Airport-Streit beflügelt den Hessen-Wahlkampf

Von Anke Petermann |
Seit der Eröffnung der dritten Landebahn vor zwei Jahren demonstrieren jeden Montag Hunderte Menschen am Frankfurter Flughafen gegen die Erweiterung und die zunehmende Lärmbelastung. Kurz vor der Wahl kocht das Thema besonders hoch - doch die schwarz-gelbe Landesregierung bleibt unnachgiebig.
"Bouffier muss weg, der Lärm muss weg!"

2000 Menschen halten vor der Staatskanzlei Bouffier-Plakate hoch. Doch sie kommen nicht als Fans des hessischen Ministerpräsidenten. Auf den Plakaten wächst dem CDU-Politiker eine Pinocchio-Nase. Vor drei Jahren hat der Regierungschef seinen Amtseid auch auf die unantastbare Gesundheit der Hessen geschworen - und gebrochen, meinen die Demonstranten. Sie sehen sich als Stellvertreter für mindestens 100.000 Lärmgeplagte im Rhein-Main-Gebiet und fordern:

"Die Deckelung der Flugbewegungen auf 380.000 pro Jahr und ein richtiges Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr und zwar ein richtiges Nachtflugverbot ohne Ausnahmen."

Je nach Wetterlage donnern den Flughafen-Anrainern die Jets im Minutentakt dicht über die Dächer. Wie der jungen Flörsheimer Familie mit ihrer fünfjährigen Tochter. "Die neue Landebahn muss weg", fordern die Eckerts wie die meisten in der Bürgerbewegung gegen den Fluglärm.

"Ich denke, man muss das fordern, damit überhaupt etwas passiert", sagt Sandra Eckert und bricht in Tränen aus.

"Das ist so eine unbeschreiblich Belastung", erklärt ihr Mann.

"Man muss natürlich auch die Schließung der Landebahn fordern. Das beruht nur auf Lügen unserer Sicht", wie überhöhten Arbeitsplatzprognosen, unterschätzten Lärmpegeln und Luftverwirbelungen in Orkanstärke, die in Flörsheim Ziegel von den Dächern reißen. Kurz vor der Hessischen Landtagswahl bat das Bündnis von mehr als 60 Bürgerinitiativen die Parteien noch mal um eine Stellungnahme, erzählt Bündnis-Sprecher Thomas Scheffler: dass die Linkspartei und die Grünen der Anti-Lärm-Bewegung sehr nahe stehen, sei ja klar gewesen.

"Von der FDP wurde überhaupt nicht reagiert, auch das ist für uns natürlich ein Zeichen. Mit der CDU haben wir sehr lange und intensiv gesprochen. Uns wurde da ganz klar gesagt, keinen Millimeter weicht man dort von dem Ausbau ab. Wir sollen lernen, damit umzugehen. Ganz klare Aussage. Das ist natürlich für unsere Wahlentscheidung gerade richtig, dass wir das noch mal so klar gesagt bekommen. Aber die SPD hat uns etwas überrascht, wie weit sie sich unserer Positionen angenommen hat Das ist schon sehr erstaunlich."

Erst in den letzten Tagen vor der Wahl forderte SPD-Spitzenkandidat Thorsten Schäfer-Gümbel ein Moratorium für Terminal 3. Das finden manche wenig glaubwürdig. Im Frankfurter Süden hat die SPD dennoch Zulauf von Fluglärmbetroffenen. Denn dort setzte sich als Direktkandidat überraschend ein Ausbaugegner durch. Entgegen der Parteilinie fordert er ein verlängertes Nachtflugverbot und den Abriss der Bahn. Friedhilde Scholl bewegte das jüngst zum Eintritt in die SPD.

"Ich glaube, dass die SPD sich bewegen wird und sich bewegen muss. Es geht so net. Mir ist des egal, ob Rot-Grün die Landebahn nicht schließt oder Schwarz-Rot net schließt, des wird für mich nichts ändern, denn ich muss dann trotzdem wegziehen. Also das einzige, was zählt, ist, dass die Landebahn geschlossen wird."

Sandra und Tobias Eckert aus Flörsheim hoffen auf mehr Härte bei den Grünen. Die sagen offen, dass man die von ihnen bekämpfte, aber von der Vorgänger-Regierung Koch genehmigte Landebahn kaum wieder los wird. Sie fordern aber den Verzicht aufs dritte Terminal, das weitere 200.000 Flugbewegungen im Jahr bringen würde, hat der Flughafenbetreiber soeben den Bauantrag gestellt. Fraport-Chef Stefan Schulte:

"Das Terminal 3 ist ja integrativ mit der neuen Landebahn verbunden. Es ist im Planfeststellungsbeschluss verankert. Das Terminal 3 wird so gebaut, wie es immer geplant war. Wir werden das Terminal 3 brauchen bei den Wachstumsraten, die derzeit erwartet werden, etwa im Jahr 2020, 21, 22."

Der Ausbau muss vorangehen, dabei bleibt die schwarz-gelbe Koalition. Weil das Land Hessen größter Anteilseigner ist, würde ein Machtwechsel die Unternehmenspolitik des Flughafens ändern - darauf baut das Bündnis der Bürgerinitiativen.
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