AfD-Parteitag in Bremen

Lucke gewinnt knapp seine Machtprobe

Bernd Lucke kniet an der Bühnenkante beim Parteitag, im Hintergrund eine Leinwand.
AfD-Parteigründer Bernd Lucke muss sich auch nach dem Parteitag noch Kritik anhören. © dpa / Ingo Wagner
Von Thielko Grieß · 01.02.2015
Die Alternative für Deutschland hat sich in Bremen zusammengerauft - jedenfalls vorerst. Am Ende ihres Parteitags steht die Entscheidung, bald nur noch einen statt drei Vorsitzende zu haben. Aber der monatelange Kampf hat Wunden gerissen.
Es gibt Groll, der über Nacht verraucht. Und es gibt Groll, der auch am nächsten Tag noch qualmt. Frauke Petry ist auch heute Vormittag anzuhören, wie sie sich über ihren Co-Parteichef Bernd Lucke weiter ärgert:
"Er hat nicht nur mich vors Schienbein getreten, er hat dem ganzen Vorstand und der Geschäftsstelle vors Schienbein getreten!"
Seinen Tritt hatte Bernd Lucke in seiner Rede am Tag zuvor so formuliert:
"Mit einem Wort, meine Damen und Herren, was wir gemacht haben im Bundesvorstand, das war stümperhaft."
Das Dreierteam aus ihm, Lucke, Petry und Konrad Adam reibe sich auf - und nun brauche die AfD dringend professionellere Strukturen, wie er meint, darunter eine straffere Führung, einen Generalsekretär und einen Konvent, der Parteientscheidungen beschleunigt:
"Wir sind eine Partei, die das Motto 'Mut zur Wahrheit' hat. Und diese Wahrheit habe ich ausgesprochen."
Petry: "So etwas macht man nicht. Ich bin selbst Geschäftsführerin eines Unternehmens, und man weiß, dass man sich in der Öffentlichkeit immer vor seine eigene Mannschaft zu stellen hat."
Emotionale und harte Debatten
Diese beiden, Frauke Petry und Bernd Lucke, sind nun aber zusammengespannt worden. Denn der Parteitag hat die neue Satzung zwar knapp, aber doch mit etwas mehr als den notwendigen zwei Dritteln der Stimmen beschlossen. Die Einer-Führung kommt, und in einer Übergangsphase von April bis voraussichtlich November will sich die AfD zunächst von einem Zweierteam führen lassen.
"Und dann werden wir die Interimsphase als Zweierteam führen und die Partei hoffentlich dazu bringen, dass sie zusammenbleibt und dass wir es schaffen, die verschiedenen inhaltlichen und strukturellen Differenzen nicht nur zu überbrücken, sondern auch tatsächlich zu einen."
Das wird notwendig sein - denn die teils emotionalen und harten Debatten dieses Parteitags haben gezeigt: Es gibt Strömungen, deren Mitglieder neben dem Parteibuch wenig eint. Wirtschaftsliberale, darunter etliche Unternehmer, hoffen auf eine Plattform, die sie bei Union und FDP vermissen. Sie dürfen auf Unterstützung durch Lucke hoffen. Und unter dem Begriff "nationalkonservativ" versammeln sich all jene Mitglieder, denen eine eng begrenzte Zuwanderung, Bekämpfung von Kriminalität und gestärkte Familien mit Kindern am Herzen liegen. Ihre Protagonisten kommen zum Beispiel aus Sachsen oder Brandenburg.
"Die Partei hat nun einmal mehrere Flügel, und diese Flügel müssen jetzt in einer Person integriert werden. Das ist nicht ganz einfach", schaut Alexander Gauland auf die nächsten Monate voraus, in denen die Partei ihr Programm erarbeiten will. Gauland ist Vertreter des nationalkonservativen Spektrums, war ursprünglich gegen die Verengung des Bundesvorstands, hat nun aber nach eigenen Worten aus Gründen der Parteiräson für den Kompromiss gestimmt. Er kündigt an: Die AfD wird nicht zu ihren Anfängen zurückkehren, als die vor allem von Bernd Lucke formulierte Kritik an EU und Euro ihr wesentliches Kennzeichen war.
Parteitag mit Richtungsentscheidung
"Dass er den Versuch unternimmt, die Eurokrise wieder in den Mittelpunkt zu stellen, ist sein gutes Recht und wird von uns auch unterstützt, aber die anderen Themen bleiben - und wir werden sie auch weiter vortragen", sagt Gauland. Antwort Lucke:
"Das ist ein Spannungsverhältnis, das man in einer demokratischen Partei einfach haben muss. Also ich will das haben. Und jedes Mitglied, insbesondere des Bundesvorstands, ist völlig frei, seine Meinung zu sagen. So wie Herr Gauland das als stellvertretendes Mitglied bislang auch getan hat."
Der Parteitag in Bremen bleibt für die AfD als Richtungsentscheidung in Erinnerung, bei dem manch ein Parteimitglied Bernd Luckes Reform nur zögerlich und ein Drittel gar nicht gefolgt ist. Bernd Lucke hat die Machtprobe gewonnen - aber die nächsten folgen. Und er wird den Groll Frauke Petrys noch eine Weile spüren:
"Oh, wir sprechen uns ständig aus... (lacht) Nein, die Argumente sind ausgetauscht. Wir werden an einigen Stellen unsere inhaltlichen Differenzen behalten. Aber am Ende kommt's darauf an, dass man sich hinter einem Kompromiss versammelt, der demokratisch abgestimmt wurde."
Die Auseinandersetzungen über die programmatische Ausrichtung, die Fragen, welche Inhalte künftig auf den Fahnen der AfD stehen, werden folgen.
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