Aktivistin Claudine Nierth

Politik mit mehr Kraft von der Basis

Claudine Nierth, Bundesvorstandssprecherin Mehr Demokratie
Alle fünf Jahre zu wählen, das sei ihr zu wenig, sagt Claudine Nierth. © imago/photothek
Moderation: Matthias Hanselmann |
"Politik wird besser, wenn die Menschen beteiligt sind", sagt Claudine Nierth. Sie fordert mit ihrem Verein "Mehr Demokratie e.V." bundesweite Volksentscheide. Das Chaos des Brexit ist für sie kein Grund, die Bürgerbeteiligung nicht zu wagen.
"Es war noch nie so leicht, die Welt zu verändern wie heute", sagt Claudine Nierth. Die Künstlerin und Politikaktivistin muss es wissen: Schon mehr als drei Jahrzehnte setzt sie sich für mehr Bürgerbeteiligung ein. Seit 1998 ist sie Sprecherin des Vereins "Mehr Demokratie e.V.", der in diesem Jahr 30 Jahre alt geworden ist und für Volksentscheide und direkte Bürgerbeteiligung auch auf Bundesebene wirbt. Noch seien sie mit ihrem Bestreben nicht am Ziel, aber "gefühlt haben wir die größere Wegstrecke hinter uns und die kürzere vor uns."

Grenzenloses Vertrauen ist die Basis

Claudine Nierth hat ein nahezu grenzenloses Vertrauen in die direkte Demokratie – und damit in die Bürger. "Jede gute Idee taucht bei einem Menschen auf und findet dann Mitstreiter." Aber dazu müsste diesen Ideen auch Gehör geschenkt werden. Den Grundstein für ihre Zuversicht, mit ihrem Engagement etwas erreichen zu können, sieht Claudine Nierth auch in ihrem Elternhaus. "Ich glaube, das Größte, was ich überhaupt von meinen Eltern mitbekommen habe, und auch durch meine Schulzeit, ist ein Selbstvertrauen. Das ist das Vertrauen, dass alle Fähigkeiten in mir liegen, um letztendlich die ganze Welt zu verändern."
In ihrem Vertrauen auf die Kraft von der Basis lässt sie sich auch nicht durch das Brexit-Chaos beirren. In Großbritannien sei das Instrument des Referendums schlicht falsch – nämlich von oben herab – eingesetzt: "Dass das in die Hose gehen musste, war klar."

Bundesverdienstkreuz für ihr Engagement

Hauptberuflich ist Claudine Nierth, die in diesem Jahr für ihr bürgerschaftliches Engagement das Bundesverdienstkreuz verliehen bekam, mit ihrem Angebot "Kunst der Begegnung" tätig. Sie begleitet soziale Prozesse in Unternehmen und Organisationen: Streitereien, Konkurrenz, Machtspiele – alles, was das Arbeiten und Zusammenleben schwerer macht. Ihre Überzeugung: Eine solche professionelle Begleitung hätte auch den holperigen Koalitionsverhandlungen nach der letzten Bundestagswahl gut getan.
"Genau das hat der Jamaika-Koalition gefehlt. Gute Moderatoren – einen männlichen und einen weiblichen – die darauf achten, dass der Prozess stimmt. Dass frische Luft da ist, dass keine Emotionen drin sind, dass keinem die Sicherung durchbrennt, und schon gar nicht einem einzelnen, und die Themen wirklich vorangebracht werden. Da darf die Politik gerne auf manches aus der Gesellschaft zurückgreifen."
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