Ai Weiwei im Museumsshop

Selbstporträt als Gliederpuppe im Mao-Anzug

Der chinesische Künstler Ai Weiwei - als bewegliche Gliederpuppe im blauen Mao-Anzug
Holzfigur mit dem Antlitz des chinesischen Künstlers Ai Weiwei © Deutschlandradio / Friedbert Meurer
Von Friedbert Meurer  · 15.08.2017
"Alles ist Kunst, alles ist Politik", steht auf dem Sockel des Mini-Ai Weiwei aus Holz, den der chinesische Künstler für den Museumsshop der Londoner Künstlergalerie Royal Academy entworfen hat. Er trägt einen Mao-Anzug und kann die Arme nach oben strecken. "Fuck off" steht passend dazu auf einem Notizbuch - auf Englisch und Chinesisch.
Der Piccadilly im Londoner Westen – schnurgerade führt die Prachtmeile vom Hyde Park Corner Richtung Piccadilly Circus. Auf gut halber Höhe links ist die Royal Academy in einem prachtvollen Gebäude untergebracht, dem Burlington House, einem Stadtpalast aus dem 17. Jahrhundert. Über den Innenhof geht es zum Eingang, und dahinter direkt rechts die Treppe hoch zum Gift Shop der Royal Academy. Als erstes fällt auf, wie farbenfroh der Geschenkeladen ausfällt. Ella Riley arbeitet seit 20 Jahren für die Royal Academy und leitet den Einkauf für den Museumsshop.
"Wir sind eine einzigartige Galerie, die von Künstlern selbst betrieben wird. Sie sind die Mitglieder, die Royal Academicians. Wir arbeiten mit den Künstlern sehr eng zusammen. Sie geben ihre Produkte bei uns für den Shop in Kommission und dadurch haben wir einen sehr unterschiedlichen Stil."
80 Mitglieder hat die Royal Academy, ein Who‘s Who der internationalen Kunst. Nur ihre Werke oder die von Künstlern, deren Werke in der Royal Academy einer Ausstellung würdig sind, werden im Museumsshop angeboten. Ella Riley erzählt, dass ihre Arbeit sehr anspruchsvoll sei, die Künstler sind nicht immer einfach. Gleich rechts befindet sich der Bereich von Ai Weiwei. Vor zwei Jahren erlebte ich den chinesischen Künstler aus der Nähe. Er hatte gerade die Ausreiseerlaubnis erhalten und die Royal Academy zeigte seine Werke.

"Das mit Ai Weiwei war eine großartige Sache"

"Die Akademie hat gerade eine Renovierung dieser wunderbaren Architektur hinter sich gebracht", staunte Ai Weiwei damals. "Mit dem mechanischen Lift kann man gewaltige Kunstobjekte hineinheben. Es ist wie Zauberei."
Der chinesische Künstler Ai Weiwei, aufgenommen am 06.08.2015 in seinem Atelier im Prenzlauer Berg in Berlin.
Der chinesische Aktionskünstler Ai Weiwei plant neue Kunstaktion in New York© Michael Kappeler/dpa
Ai Weiweis Objekte sind riesig und tonnenschwer. Vielleicht habe ich deswegen Gefallen an einem sehr kleinen Souvenir gefunden: an einer kleinen, beweglichen Gliederpuppe aus Holz. Sie ist genau vierzehn Zentimeter hoch und steht seit zwei Jahren auf meinem Schreibtisch im Büro. Die Figur ist ganz offensichtlich Ai Weiwei selbst, im blauen Mao-Anzug. Man kann seine Arme nach oben strecken oder den Körper nach links und rechts biegen. Unten auf dem Mini-Podest steht auf englisch: "Alles ist Kunst, alles ist Politik."
"Das mit Ai Weiwei war eine großartige Sache", erinnert sich auch Ella Riley, die mit ihm per E-Mail besprach, was im Geschenkeladen auftauchen sollte.
"Leider wurde er ja in China lange festgehalten. Er hatte ganz fantastische Ideen, inclusive des Pop-up-Holzspielzeugs. Die Zusammenarbeit mit ihm war wirklich ein Erfolg."

Die Royal Academy hat auch deutlich teureres von Ai Weiwei

Mein Holzspielzeug mit den Gesichtszügen von Ai Weiwei hat 2016 eine Design-Auszeichnung erhalten. Es kostet nur sechs Pfund, also etwa sieben Euro. Der Souvenirladen der Royal Academy hat auch teureres von Ai Weiwei im Online-Angebot: Blumenfiguren aus Porzellan zum schicken Preis von 14.000 Pfund, etwa 16.000 Euro.
"Es gibt einen Markt für Kunst in begrenzter Stückzahl. Wir haben Kunden, die etwas Einzigartiges kaufen wollen. Sie können sich das leisten, solche Kunstgegenstände zu sammeln."
Zur Ai Weiwei-Holzfigur gäbe es auch noch passend ein vergleichsweise preiswertes schwarzes Notizbuch für 18 Pfund. Auf dem Umschlag steht "Fuck off", auf Englisch und Chinesisch. Damit es die Zensur in China auch versteht, denn: alles ist Kunst und alles ist Politik.

Hören Sie in dieser Woche täglich in der Sendung "Fazit", ab 23:05 Uhr die Geschichten um weitere Fundstücke in unserer Serie "Universum des skurrilen Geschmacks – Ultimative Objekte im Museums-Shop".

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