AfD in Sachsen-Anhalt sucht Mitarbeiter

Rechtspopulistische Jobmaschine?

Von Christoph Richter · 07.04.2016
Mit 24,2 Prozent wurde die AfD im Landtag von Sachsen-Anhalt zweitstärkste Kraft. Jetzt sucht die Fraktion dringend Mitarbeiter, von 25 bis 30 Jobs ist die Rede. Dass ein Mitarbeiter an fremdenfeindlichen Krawallen beteiligt war, stört die Partei aber nicht.
Vakante Posten bei der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland. Es geht um allein 25 bis 30 Jobs, die bei der Magdeburger AfD-Landtagsfraktion zu vergeben sind.
"Also wir haben das große Glück, da freuen wir uns auch sehr darüber, dass wir mittlerweile 100 Bewerbungen haben. 90 waren es vor ein paar Tagen, jetzt sind einige dazu gekommen. Das heißt wir haben eine schöne Resonanz."
Derzeit laufen die Vorstellungsgespräche, sagte Sachsen-Anhalts AfD-Fraktions- und Parteichef André Poggenburg am Rande einer Fraktionssitzung im Magdeburger Landtag.

AfD tut sich mit kritischen Rückfragen schwer

Schriftliche bzw. telefonische Anfragen, um im direkten Gespräch mehr über die Bewerbungen zu erfahren, beantwortet die AfD nur widerwillig. Beispielsweise, ob man bei der Suche nach Mitarbeitern Hilfe von der österreichischen rechtsnationalen FPÖ bekommt, mit der Sachsen-Anhalts AfD-Chef Poggenburg seit Kurzem den Schulterschluss sucht.
Bewerber extremistischer Parteien oder Organisationen würden nicht aufgenommen, heißt es. Doch wenn es konkret wird, erfährt man wenig. Beispielsweise, dass einer der Täter der sogenannten Himmelfahrtskrawalle – sie gelten als eine der schlimmsten fremdenfeindlichen Übergriffe der 1990er-Jahre in Ostdeutschland – AfD-Mitarbeiter im Magdeburger Landtag werden soll.

"Werden 25 und 30 Mitarbeiter für die Fraktion haben"

Zur Erinnerung: Erst kürzlich war die saarländische, aber auch die rheinland-pfälzische AfD in den Verdacht geraten, Kontakte zu Rechtsextremen zu unterhalten.
"Wir denken doch, dass wir eine Rumpfmannschaft von fünf bis zehn Leuten sehr schnell bräuchten, auch ein Presseteam – ist ja auch sehr wichtig. Letztendlich kann man sagen, wenn man die persönlichen Referenten noch hinzunimmt, die wir später brauchen, dass wir wirklich auch so zwischen 25 und 30 Mitarbeiter für die Fraktion haben werden. Da sind noch nicht die Wahlkreismitarbeiter mitgerechnet, die es ja auch noch gibt in den Wahlkreisen, die sind damit nicht gemeint."
Zum Vergleich: Die CDU hatte in der abgelaufenen Legislaturperiode 42 Abgeordnete und 17 Mitarbeiter. Die AfD hat jetzt 25 gewählte Fraktionsmitglieder und benötigt etwa 30 Mitarbeiter, also fast das Doppelte der CDU-Fraktion.
"Da frage ich mich, was sollen die alle tun…"
…sagt Sachsen-Anhalts CDU-Landeschef Thomas Webel.
"Wir haben aber schon gemerkt, dass die AfD, die den Altparteien immer Verschwendung vorgeworfen hat, mit fünf Stellvertretern sehr großzügig ist. Wir, die größte Fraktion im Landtag, haben zwei Stellvertreter…"
…das werde teuer, schätzen Insider, die nicht genannt werden wollen.
Konkrete Zahlen gibt es bisher keine. Als Vergleich kann man lediglich Sachsen heranziehen. Dort sitzen 14 AfD-Abgeordnete im Landtag, die nach Angaben des Pressesprechers monatlich knapp 139.000 Euro kosten. Weshalb man davon ausgehen könne, dass Sachsen-Anhalts AfD – die im Magdeburger Landtag mit 25 Abgeordneten plus eben jene 30 Mitarbeiter vertreten ist - den Steuerzahler künftig im Monat etwa 260- bis 280.000 Euro kosten werde.

"Arbeit ist das eine, politische Sichtweise das andere"

Ortswechsel. Jobagentur in der Magdeburger Otto-von-Guericke-Straße in der Nähe des Hauptbahnhofs. Der Warteraum ist voll, selbst vor den Türen stehen Menschen die Arbeit suchen. Eine Anstellung bei der AfD? Die Reaktionen sind unterschiedlich:
Mann: "Ich finde das interessant, werde auf alle Fälle die Möglichkeit nutzen. Arbeit ist das eine, politische Sichtweise ist das andere."
Frau: "Im Leben nicht, weil es einfach mit Rechtsradikalismus in Zusammenhang gebracht wird."
Frau: "Wenn das andere Parteien auch machen und das in der Demokratie so funktioniert…"
…dann könne man sich da ohne weiteres bewerben, sagt eine Frau mittleren Alters in Lederhosen und Fransenjacke.
Etwas anders sieht das die Magdeburger Persönlichkeitstrainerin Petra Wilke. Eine burschikose Frau, Mitte 50. Seit Anfang der 2000er-Jahre ist sie als selbständiger Berufscoach im Einsatz. Ihr Ziel ist es Menschen, die in einer beruflichen Sackgasse gelandet oder arbeitslos geworden sind, wieder eine Perspektive zu geben.

"Bewerber sollten auf Kopf, Bauch und Herz hören"

Die AfD könne durchaus ein realistischer Arbeitgeber sein, sagt Wilke, warnt im gleichen Atemzug aber vor den Risiken. Mahnt zur Vorsicht:
"Wirklich mit sich selber abgleichen. Passt das zu mir? Was sagt mein Bauch, was sagt mein Herz dazu, manchmal ist der Kopf eher störend. Gerade bei solchen Entscheidungen. Weil, die ganze Person ist daran beteiligt. Und auch das private, das persönliche Umfeld, das darf man dabei nicht vergessen. Und auf diese Risiken, die auch eine Chance sind, mache ich aufmerksam. Entscheiden muss der Klient dann selber."
Doch nicht nur Mitarbeiter fehlen der AfD, auch die Räumlichkeiten im Landtag sind noch ungeklärt. Also in welchen Fluren, in welcher Nachbarschaft sie Räume bekommen.
"Ich appelliere auch da nochmal ganz deutlich an die ansässigen Parteien, uns den Platz zu ermöglichen. "
Ein weiteres Thema ist das Gerangel um den Vize-Landtagspräsident. Ein Posten, der laut Geschäftsordnung der AfD als zweitstärkste Fraktion zustehen würde. Doch die Linkspartei hat vorab schon mal angekündigt, dass sie gegen den AfD-Kandidaten stimmen werde. Mit dem Verweis darauf, dass es keinen Zwang gebe, die AfD zu wählen.
Deutlich wird damit: Der Ton im Magdeburger Landtag, der sich am kommenden Dienstag zu seiner konstituierenden Sitzung trifft, er wird künftig rauer und lauter.
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