Alexander Graf Lambsdorff: "Wir haben im Moment eine sehr schwierige Phase"
Der Berliner Wahlkampf sei die Hauptursache für das schlechte Abschneiden seiner Partei bei den Abgeordnetenhauswahlen gewesen, meint Alexander Graf Lambsdorff, stellvertretender Vorsitzender der Liberalen Fraktion im EU-Parlament. Jedoch sei auch das momentane Erscheinungsbild der Bundes-FDP mitverantwortlich für das Ergebnis gewesen.
Gabi Wuttke: Wer geglaubt hatte, die FDP würde am Tag nach dem 1,8-Prozent-Ergebnis in Berlin personelle Konsequenzen ziehen, der sah sich enttäuscht. Aber immerhin räumte nun auch Philipp Rösler ein, dass es um seine Partei noch nie so schlimm stand. Als Grund ermittelte er, die Botschaften der FDP würden die Menschen nicht mehr erreichen.
Wir halten an dieser Stelle kurz inne und verweisen auf die zeitgleiche Ankündigung des FDP-Chefs, der angestrebten Mitgliederentscheidung gegen die Rettungsmaßnahmen für den Euro im Bundestag einen Antrag der Parteispitze entgegenzusetzen. Zerfleischen sich die Liberalen nach dem neuerlichen Wahldebakel also selbst? Um diese Frage soll es jetzt im Interview mit Alexander Graf Lambsdorff gehen. Er ist stellvertretender Vorsitzender der Liberalen Fraktion im Europäischen Parlament. Guten Morgen!
Alexander Graf Lambsdorff: Guten Morgen, Frau Wuttke!
Wuttke: Wäre ein Antrag der Parteispitze gegen die Euro-Rettungskritiker aus den eigenen Reihen der Show-down, bei dem es nur Verlierer geben kann?
Graf Lambsdorff: Also, das ist ein ganz normaler Vorgang, Frau Wuttke. Wenn es einen Mitgliederentscheid gibt in der FDP, und das ist in unserer Satzung vorgesehen, dann kann der Bundesvorstand und dann wird der Bundesvorstand auch einen Alternativtext zur Abstimmung stellen, sodass sich die Mitglieder entscheiden können zwischen einem Antrag, der im Grunde gegen alles ist – das ist der Text, derer, die diesen Mitgliederentscheid betreiben –, und einem Antrag, der sagt, was die Bundesspitze der Partei will. Und dann müssen die Mitglieder das entscheiden. Das ist also ein völlig normaler Vorgang, darin ist also keinerlei Streit zu sehen …
Wuttke: … der normale Vorgang kommt aber zur unrechten Zeit!
Graf Lambsdorff: Nun, der Mitgliederentscheid insgesamt ist für mich ein wenig unglücklich, denn ich habe den Text des Antrages mir natürlich angeschaut, und das ist eine Verweigerungshaltung, die dort beschrieben wird, die wir uns als FDP, als Gestaltungskraft in Europa, als Regierungspartei in Deutschland nicht leisten können.
Wir haben am Samstag in Nordrhein-Westfalen auf einem kleinen Parteitag einen anderen Antrag beschlossen, wo wir konkret sagen, was wir wollen: Eine Stabilitätsunion für Europa, einen Schuldenbremse in den Ländern der Eurozone mit einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, mit einem Insolvenzrecht für Staaten. Wir haben ja konstruktive Beiträge, wir haben übrigens auch Erfolge vorzuweisen bei der Euro-Stabilisierung, das sollte man nicht vergessen. Und ich glaube, dass deswegen das Vorlegen eines Textes, der konstruktiv ist und gestalterisch, dass das nicht nur etwas Vernünftiges ist, sondern es ist geradezu zwingend geboten, dass wir das machen.
Wuttke: Gehen wir doch mal eine Ebene weiter nach oben in dem Problem, in dem die FDP steckt: Altliberale stehen gegen die Jungen, Traditionalisten gegen Modernisierer, Konservative gegen Sozialliberale. Kann man das anders als Zerfleischung nennen?
Graf Lambsdorff: Also, so dramatisch ist es nun auch wieder nicht. Wir haben im Moment – und ich will das überhaupt nicht bestreiten – eine sehr schwierige Phase, wir haben jetzt zwei Jahre hinter uns in der Bundesregierung, die wirklich alles andere als optimal gelaufen sind. Wir haben Erfolge vorzuweisen, die sind aber dann kommunikativ verstolpert worden, und wir haben jetzt Wahlergebnisse, die uns wirklich nicht freuen können. Dass die Partei intern aber sich derartig, sagen wir mal, wie Sie das nennen, zerfleischen wird, das kann ich beim besten Willen nicht beobachten. Was wir sehen …
Wuttke: … aber Sie können doch auch nicht ernsthaft sagen, dass Sie sich kommunikativ verstolpert hätten?
Graf Lambsdorff: Na ja, schauen Sie, wir haben zum Beispiel das Thema Steuern. Als FDP sind die Finanzbeziehungen der Bürger zum Staat ein ganz wichtiger Punkt. Wir haben am Anfang eine Entlastung der mittleren und unteren Einkommensklassen hinbekommen, das weiß nur niemand mehr, weil wir es einfach nicht erzählt haben, weil wir tatsächlich über weitere Steuersenkungen geredet haben zu einer Zeit, als die Konsolidierung des Bundeshaushalts eigentlich in den Vordergrund hätte rücken müssen. Das war ein Fehler, obwohl wir in der Substanz eigentlich schon was gebracht hatten.
Ich will die Dinge nicht schöner reden, als sie sind, Frau Wuttke, das wissen Sie von mir, dass ich das nicht tue, aber es ist auf der anderen Seite auch nicht so, als ob wir innerparteilich einen riesigen Streit hätten. Wir hatten jetzt gestern Bundesvorstandssitzung und da ist die Linie von Philipp Rösler eine ehrliche Kommunikation in der Euro-Stabilisierung, ein Neustart für die zweite Halbzeit dieser Legislaturperiode und eine, ich sag mal, Konzentration auf liberale Themen. Das sind drei Elemente, da war breiteste Einigkeit. Ich will das auch für die Euro-Stabilisierung noch mal sagen. Wir haben einen kleinen Parteitag in Nordrhein-Westfalen gehabt, da gab es den Antrag auf die Unterstützung dieses Mitgliederentscheids: 15 Stimmen dafür, 122 Stimmen für den Antrag, den ich selber geschrieben habe mit einem Kollegen für einen konstruktiven Ansatz. Also, klar, es gibt Debatten, aber es gibt keine Zerfleischung in der FDP.
Wuttke: Wenn Sie sagen, dass Sie nicht dazu neigen, schönzureden, dann stelle ich Ihnen jetzt die Frage, ob Ihre Liberalenkollegen Mitleid mit Ihnen haben?
Graf Lambsdorff: Also, der eine oder andere, ja. Das ist aber im Europaparlament, wo wir ungefähr 140 Parteien vertreten haben, das ist unser tägliches Brot. Wir sind mal besser in den Umfragen, mal schlechter in den Ergebnissen und man unterstützt sich da und klopft sich gegenseitig auf die Schulter. Also, im Moment ist es so: Unsere Liberalenkollegen aus den anderen europäischen Ländern sagen, berappelt euch bitte wieder, wir brauchen deutsche Liberale im Europäischen Parlament. Nun sind die Europawahlen erst 2014, ich bin da ganz gelassen, wir werden bis 2014 auch wieder ganz deutlich mehr Luft unter den Flügeln haben als im Moment.
Wuttke: Sie haben gesagt, es hätte auch einige Erfolge gegeben, die seien eben nur kommunikativ verstolpert worden. Haben dann, Graf Lambsdorff, die Wähler in Berlin Ihrer Partei zu Unrecht die rote Karte gezeigt, weil ihnen womöglich die Wahrheit gesagt wurde? Kann man das vielleicht auch so sehen?
Graf Lambsdorff: Nein, ich glaube, dass der Berliner Wahlkampf in der Tat ein Wahlkampf war, in dem wir keine gute Figur gemacht haben, das will ich überhaupt nicht bestreiten. Ich habe auch ganz klar gesagt, dass das, was Philipp Rösler angefangen hat, nämlich ein mehr Ehrlichkeit in die Euro-Stabilisierungsdebatte zu bringen, indem man über eine Insolvenz Griechenlands nachdenkt, was alle Experten ja längst tun und was man den Bürgerinnen und Bürgern auch sagen kann, da haben einige im Berliner Landesverband diese Schraube weiter gedreht und darauf eine, ich sag mal, daraus eine Euro-skeptische Botschaft gemacht.
Für die FDP ist völlig klar: Wir werden keine Euro-skeptische Partei werden, sondern wir werden eine pro-europäische Partei bleiben, die auf Marktwirtschaft setzt und auf die parlamentarische Kontrolle aller Hilfsmaßnahmen. Also, insofern, was da in Berlin passiert ist, hatte eine ganze Menge damit zu tun, was vor Ort der Fall war, und natürlich – das will ich überhaupt nicht in Abrede stellen – auch mit dem Erscheinungsbild der Bundes-FDP im Moment. Das ist eben nicht optimal.
Wuttke: Für sein Verständnis von freier Marktwirtschaft musste – fasse ich jetzt mal ein wenig holzschnittartig, aber trotzdem so zusammen – Guido Westerwelle gehen. Was bliebe von der FDP übrig, wenn sie keine Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mehr hätten, die die Fahne der liberalen Bürgerrechte hochhält?
Graf Lambsdorff: Oh, wir haben hinter Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ja einen ganzen Parteiflügel stehen mit neuen Leuten, mit Leuten, die sich um die Bürgerrechte engagiert verdient machen, das ist bei mir im …
Wuttke: … und Sie sagen wirklich noch, es gibt tatsächlich klar abgegrenzte Flügel in der FDP?
Graf Lambsdorff: Na ja, schauen Sie, es gibt keine Flügel in dem Sinne, dass wir uns hier gegenseitig sozusagen das Leben schwer machen würden, wir sind auch nicht die Union, wo wir versuchen müssen, alles unter einen Hut zu bringen. Aber es gibt natürlich Leute in der FDP, die stärker auf die Bürgerrechtsthemen setzen, die stärker das Thema Datenschutz, das Thema Schutz der Privatsphäre im digitalen Zeitalter in den Vordergrund rücken als andere, die stärker die wirtschaftspolitischen Themen betonen. Das ist normal, das ist jetzt aber auch nicht wirklich eine Neuigkeit.
Wuttke: Der Zustand der FDP an diesem 20. September, dazu Alexander Graf Lambsdorff, der stellvertretende Vorsitzende der Liberalen Fraktion im Europäischen Parlament. Danke, dass Sie Zeit hatten, trotzdem schönen Tag!
Graf Lambsdorff: Danke Ihnen!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Sie können das vollständige Gespräch mit Alexander Graf Lambsdorff mindestens bis zum 20.02.2012 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.
Wir halten an dieser Stelle kurz inne und verweisen auf die zeitgleiche Ankündigung des FDP-Chefs, der angestrebten Mitgliederentscheidung gegen die Rettungsmaßnahmen für den Euro im Bundestag einen Antrag der Parteispitze entgegenzusetzen. Zerfleischen sich die Liberalen nach dem neuerlichen Wahldebakel also selbst? Um diese Frage soll es jetzt im Interview mit Alexander Graf Lambsdorff gehen. Er ist stellvertretender Vorsitzender der Liberalen Fraktion im Europäischen Parlament. Guten Morgen!
Alexander Graf Lambsdorff: Guten Morgen, Frau Wuttke!
Wuttke: Wäre ein Antrag der Parteispitze gegen die Euro-Rettungskritiker aus den eigenen Reihen der Show-down, bei dem es nur Verlierer geben kann?
Graf Lambsdorff: Also, das ist ein ganz normaler Vorgang, Frau Wuttke. Wenn es einen Mitgliederentscheid gibt in der FDP, und das ist in unserer Satzung vorgesehen, dann kann der Bundesvorstand und dann wird der Bundesvorstand auch einen Alternativtext zur Abstimmung stellen, sodass sich die Mitglieder entscheiden können zwischen einem Antrag, der im Grunde gegen alles ist – das ist der Text, derer, die diesen Mitgliederentscheid betreiben –, und einem Antrag, der sagt, was die Bundesspitze der Partei will. Und dann müssen die Mitglieder das entscheiden. Das ist also ein völlig normaler Vorgang, darin ist also keinerlei Streit zu sehen …
Wuttke: … der normale Vorgang kommt aber zur unrechten Zeit!
Graf Lambsdorff: Nun, der Mitgliederentscheid insgesamt ist für mich ein wenig unglücklich, denn ich habe den Text des Antrages mir natürlich angeschaut, und das ist eine Verweigerungshaltung, die dort beschrieben wird, die wir uns als FDP, als Gestaltungskraft in Europa, als Regierungspartei in Deutschland nicht leisten können.
Wir haben am Samstag in Nordrhein-Westfalen auf einem kleinen Parteitag einen anderen Antrag beschlossen, wo wir konkret sagen, was wir wollen: Eine Stabilitätsunion für Europa, einen Schuldenbremse in den Ländern der Eurozone mit einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit, mit einem Insolvenzrecht für Staaten. Wir haben ja konstruktive Beiträge, wir haben übrigens auch Erfolge vorzuweisen bei der Euro-Stabilisierung, das sollte man nicht vergessen. Und ich glaube, dass deswegen das Vorlegen eines Textes, der konstruktiv ist und gestalterisch, dass das nicht nur etwas Vernünftiges ist, sondern es ist geradezu zwingend geboten, dass wir das machen.
Wuttke: Gehen wir doch mal eine Ebene weiter nach oben in dem Problem, in dem die FDP steckt: Altliberale stehen gegen die Jungen, Traditionalisten gegen Modernisierer, Konservative gegen Sozialliberale. Kann man das anders als Zerfleischung nennen?
Graf Lambsdorff: Also, so dramatisch ist es nun auch wieder nicht. Wir haben im Moment – und ich will das überhaupt nicht bestreiten – eine sehr schwierige Phase, wir haben jetzt zwei Jahre hinter uns in der Bundesregierung, die wirklich alles andere als optimal gelaufen sind. Wir haben Erfolge vorzuweisen, die sind aber dann kommunikativ verstolpert worden, und wir haben jetzt Wahlergebnisse, die uns wirklich nicht freuen können. Dass die Partei intern aber sich derartig, sagen wir mal, wie Sie das nennen, zerfleischen wird, das kann ich beim besten Willen nicht beobachten. Was wir sehen …
Wuttke: … aber Sie können doch auch nicht ernsthaft sagen, dass Sie sich kommunikativ verstolpert hätten?
Graf Lambsdorff: Na ja, schauen Sie, wir haben zum Beispiel das Thema Steuern. Als FDP sind die Finanzbeziehungen der Bürger zum Staat ein ganz wichtiger Punkt. Wir haben am Anfang eine Entlastung der mittleren und unteren Einkommensklassen hinbekommen, das weiß nur niemand mehr, weil wir es einfach nicht erzählt haben, weil wir tatsächlich über weitere Steuersenkungen geredet haben zu einer Zeit, als die Konsolidierung des Bundeshaushalts eigentlich in den Vordergrund hätte rücken müssen. Das war ein Fehler, obwohl wir in der Substanz eigentlich schon was gebracht hatten.
Ich will die Dinge nicht schöner reden, als sie sind, Frau Wuttke, das wissen Sie von mir, dass ich das nicht tue, aber es ist auf der anderen Seite auch nicht so, als ob wir innerparteilich einen riesigen Streit hätten. Wir hatten jetzt gestern Bundesvorstandssitzung und da ist die Linie von Philipp Rösler eine ehrliche Kommunikation in der Euro-Stabilisierung, ein Neustart für die zweite Halbzeit dieser Legislaturperiode und eine, ich sag mal, Konzentration auf liberale Themen. Das sind drei Elemente, da war breiteste Einigkeit. Ich will das auch für die Euro-Stabilisierung noch mal sagen. Wir haben einen kleinen Parteitag in Nordrhein-Westfalen gehabt, da gab es den Antrag auf die Unterstützung dieses Mitgliederentscheids: 15 Stimmen dafür, 122 Stimmen für den Antrag, den ich selber geschrieben habe mit einem Kollegen für einen konstruktiven Ansatz. Also, klar, es gibt Debatten, aber es gibt keine Zerfleischung in der FDP.
Wuttke: Wenn Sie sagen, dass Sie nicht dazu neigen, schönzureden, dann stelle ich Ihnen jetzt die Frage, ob Ihre Liberalenkollegen Mitleid mit Ihnen haben?
Graf Lambsdorff: Also, der eine oder andere, ja. Das ist aber im Europaparlament, wo wir ungefähr 140 Parteien vertreten haben, das ist unser tägliches Brot. Wir sind mal besser in den Umfragen, mal schlechter in den Ergebnissen und man unterstützt sich da und klopft sich gegenseitig auf die Schulter. Also, im Moment ist es so: Unsere Liberalenkollegen aus den anderen europäischen Ländern sagen, berappelt euch bitte wieder, wir brauchen deutsche Liberale im Europäischen Parlament. Nun sind die Europawahlen erst 2014, ich bin da ganz gelassen, wir werden bis 2014 auch wieder ganz deutlich mehr Luft unter den Flügeln haben als im Moment.
Wuttke: Sie haben gesagt, es hätte auch einige Erfolge gegeben, die seien eben nur kommunikativ verstolpert worden. Haben dann, Graf Lambsdorff, die Wähler in Berlin Ihrer Partei zu Unrecht die rote Karte gezeigt, weil ihnen womöglich die Wahrheit gesagt wurde? Kann man das vielleicht auch so sehen?
Graf Lambsdorff: Nein, ich glaube, dass der Berliner Wahlkampf in der Tat ein Wahlkampf war, in dem wir keine gute Figur gemacht haben, das will ich überhaupt nicht bestreiten. Ich habe auch ganz klar gesagt, dass das, was Philipp Rösler angefangen hat, nämlich ein mehr Ehrlichkeit in die Euro-Stabilisierungsdebatte zu bringen, indem man über eine Insolvenz Griechenlands nachdenkt, was alle Experten ja längst tun und was man den Bürgerinnen und Bürgern auch sagen kann, da haben einige im Berliner Landesverband diese Schraube weiter gedreht und darauf eine, ich sag mal, daraus eine Euro-skeptische Botschaft gemacht.
Für die FDP ist völlig klar: Wir werden keine Euro-skeptische Partei werden, sondern wir werden eine pro-europäische Partei bleiben, die auf Marktwirtschaft setzt und auf die parlamentarische Kontrolle aller Hilfsmaßnahmen. Also, insofern, was da in Berlin passiert ist, hatte eine ganze Menge damit zu tun, was vor Ort der Fall war, und natürlich – das will ich überhaupt nicht in Abrede stellen – auch mit dem Erscheinungsbild der Bundes-FDP im Moment. Das ist eben nicht optimal.
Wuttke: Für sein Verständnis von freier Marktwirtschaft musste – fasse ich jetzt mal ein wenig holzschnittartig, aber trotzdem so zusammen – Guido Westerwelle gehen. Was bliebe von der FDP übrig, wenn sie keine Sabine Leutheusser-Schnarrenberger mehr hätten, die die Fahne der liberalen Bürgerrechte hochhält?
Graf Lambsdorff: Oh, wir haben hinter Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ja einen ganzen Parteiflügel stehen mit neuen Leuten, mit Leuten, die sich um die Bürgerrechte engagiert verdient machen, das ist bei mir im …
Wuttke: … und Sie sagen wirklich noch, es gibt tatsächlich klar abgegrenzte Flügel in der FDP?
Graf Lambsdorff: Na ja, schauen Sie, es gibt keine Flügel in dem Sinne, dass wir uns hier gegenseitig sozusagen das Leben schwer machen würden, wir sind auch nicht die Union, wo wir versuchen müssen, alles unter einen Hut zu bringen. Aber es gibt natürlich Leute in der FDP, die stärker auf die Bürgerrechtsthemen setzen, die stärker das Thema Datenschutz, das Thema Schutz der Privatsphäre im digitalen Zeitalter in den Vordergrund rücken als andere, die stärker die wirtschaftspolitischen Themen betonen. Das ist normal, das ist jetzt aber auch nicht wirklich eine Neuigkeit.
Wuttke: Der Zustand der FDP an diesem 20. September, dazu Alexander Graf Lambsdorff, der stellvertretende Vorsitzende der Liberalen Fraktion im Europäischen Parlament. Danke, dass Sie Zeit hatten, trotzdem schönen Tag!
Graf Lambsdorff: Danke Ihnen!
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Sie können das vollständige Gespräch mit Alexander Graf Lambsdorff mindestens bis zum 20.02.2012 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.