auf 140 Dreikönige in Baden-Württemberg, Rote Tannen aus Enzklösterle und Freibier aus dem baden-württembergischen Weinbauministerium!


Alle Jahre wieder – Vorweihnacht in Kiel
Vom Studio aus betrachtet
Von Jasper Barenberg

Vom Wasser aus betrachtet ist Kiel schön, das muss man sagen, von der Förde aus. Das Wasser der Ostsee teilt Kiel in zwei Hälften, das Ostufer und das Westufer, schiebt sich dann wie ein Keil mitten in die Stadt und endet schließlich in einem Becken, das die Kieler "die Hörn" nennen. Unweit davon verläuft die Fußgängerzone. Auf die sind die Kieler stolz. Weil es nicht irgendeine x-beliebige Fußgängerzone ist, sondern die erste Fußgängerzone in Deutschland überhaupt. Sagen die Kieler.

Für vorweihnachtlichen Glanz dagegen scheint der Kieler wenig Gespür zu haben. Dabei wurde natürlich auch die Kieler Fußgängerzone vor Wochen schon mit Holzbuden und Verkaufsständen förmlich gepflastert. Wie jedes Jahr. Dabei wurde nicht gespart an Schmuck aus Tannenzweigen und Lichterketten. Wie jedes Jahr. Dabei machen von einem Ende der Fußgängerzone zum anderen gleich drei Weihnachtsmärkte einander Konkurrenz. Mit Holzspielzeug und Stollen, mit reichlich Glühwein und Kinderkarussell. Mit Bratwurst und Schmalzgebäck. Alles wie gehabt. Alles wie immer. Festliche Stimmung will trotzdem nicht aufkommen. Zu scharf pfeift bei Dunkelheit der Wind durch das Spalier gesichtsloser Nachkriegsarchitektur. Zu lieblos wurden dürre Tannen mit Draht an jeden Laternenmast gebunden und notdürftig mit roten Schleifen versehen. Und zu traurig stimmt der Bettler am Boden. Wie vor ihm ein kleiner Tannenbaum aus Kunststoff im Rhythmus rot erleuchtet; wie der zottelige Mann sich mit seiner Blockflöte abmüht und doch keinen Ton trifft. Wodurch dem Spaziergänger nur umso schmerzlicher bewusst wird, was eigentlich und vor allem fehlt: Musik nämlich. Niemand legt eine Platte von Frank Sinatra auf. Kein Bläserchor erfreut die Passanten. Gingle Bells? Fehlanzeige. Umso lauter das Geschepper an der "Spülstation", wo sie schon Schlange stehen, um ihre Glühweinbecher wieder gegen Pfand einzutauschen. Ein trostloses Bild. Das Cliché vom spröden, verschlossenen Norddeutschen: hier wird es nach Kräften bedient.

Umso eifriger suchen die regionalen Zeitungen die Besinnlichkeit herbeizuschreiben. Eine ganze Seite widmen die Kieler Nachrichten dem Tannenbaumschmuck, und zwar unter der viel versprechenden Überschrift: "Kitschig, klassisch – oder auch mal schrill?" Eine rhetorische Frage, wie sich erweist. Denn nach Durchsicht aktueller Angebote ist die Autorin überzeugt: In diesem Jahr ist alles erlaubt. Weswegen das Blatt nicht nur einer kecken Miniatur-Tänzerin mit Netzstrümpfen und Weihnachtsdekors ein Foto widmet, sondern auch einem Rentier samt Kugel aus Metall und dem enthusiastischen Verkäufer einer künstlichen Tanne. 1,80 Meter hoch, das ist beachtlich - und fertig geschmückt. Kulturell ungleich wertvoller ist allerdings ein Artikel über Hilke Ehlers aus Bordesholm, einer weißhaarigen Dame mit Brille, die seit Jahr und Tag leidenschaftlich Weihnachtskrippen sammelt. Und sich dankenswerterweise auch in diesem Jahr wieder bereit erklärt hat, gut 50 ausgewählte Stücke ihrer umfassenden Sammlung zu präsentieren. Im Kieler Kloster, wie immer. Schwerpunkt in diesem Jahr: Prag und andere, mit der Krippenkunst besonders eng verbundene Orte Tschechiens. Neben den Öffnungszeiten besonders hervorgehoben: die Lebkuchenkrippe, gefertigt von Julie Chadimova und diejenige aus Papier, Karton und Goldfolie aus den kunstfertigen Händen von Narie Zykowa. Die Weihnachtszeit birgt allerdings auch ihre Schattenseiten, ja Gefahren. Darauf macht die "Landeszeitung" aufmerksam. Und mahnt die Leser auf ihrer Ratgeberseite, beim Spenden nicht nur dem Herzen zu folgen, sondern auch dem Verstand. Allen hungernden Kindern und gequälten Tieren zum Trotz ist eine halbe Seite daher mit Hinweisen gefüllt, wie man seriöse Sammler von Betrügern und Abzockern zu unterscheiden vermag.

Über jeden Zweifel erhaben ist dagegen die Post, die den Landeskorrespondenten in jedem Jahr in der Weihnachtszeit erreicht. Es sind gut gemeinte Anregungen darunter. Zum Beispiel die Pressemitteilung der Aktion "rundum zahngesund" im Deutschen Grünen Kreuz, Sektion Zahngesundheit. Im anhängenden rz-tipp, so steht auf dem Fax, "weisen wir auf die Gefahr von allzu häufigen süßen Zwischenmahlzeiten für die Zahngesundheit hin". Auf das das neue Jahr nicht mit neuen Löchern in den Zähnen beginne, stellt das Grüne Kreuz, Sektion Zahngesundheit in ihrer Aktion "rundum zahngesund" daher ein paar Ratschläge zur Verfügung. Dann, so die der Jahreszeit angemessen versöhnliche Auskunft, stünde dem Genuss von Weihnachtsnaschereien nichts mehr entgegen. Verlass ist auch auf ein Handelshaus für Kinderspielzeug. Jahr um Jahr zu Beginn der Weihnachtssaison liegt ein Päckchen des Unternehmens im Briefkasten. In dem Anschreiben wird stets mit der gebotenen Zurückhaltung auf die überregionale Bedeutung der Firma verwiesen. Der aktuelle Katalog ist beigefügt. Versüßt wird die Sendung durch eine Marzipantorte von beeindruckender Qualität. Ein Hörfunkbeitrag ist daraus nie geworden. In diesem Jahr fehlte die Torte. Dafür nimmt der Fraktionsvorsitzende einer Partei die besinnlichen Tage zur Weihnachtszeit zum Anlass, sich für die faire und vertrauensvolle Zusammenarbeit zu bedanken, verbunden mit den besten Wünschen für eine frohes Fest und ein glückliches Neues Jahr. Und abgerundet durch ein kleines Weihnachtspräsent: es ist ein Laserpointer, überreicht mit der Empfehlung, damit bei Bedarf Licht ins Dunkel zu bringen.


Alle Jahre wieder - Vorweihnacht in Sachsen
Von Alexandra Gerlach

Strietzelmarkt: " Tja, ich mach jetzt erst mal unser großes Schlosstor auf und schau mal, wer sich dahinter verborgen hat – also, los Hieronymus, nicht lange geschwafelt, einfach aufgemacht, … Schlüsselklappern, … so. Ringdinding, einmal gedreht, ... noch mal gedreht, ach, aha klmmt ewig, …Türknarren, … Wen haben wir denn hier? Unser Strietzelkind und die Goldmarie. Hallo, liebe Kinder! "
571 Mal dieselbe Prozedur. Der weltberühmte Dresdner Striezelmarkt öffnet seine Pforten zum 1. Advent.

Alle Jahre wieder das "Wen haben wir denn hier?", im Januar könnte der Beitrag für die heimatliche Redaktion schon geschrieben werden. Denn so sicher wie das Weihnachtsgeschäft, so absehbar sind elf Monate im Voraus schon die Themen und Schlagzeilen. Alte Bräuche werden zum zigsten Mal präsentiert, Politiker eilen zum sozialen Händedruck auf die Straße und in Einrichtungen, Weihnachtsmärkte sind medial zu eröffnen.

Alle Jahre wieder … Und wenn es um den Striezelmarkt geht, kennt der Dresdner keinen Spaß. Sein Weihnachtsmarkt ist der älteste der Welt und damit basta! Das ist Routine, dann das Unfassbare, das Unabsehbare: Eine große Boulevard-Zeitung titelt Ende November:

"Hat Dresden die ganze Welt belogen? " Striezelmarktstreit immer verrückter!

"Bautzen lässt es plautzen", schreibt der Reporter weiter und nennt den Übeltäter. Andreas H. vom Bautzener Kulturbüro ist 50 Jahre alt und will herausgefunden haben, dass das Tor zur Lausitz einen Weihnachtsmarkt besitzt, der deutlich älter ist. Der vorweihnachtliche Budenzauber soll dort schon seit 621 Jahren und somit ein halbes Jahrhundert länger als in Elbflorenz Tradition haben.

Damals, so erklärt der kühne Hobby-Forscher aus dem Kulturbüro, habe der böhmische Kaiser Wenzel IV. Bautzen das Marktprivileg verliehen. Ein Sakrileg für die geschichtsbewussten Dresdner – eine rüde Attacke auf den heißgeliebten Striezelmarkt. "Ruhig Blut" ruft da der Wirtschaftsbürgermeister an der Elbe. Beweise aus den Archiven will er sehen, doch die sind bis heute nicht in Dresden eingetroffen. Und so bleibt alles wie es ist, doch selbst bei Umfragen unter den Passanten mag keiner diese Frage nur ironisch sehen:
Striezelmarktbesucher: "Das weiß ich nicht, es gibt wahrscheinlich noch ältere Weihnachtsmärkte, wir waren schon in Stuttgart, das soll der größte und der älteste sein, und dann in Straßburg, … Ich denk mal schon, dass es einer der ältesten Weihnachtsmärkte hier in Sachsen ist. "

Stollen – oder besser Striezel – und auch hier ist Schluss mit lustig, wenn es um das Schaulaufen mit anschließender Prämierung geht. Die Frage: wer den besten Dresdner Stollen bäckt, ist das Aufregerthema Nummer 2.
Immer kurz vor der Eröffnung des Striezelmarktes geben die gefürchteten nationalen Feinschmecker-kundigen Kritiker gegenüber dem Dresdner Stollschutzverband – nach ausführlicher Verkostung - ihr Votum ab. Freud und Leid der Bäckermeister liegen dann – wen wundert's - dicht beieinander.
Der Weg des Dresdner Christstollens lässt sich bis in die Zeit um das Jahr 1474 zurückverfolgen. Damals taucht er erstmalig als Fastengebäck auf der Rechnung eines christlichen Hospitals an dem Dresdner Hof auf. Seitdem hat sein Grundrezept x-fache Variationen erlebt, von einer Fastenspeise ist er inzwischen weit entfernt und das verwirrt nicht nur die Kritiker:

Frau aus Hessen am Stollenstand: "Was issn ne Unterschied zwischen Hausfrauenstollen und ne echte Dresdner. Also der echte ist nur mit Butter, und der Hausfrauenstollen ist mit Schweineschmalz, Margarine und Butter, also verschiedene Fette, … Dann hätte ich gerne den Dresdner, zwei Kilo …"

Echt ist dieser übrigens nur mit dem goldenen Stollensiegel, einem Zertifikat, das dem Liebhaber des würzigen Traditionsgebäcks gleich bleibende, hohe Qualität garantiert. Eine begehrte Auszeichnung für die Mitglieder dieser Zunft, zumal es hier vorrangig um die Kunst des Handwerks geht. Und – natürlich - von einer Kommission geprüft!

Stollenverkäuferin: "Da wird anonym der Stollen verkostet, und da gibt es eine gewisse Punktzahl zu erreichen, 20 Punkte sind das Höchste, und ich glaube ab 16 Punkte ist man berechtigt, das Siegel zu führen. "
Jeder Stollenbäcker hat sein eigenes Rezept, doch in der Summe heißt der Stollen in Dresden Striezel, eine Feinheit, die diesem Herren aus dem Erzgebirge offensichtlich nicht so ganz geläufig ist. Doch was soll's, ihn plagen andere Sorgen:

Besucher aus dem Erzgebirge: "Striezel habe ich noch nicht gekauft, wir haben Dresdner Christstollen und das reicht uns, wir müssen auch ein bisschen an die Figur denken …"

Wie dem auch sei, in Dresden wird ihm gehuldigt, mit dem großen Stollenfest, am zweiten Adventswochenende, ein Spektakel, das am Montag darauf die Zeitungsseiten füllt. 2005 gab es das Fest um einen Riesen-Stiezel, von vier Tonnen Gewicht, mit echten Gardemaß: 4,35 lang und 90 Zentimeter hoch. In dreieinhalb Stunden war er verteilt und verkauft, für einen guten Zweck.

Sehnsuchtsvoll warten Premierengäste und die lokale Presse am allerersten Tag auf die feierliche Eröffnung des Dresdner Striezelmarktes. Er beginnt immer mit einer Andacht an bzw. in der benachbarten Kreuzkirche. Auch das ist Routine für den Berichterstatter, es sei denn, es kommt etwas dazwischen, so wie im vergangenen Jahr, …

Mit-Organisator des Striezelmarktes: "Im vorigen Jahr hatten wir ein kleines Problem, das sei hier nicht verhehlt, wir haben sozusagen die Glocken der Kreuzkirche nicht ausstellen können. Ich habe den Pfarrer angerufen, und ich sage "Herr Pfarrer, ich stehe hier mit dem Bürgermeister, wir wollen weitermachen. Ja, sagt er, ja, ein Kruzianer ist gerade pullern, und der Azubi hat die Schlüssel in der Tasche für die Glocken, wir können die Glocken nicht abstellen. da haben die Glocken im vergangenen Jahr 20 Minuten lang geläutet,, und die kleinen Kurrendesänger standen auf der Bühne, und das war so ein bissel, … alles sehr menschlich. "