Aktien im freien Fall

Von Günter Hetzke |
Eines ist gewiss: Die Aktienkurse werden wieder steigen. Das zeigt die Erfahrung: Ob nach 9/11, dem Angriff auf das World-Trade-Center, ob nach dem Platzen der Immobilienblase in den USA und dem darauf folgenden Banken-Zusammenbruch oder ob nach der Atomkatastrophe im japanischen Fukushima - nach einer Phase des Absturzes folgte immer wieder eine Kurserholung. Die Geldanlage in Aktien, sie gilt nicht umsonst als langfristige Form der Vermögensbildung.
Das ist der eine wesentliche Punkt, in dem sich diese Form der Geldanlage vom einjährigen Sparbrief oder einer dreijährigen Bundesanleihe unterscheidet. Das Geld hier ist sicher, muss aber immer wieder neu angelegt werden und wirft nicht sonderlich viel ab.

Der andere Unterscheidungspunkt ist, dass ein Kauf von Aktien immer etwas mit Spekulation zu tun hat. Die Rechnung kann aufgehen, muss aber nicht. Aktienkauf bedeutet Risiko, was all diejenigen bitter erfahren haben, die in diesen Tagen Aktien verkaufen mussten oder deren Sparprodukte auf Aktienbasis in dieser Woche fällig geworden sind.

Das ist eben die Kehrseite des Versuchs oder der Versuchung, seine Ersparnisse mit möglichst hoher Rendite zu vermehren. Jeder hat die Möglichkeit, dieser Verlockung zu widerstehen und kann sein Geld zum Beispiel auf einem Sparbuch deponieren. Nur sind die Zinsen eben nicht berauschend.

Aus diesem Grund werden auch in Zukunft Anleger dem Risiko nicht in großem Umfang abschwören und der Aktie den Rücken kehren, obwohl der kräftige und lang anhaltende Kurssturz allein in dieser Woche beängstigend war und ist. Denn in dieser Form fand er ohne wirklich ersichtlichen Grund statt. Kein Händler hat eine rundum überzeugende Erklärung, stattdessen wird von Herdentrieb und fremd bestimmenden Computersystemen gesprochen.

Das mag beunruhigen, weil erneut deutlich wurde, dass nicht nur Menschen Entscheidungen treffen, sondern auch Maschinen. Die Kombination zwischen Computerprogrammen, die bei bestimmten Werten automatisch Kauf- oder Verkaufsaufträge auslösen und in diesem Fall verunsicherten Händlern, die plötzlich die Welt nicht mehr verstehen und nur noch panisch reagieren, macht sicherlich nachdenklich. Nur: Dieses Zusammenspiel gibt es eben auch bei steigenden Kursen. Und da beschwert oder wundert sich keiner.

Der Computer ist nun mal wesentlicher Bestandteil des Aktienhandels. Denn er ist schnell und schnell können sich dadurch auch Fehlentwicklungen potenzieren. Programmiert aber wird er vom Menschen. Und der Mensch kann die Auswüchse auch wieder beheben und eingreifen, nach einer Phase der Analyse und Besinnung. Das mag ein paar Tage dauern. Das mag auch zu der Erkenntnis führen, dass die Konjunktur doch stärker lahmt als viele vermuten und die Finanzkrise Risiken birgt, die noch nicht überschaubar sind. Aber die Analyse wird auch Lichtblicke zeigen, Unternehmen mit Marktchancen, Branchen, in denen es sich lohnt zu investieren, in dem ihre Aktien gekauft werden. Mit der Folge: An der Börse geht es aufwärts. Die Kurse werden wieder steigen.