Ellen Banda-Aaku: Patchwork
Aus dem Englischen von Indra Wussow
Afrika Wunderhorn 2014
215 Seiten, 24,80 Euro
Drei Frauengenerationen in Sambia
Lügen, Eifersucht, Gewalt: Durch die Perspektive ihrer Protagonistin beschreibt Ellen Banda-Aaku in diesem Roman die Geschlechterrollen im nachkolonialen Sambia.
Wenn du denselben Fehler wiederholst und immer wieder versuchst, ihn auszubessern, ergibt sich ein "chaotisches Patchwork". So erklärt die Hausangestellte Sissi der neunjährigen Pumpkin die Welt. Pumpkin ist die Protagonistin in Ellen Banda-Aakus Debüt mit dem Titel "Patchwork".
Der erste Teil des Romans spielt 1978 in Sambia. Pumpkin hat ihren Spitznamen bekommen, weil ihre Mutter während der Schwangerschaft gar nicht genug Kürbis essen konnte. Totela war 18 bei Pumpkins Geburt und noch Studentin. Ihr Vater, Tata genannt, ist mit Mama T verheiratet und hat mit ihr fünf Söhne. Er hat zwar seine Tochter anerkannt und unterstützt Totela finanziell, will aber sonst nichts von ihr wissen.
Die Verletzungen der Kindheit
Totela ertränkt ihren Kummer im Alkohol. Pumpkin versucht dies zu vertuschen, genauso wie die Abwesenheit ihres Vaters. Neugierige Fragen der Nachbarskinder beantwortet Pumpkin mit Prügeleien, Enttäuschung und Wut über das Verhalten ihres Vaters verschließt sie in ihrem Inneren. Als Totela bei einem Besuch Tatas total betrunken ist, nimmt er seine Tochter mit auf seine Farm. Mama T verbirgt ihre Ablehnung der Stieftochter gegenüber hinter frommem Gehabe. Doch während der häufigen Abwesenheit ihres Mannes, die nicht nur seiner vielen Arbeit geschuldet ist, zeigt sie sie unverhohlen. Erst als Erwachsene begreift Pumpkin, dass Mama T ihre Enttäuschung über die vielen Affären Tatas auf sie übertragen hat.
Der zweite Teil spielt 22 Jahre später. Pumpkin hat im Ausland studiert, ist Architektin, inzwischen verheiratet und hat zwei Kinder. Als sie beobachtet, wie ein junges Mädchen aus dem Auto ihres Ehemannes aussteigt, sieht sie rot. Sie glaubt, dass ihr Ehemann in die Fußstapfen Tatas als "Sugar Daddy" tritt und beginnt eine Prügelei mit dem Mädchen. Zu tief sitzen die Verletzungen ihrer Kindheit und die hasserfüllten Worte ihrer Großmutter, dass ihr Vater "schlechten Samen" gesät habe. Da weder die Großmutter noch Totela geklärt haben, was Tatas Verhalten für sie bedeutet, trägt Pumpkin die Geschichte von Lügen und Eifersucht weiter.
Ellen Banda-Aaku klagt die Promiskuität vieler Männer an
Ellen Banda-Aaku beschreibt aus der Perspektive Pumpkins die Geschlechterrollen im nachkolonialen Sambia mit ihren Verhärtungen und Verkrustungen. Dabei merkt man der Autorin an, dass sie bisher Kinderbücher geschrieben hat. Sie trifft den Ton der neunjährigen Pumpkin sehr genau, aber auch den der Erwachsenen. Viele gelungene Dialoge treiben die Handlung voran. Die Protagonistin wird in all ihren Widersprüchen gezeichnet, nicht immer sympathisch.
Ellen Banda-Aaku klagt die Promiskuität vieler Männer an, zeigt aber auch, dass es Frauen oft nicht gelingt, sich diesem Verhalten der Männer zu widersetzen. Dabei beschreibt sie prägnant und einfühlsam die daraus entstehenden Verletzungen, die wiederum zu unterdrückter oder offener Wut führen und die Spirale der Gewalt fortsetzen. Daneben zeichnet sie ein sehr lebendiges und präzises Alltagsbild ihrer Figuren, die in unterschiedlichen sozialen Bedingungen leben und nicht zuletzt auch von der politischen Situation Sambias Ende des letzten Jahrhunderts.
Ellen Banda-Aaku, die heute in London lebt, ist damit ein eindrucksvoller Roman über das Schicksal dreier Frauengenerationen in Sambia gelungen, für den sie 2010 den "Penguin Prize for African Writing" erhielt.