Afrikanische Schweinepest

"Massentierhaltung erhöht das Risiko"

Frisch geräucherte Würste hängen in einer Fleischerei.
Nicht nur durch Wildschweine, sondern auch durch infizierte Wurstwaren könnte die Seuche nach Deutschland eingeführt werden, sagt die Grünen-Politikerin Miriam Staudte. © dpa/picture alliance/Stefan Sauer
Von Dietrich Mohaupt · 12.01.2018
Dass die sogenannte Afrikanische Schweinepest von deutschen Schweineställen kaum noch fernzuhalten ist, davon geht man in Niedersachsen aus. Im Zentrum der deutschen Fleischindustrie will man aufklären: nicht nur Jäger, sondern auch LKW-Fahrer und Touristen.
Sie wolle ja nichts dramatisieren, betont Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast, aber:
"Irgendwann wird sie kommen, aber es weiß keiner wann. Das ist das Problem, wir wissen nicht wann und wir wissen nicht wo – aber dass sie kommen wird, davon gehen wir heute ernsthafterweise aus."
Mit "sie" meint die CDU-Ministerin die Afrikanische Schweinepest. Die für Wild- und Hausschweine meist innerhalb weniger Tage tödlich endende Infektion ist offenbar von den deutschen Schweineställen kaum noch fernzuhalten. Einzelne Bundesländer reagieren inzwischen mit verstärkten Präventionsmaßnahmen, Werner Schwarz, Vize-Präsident des Deutschen Bauernverbandes, hat im Interview mit dem Deutschlandfunk eine Abschussrate von 70 Prozent des aktuellen Wildschweinbestands in Deutschland gefordert. Über ähnliche Zahlen spricht das Agrarministerium in Niedersachsen offenbar derzeit ganz konkret mit der Landes-Jägerschaft und dem Bauernverband. Man wolle 50 Euro für jedes Wildschwein zahlen, das über die üblichen Abschusszahlen hinaus geschossen wird, kündigte Ministerin Otte-Kinast an.
"Wir werden eine Durchschnittsbejagung der letzten Jahre nehmen und gucken, was wird on top an Schwarzwild erlegt. Wir werden die Hundeführer unterstützen mit 25 Euro pro Hund. Zu jeder Drückjagd gehören Hunde, Hundemeute – also pro Hund 25 Euro."

Verendete Wildschweine sicher entsorgen

Um im Fall eines Ausbruchs der Seuche in Deutschland vorbereitet zu sein, will die Landesregierung fünf Spezialcontainer und entsprechendes Bergematerial anschaffen, um verendete Wildschweine sicher entsorgen zu können. Insgesamt will das Land dreieinhalb Millionen Euro für Präventionsmaßnahmen bereitstellen – u.a. soll davon für einen Zeitraum von vier Jahren ein Berufsjäger eingestellt werden, der Jäger zum Beispiel im Umgang mit Wildschweinfallen schulen soll. Gleichzeitig weist die Landesregierung aber auch auf die Ausbreitung der Krankheitserreger zum Beispiel über achtlos weggeworfene Speisereste hin. Vor allem über die Autobahn A2 könne das Virus in Lebensmitteln aus den Seuchengebieten in Osteuropa eingeschleppt werden. Touristen und LKW-Fahrer müssten deshalb über die Risiken umfassend aufgeklärt werden, fordert die Ministerin. Und:
"Wir stehen vor der Spargelsaison. Es gibt viele Mitarbeiter aus östlichen Ländern und wir müssen Betriebsleiter aufmerksam darauf machen: Sprecht mit euren Leuten, um eben diese Gefahr allen deutlich vor Augen zu führen!"

Jagdtrophäen sind eine große Gefahr

Der agrarpolitischen Sprecherin der Grünen im niedersächsischen Landtag, Miriam Staudte, reicht das nicht. Von den dreieinhalb Millionen Euro für Prävention werde der größte Teil für die Bejagung der Wildschweine bereitgestellt – eine sehr einseitige Sichtweise, kritisiert sie:
"Die Wildschweine sind diejenigen, die das hier angeblich einschleppen werden – dabei sagen die Forschungsinstitute ganz klar, die Übertragung durch den Menschen, der eben infizierte Wurstwaren mit einführt oder der Jagdtrophäen aus dem Ausland mitbringt etc., das ist eine ganz große Gefahr!"
An der Afrikanischen Schweinepest zeige sich außerdem wieder einmal, dass die Massentierhaltung grundsätzlich problematisch sei, so Miriam Staudte weiter.
"Wir wissen ja nicht, ob die jetzt heute, morgen oder erst in fünf Jahren hier ausbricht, aber wenn wir in den nächsten fünf Jahren noch ordentlich Ställe dazu bauen, große Ställe, wo dann immer gleich tausend Tiere gekeult werden müssen, wenn eins erkrankt, dann ist das natürlich eine Politik, die genau in die falsche Richtung geht, die das Risiko letztendlich erhöht!"
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