Alan Posener über den Literaturnobelpreis

"Das Komitee hat keine Existenzberechtigung"

Alan Posener an einer Säule lehnend, aufgenommen am 14.10.2009 auf der 61. Frankfurter Buchmesse in Frankfurt am Main.
Alan Posener ist Autor und Kommentator für die "Welt"-Gruppe. © picture-alliance / dpa / Jörg Carstensen
Moderation: Miriam Rossius · 04.10.2018
Dass der Literaturnobelpreis in diesem Jahr nicht verliehen wird, ist nach Meinung des Journalisten Alan Posener kein Verlust. Der Preis werde nach undurchsichtigen Kriterien vergeben. Und dass ihn der US-Autor Philip Roth nie bekam, findet Posener unverzeihlich.
Wer sich wirklich für Literatur interessiere, sagt Posener, sei mit dem Man Booker Prize oder dem Deutschen Buchpreis viel besser bedient - "weil das wirklich Preise sind, die vergeben werden für Literatur, die Leute angeht". Der Nobelpreis hingehen unterliege oft genug "etwas obskuren politischen" Auswahlkriterien:
"Ich habe das Gefühl, die haben so eine Liste vor sich. Auf der einen Seite sind die Leute, die ihn eigentlich kriegen müssten, und auf der anderen Seite sind die Länder - Korea oder Malawi. Und so kommt es, dass der überragende Schriftsteller der letzten 20, 30 Jahre, Philip Roth, den Nobelpreis nie bekommen hat. Ich finde, ein Komitee, das es nicht über sich bringen kann zu sagen: 'Philip Roth kriegt den Nobelpreis', hat ehrlich gesagt keine Existenzberechtigung."
Der britische Schriftsteller Ian McEwan liest am 13.10.2013 in Köln auf der Lit.cologne Spezial in Köln.
Der britische Schriftsteller Ian McEwan. © imago/Horst Galuschka

Literaturnobelpreis für Ian McEwan?

Ausdrücklich kritisiert Posener, der für die "Welt"-Gruppe schreibt, auch den Nobelpreis für Bob Dylan von 2016. Das sei ein offenkundiger Versuch gewesen, sich "so ein bisschen wie die katholische Kirche" moderner zu machen: "Dabei ist Bob Dylan alles andere als modern." Für das kommende Jahr, in dem die Preise für 2018 und 2019 vergeben werden sollen, lautet Poseners Vorschlag: "Die können ja einen an einen Popstar vergeben und einen an einen Literaten aus Neuseeland."
Eigentlich wünsche er niemandem den Preis "an den Hals". Doch einer hätte ihn sicherlich verdient, findet der Journalist: Ian McEwan. Die Romane des englischen Schriftstellers seien stets am Puls der Zeit: "Es sind nicht immer literarische Meisterwerke, aber man erkennt unsere Zeit darin immer wieder. Und es ist auch jemand, der sich immer mit aktuellen Problemen herumschlägt - und das soll doch Literatur. Und dann auch noch unterhalten!" (bth)
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