Komponiert wie für ein Countrymusik-Lehrbuch

"Vor sechs Jahren hab ich in Berlin gelebt. Ich bin hierher gezogen, weil ich mich aufs Schreiben konzentrieren wollte", ...
...sagt Kyle Evans, Sänger und Mastermind der amerikanischen Folk-, Country-, und Pop-Band Echo Bloom – und musikalischer Workaholic. Zwölf Stunden hat er jeden Tag Songs geschrieben.
"Als ich in Berlin fertig war, hatte ich genug Material für drei Alben. Die Songs ließen sich alle in drei Kategorien unterteilen. Die erste war mehr akustisch, folk-orientiert. Das wurde dann Blue. Die zweite Kategorie war Country/Rock. Das wurde dann Red. Und die dritte Kategorie war mehr Pop. Das wird das Album Green, was wir jetzt gerade aufnehmen."
Blue, Red, Green – drei Farben, drei Genres, drei Alben. Das war die Idee hinter der musikalischen Trilogie. Nachdem im vergangenen Jahr mit Blue der erste Teil erschienen ist, folgt jetzt Red.
"Ich finde, dass die Lieder auf 'Red' mehr erzählen, sie haben eine Geschichte. Es geht oftmals um Gewalt, die Lieder gehen in eine wütende Richtung. Die Songs auf 'Blue' sind im Vergleich dazu ruhiger, atmosphärischer, da geht es eher um Themen wie Leben und Moral. 'Red' ist dagegen viel direkter. Deshalb fand ich die Farbe Rot passend. Mit Blau assoziiere ich Wasser, mit Rot Blut und mit Grün Gras. Außerdem gefällt mir an diesen drei Farben, dass wenn man sie mischt, neue Farben entstehen.

Wenn man länger über die Farbe Rot nachdenkt, stellt man fest, wie unterschiedlich die Assoziationen sind. Da ist Rot, die Farbe der Liebe. Rote Rosen, rote Lippen. Und dann ist da das rote Tuch der Torreros, dass die Stiere reizen soll, rot zu sehen - Rot als aggressive Farbe. Und tatsächlich passen all diese Assoziationen zum neuen Album von Echo Bloom. Zum Beispiel der Song "The Businessmann" klingt, als würde Kyle Evans wütend durch zusammengepresste Zähne singen.
Und auf der anderen Seite gibt es romantische Liebeslieder, mit gezupfter Gitarre und flüsternd gesungen. Oder wundervollen Harmoniegesang und Countrysound wie in dem Titel "Another Rose", eines der gelungensten Stücke des Albums.
"Der Gedanke hinter diesem Lied ist, dass Beziehungen enden, Herzen gebrochen werden, und wir oft dazu neigen, das als dramatischen Schicksalsschlag zu sehen. Aber ich beschreibe diese Situation lieber mit einer Garten-Metapher. Es wird in deinem Leben immer eine neue Blume geben, die blüht. Irgendwann werden Liebe und Freude wieder sprießen."
Auffällig an diesem Album ist die Stimme von Aviva Jaye, der weibliche Gesangsgegenpart zu Kyle Evans. Die beiden Stimmen passen einfach zusammen und ergänzen sich. Kyle Evans' Stimme, die rau und markant ist, und die von Aviva Jaye: klar und emotional.

Musik komponiert wie für ein Countrymusik-Lehrbuch, das alle Country-Facetten beleuchtet. Mal rockig, mal harmonisch, mal traditionell und dann modern. Die Unterschiede zum Vorgängeralbum "Blue" sind nicht gravierend. Kyle Evans erfindet Echo Bloom auf gar keinen Fall neu. Aber das ist auch gar nicht nötigt. Red ist ein abwechslungsreiches und beeindruckendes Country-Album inspiriert von Kyle Evans Zeit Berlin.
"Ich bin überzeugt davon, dass Geografie einen Einfluss hat auf das, was du tust. Das hört man bei den Songs durch, dagegen kann ich gar nichts machen. Als ich in Berlin lebte, hab ich den ganzen Tag lang geschrieben. Und wenn ein Problem auftauchte, über das ich mir erst Gedanken machen musste, dann bin ich mit dem Fahrrad durch die Stadt gefahren. Und irgendwann haben sich dabei die Probleme gelöst. Ich glaube, bei den Lösungen in den Liedern hört man Berlin."
Rot ist in vielerlei Hinsicht eine besondere Farbe. Viele Säugetiere können sie gar nicht wahrnehmen, wir Menschen reagieren sehr empfindlich darauf. Religion, Esoterik, Mode – überall spielt die Farbe rot eine besondere Rolle. Jetzt auch einmal mehr in der Musik.