Aggression im öffentlichen Raum

Plötzlich Opfer, was tun bei Gewalt?

05:11 Minuten
Eine U-Bahn fährt in den U-Bahnhof ein, die Szenerie spiegelt sich in einer Glasscheibe.
Immer wieder Schauplatz von Gewalt und Aggression: Die Berliner U-Bahn. © picture alliance / dpa / Christoph Soeder
Michael Müller im Gespräch mit Liane von Billerbeck · 27.02.2020
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Raus aus der Situation, auf keinen Fall zurückpöbeln: Wer von Fremden auf der Straße oder in der Bahn attackiert wird, ist auf Helfer angewiesen und sollte diese – wenn möglich – direkt ansprechen, rät Michael Müller von der Berliner Polizei.
Folgende Situation: Sie fahren Bahn. Jemand pöbelt Sie an. Die Person lässt nicht von Ihnen ab. Sie bekommen es mit der Angst zu tun. Eine solche Situation ist nicht nur unangenehm, sie kann noch weiter eskalieren. Wie soll man reagieren?
"Wenn sich mein Bauchgefühl regt und sagt 'Hier ist eine Situation gefährlich', dann sollte ich ganz früh handeln", rät Michael Müller, Kriminalbeamter von der Zentralstelle für Prävention der Polizei Berlin. Er vermittelt in Seminaren und Beratungsveranstaltungen den Umgang mit Aggression und Gewalt im öffentlichen Raum.

In Gewaltsituationen eine "Rettungsinsel" aufsuchen

"Lassen Sie mich in Ruhe, ich möchte mich nicht unterhalten" – ein solcher Satz sei eine angemessene Reaktion. Wann immer möglich, sollte die bedrohte Person allerdings versuchen, die Situation zu verlassen – "eine Rettungsinsel aufsuchen", wie es im gewaltpräventiven Bereich heiße. Das könne ein Restaurant sein oder ein Kiosk.
Auf keinen Fall sollte man zurückschimpfen, sagt Müller, "weil das ist dann leider so, dass der Täter sich dadurch die Rechtfertigung ableitet, selber weiter gewalttätig zu werden, und das möchten wir auf jeden Fall verhindern".
Wer Opfer von Gewalt werde und dabei zum Beispiel eingekesselt werde, könne andere Leute direkt ansprechen – "Sie dort mit dem blauen Hemd!" –, dadurch erzeuge das Opfer Verantwortungsbewusstsein bei der angesprochenen Person. "Rufen Sie die Polizei!" oder "Ziehen Sie die Notbremse!" – auch das könnten entsprechende Botschaften an die Umgebung sein, sagt Müller.

Den sogenannten "Opfer-Klau" durchführen

Unbeteiligte könnten dann untereinander Blickkontakt aufnehmen und sich ansprechen – "da passiert was, da müssen wir unbedingt helfen". Die Umgebung könne dann den "sogenannten Opfer-Klau" durchzuführen.
"Und dann geht man als Helferteam in die Situation, hält vielleicht die ausgestreckte Hand hin, sagt: 'Kommen Sie doch mit zu uns, hier sind Sie in Sicherheit, wir können den Waggon wechseln', und dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass dann auch das Opfer darauf reagiert und mit mir mitkommt."
(huc)

Handlungstipps von Experten gegen die Verunsicherung: In unserer Reihe "Rassismus und Gewalt" gehen wir den Fragen nach, wie wir auf Rassismus, Sexismus und Antisemitismus im Alltag reagieren können.

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