AfD im Brandenburger Landtag

Der neue Fraktionschef ist genauso rechts wie der alte

04:59 Minuten
Hans-Christoph Berndt
Hans-Christoph Berndt wird vom Verfassungsschutz als Rechtsextremist geführt und beobachtet © picture alliance / Soeren Stache
Christoph Richter im Gespräch mit André Hatting · 27.10.2020
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Nach dem Rauswurf von Andreas Kalbitz aus der Partei musste die AfD im Brandenburger Landtag eine neue Fraktionsspitze suchen. Mit Hans-Christoph Berndt hat sie jemanden gefunden, der den Kurs seines Vorgängers weiter vorantreiben wird.
Die AfD-Fraktion ist die zweitgrößte im Potsdamer Landtag. Heute hat sie den Nachfolger von Andreas Kalbitz gewählt, nachdem dieser aus der Partei geflogen und von seinem Amt als Vorsitzender zurückgetreten war. André Hatting hat mit unserem Landeskorrespondenten Christoph Richter über die Wahl gesprochen.
André Hatting: Wer hat das Rennen gemacht?
Christoph Richter: Gewonnen hat Hans-Christoph Berndt, jedoch nicht einstimmig. Es gab meines Erachtens drei Wahlgänge. So richtig wollten die Abgeordneten auf der Pressekonferenz keine Auskunft dazu geben. Aber unseren Informationen zufolge haben elf für Hans-Christoph Berndt gestimmt und sieben für Dennis Hohloch.

"Demagoge" und "Scharfmacher"

Hatting: Hans-Christoph Berndt ist ein Name, den man außerhalb von Brandenburg nicht wirklich kennt. Was kann man über den neuen Fraktionschef sagen?
Richter: Berndt gilt als so etwas wie der Intellektuelle in der Fraktion. Andere nennen ihn auch schon "Demagoge" oder "Scharfmacher". Der 64-Jährige hat in der Pressekonferenz deutlich gemacht, dass er ein strikter Gegner der Corona-Schutzmaßnahmen ist.
Er wetterte lautstark gegen die Maske, nennt sie ein Symbol der Unterdrückung. Er ist ein Vertreter des völkischen, mittlerweile aufgelösten Flügels, auch wenn er die Erfurter Erklärung nie unterschrieben hat.
Zusätzlich ist Berndt Organisator der Anti-Corona-Demos in Cottbus. Dort sammeln sich auch Neonazis, Anhänger der Rechtsrock- und Kampfportszene.
Er war mehrfach Redner auf Pegida-Demonstrationen in Dresden. Er ist ein Netzwerker mit Verbindungen zu den Neuen Rechten wie "Ein Prozent", dem "Institut für Staatspolitik" und "Compact" von Jürgen Elsässer – allesamt Institutionen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Auch Berndt selbst wird beim Verfassungsschutz als erwiesener Rechtsextremist geführt.
Hans-Christoph Berndt ist außerdem der Vorsitzende des Vereins "Zukunft Heimat" – eine Brandenburger Vereinigung, die mit sehr flüchtlingsfeindlichen Demonstrationen erstmals 2015 aufgetreten ist und durch ihre harschen Reden bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hat.
Nach dem Ärger um den Ex-Fraktionsvorsitzenden Andreas Kalbitz ist also in Brandenburg immer noch kein Kurswechsel in Sicht. Berndt sieht die AfD als Fundamental-Opposition, und er geht nicht in Richtung Mitte, also in Richtung eines wirtschaftsliberalen Kurses, wie er vielleicht in Baden-Württemberg oder in Nordrhein-Westfalen prägend ist.

Der Ton wird sich wohl noch verschärfen

Hatting: Was bedeutet diese Personalentscheidung letztlich für die AfD in Brandenburg?
Richter: Die Wahl ist eine Kampfansage an den Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen. Bis heute findet man in Brandenburg den Rauswurf von Kalbitz falsch und fordert einen Bundesparteitag, um die Personalie in der gesamten Partei zu klären.
Es ist davon auszugehen, dass nach der Wahl von Berndt in der Brandenburger AfD jetzt erst mal Ruhe einkehren wird. Auf der Pressekonferenz wurde auch noch einmal deutlich gemacht, dass man geschlossen auftreten will.
Doch im Laufe der Zeit kann man durchaus davon ausgehen, dass es zu einer Art Konkurrenzkampf zwischen den Führungspersonen innerhalb der Fraktion kommen wird. Dennis Hohloch, Birgit Bessin und Hans-Christoph Berndt: Wer ist weiter rechts? Wer kann mehr polarisieren? Salopp gesagt wird eine Art Kalbitz-Ähnlichkeitswettbewerb zu beobachten sein. Der Ton wird in der Zukunft auf jeden Fall um einiges schärfer werden.
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