Aktionstag Kultur in Thüringen

Von Blanka Weber |
Kein Prostest sollte es sein, doch ein deutliches Zeichen gegen Kulturabbau im Land. Die Häuser sehen ihre Existenz bedroht. Denn Ende 2012 läuft die vertraglich vereinbarte Finanzierung durch das Land aus. Angesichts fehlender Einnahmen in den Landes- und Stadtkassen keine rosigen Aussichten für ein Theater- und orchesterreiches Land. Der Deutsche Bühnenverein hatte deshalb zum Aktionstag geladen.
Rudolstadt am Vormittag, nasskaltes Wetter, keine große Bühne. Musiker und Schauspieler stehen vor dem Haus. Intendant Steffen Mensching:

"Liebe Freunde des Theaters und Orchesters Saalfeld – Rudolstadt ... wir haben uns hier versammelt aufgrund der Initiative des Deutschen Bühnenvereins ... um für den Erhalt der Kultur zu demonstrieren, Flagge zu zeigen."

Denn auch in der kleinen Residenzstadt ist das Theater bedroht. Wie soll es weitergehen, wenn sich das Land nicht imstande sieht, ab 2013 alle Theater zu finanzieren?

Musikder: "Ich bin seit 1981 hier, viele Jahre, ich bin gerne Musiker hier, bin von meinem Beruf begeistert. Uns bedrückt natürlich, dass unsere Existenz wieder in den Sternen steht, wir hoffen, dass unsere Plätze, auch die lange Tradition des Orchesters erhalten bleibt."

Er ist nicht der Einzige, auch junge Schauspieler haben hier mittlerweile ein Zuhause gefunden wie die 28-jährige Anne Kies:

"Ich bin jetzt hier seit zwei Jahren, hoffe, dass es weitergeht, ich bin relativ am Anfang, für einen jungen Menschen bedeutet es auch, weiterzugehen, aber jetzt bin ich hier und hoffe, dass die Arbeit noch weiter besteht."

Das hofft auch der 51-jährige Intendant. Er hat seinen Vertrag davon abhängig gemacht, dass Theater und Orchester Hand in Hand arbeiten und erhalten bleiben. Kooperationen mit anderen Häusern gerne, aber keine Zwangsehen oder Zerstückelungen wie in anderen Landesteilen geschehen:

"Wenn so ein Orchester wegfällt, reduziert sich nicht nur das Angebot an so einem Theater, es reduziert sich vieles andere auch. Die Musikschulen, die es in diesem Kreis hier noch gibt, haben weniger Möglichkeiten Lehrer anzubieten, wir könnten keine musikalische Früherziehung mehr machen usw. usf. Es würden keine Schlosskonzerte mehr stattfinden. Es ist eben so, dass nicht nur die Theater reduziert werden, wenn gespart wird, das hat Auswirkungen auf die Region bis hin zum Hotelwesen, zur Touristik, zur Gastronomie."

Vom Deutschen Bühnenverein war heute niemand da, wohl aber Kommunalpolitiker. Und Steffen Mensching, der Intendant des Hauses, weiß sie hinter sich. Denn als das Land – damals noch von Ministerpräsident Althaus regiert – seinem Haus kurzerhand 700.000 Euro gestrichen hatte, sprang die Kommune in die Bresche, sonst wären das Haus samt Orchester verloren.

Doch schon gilt es, die nächsten Hürden zu nehmen. Künftig werden die Kommunen nicht mehr so leicht helfen können. Der Intendant erwartet deshalb klare Zeichen vom Land:

"Ich glaube, dass es wichtig ist, Kultur für die kleinen Städte zu machen, was nicht unbedingt heißt Provinztheater."

Er zumindest und seine Mitstreiter bringen demnächst eine Schicksalssinfonie auf die Bühne. Der Titel könnte nicht besser sein:

"Das haben wir vor anderthalb Jahren entworfen, prophetisch, wir wussten, dass die Situation unseres Orchesters infrage gestellt sein wird, und haben die Situation eines Orchesters auf die Bühne zu bringen, da sitzen Schauspieler und ein Sinfonieorchester, die erzählen die Situation eines Orchesters, das in die Abwicklung zu geraten droht."

Ein Stück, so der Intendant, über die inneren Zerwürfnisse und die Frage, wozu man Theater braucht. Vor allem aber ein Spiegel des Miteinanders – auch auf der Bühne:

"Es ist ein Stück, dass die aktuelle Situation der Thüringer Sinfoniker beleuchtet, aber auch hineinleuchtet in so einen Kunstbetrieb, wie viel Egoismus ist da drin, wie viel Aufstand."

Aufstand will der für Kultur zuständige Landesminister Christoph Matschie möglichst vermeiden. Mehr für Kultur und Bildung zu tun – dafür bekam er seine Wählerstimmen vor einigen Monaten.

Christoph Matschie: "Ich möchte, dass wir nicht die Frage stellen, wie viel Kultur können wir uns leisten? Sondern das wir fragen: Welchen Beitrag kann die Kultur zur Entwicklung Thüringens leisten? So wird ein Schuh draus."

Ein Kulturforum soll in den nächsten Tagen Klarheit bringen. Breitenkultur oder Leuchttürme? Geld für alle? Oder "Aderlass" für die Kleinen?