AfD-Hochburg Sachsen

Ein Unternehmer aus Meißen positioniert sich

Wolken ziehen am 11.09.2017 über die Elbe und die Altstadt von Meißen (Sachsen).
Wolken über Meißen: Unternehmer Heimrich kam vor über 25 Jahren aus Nordrhein-Westfalen in die Region. © picture alliance / dpa / Monika Skolimowska
Von Bastian Brandau · 13.10.2017
In Sachsen wurde die AfD bei der Bundestagswahl mit 27 Prozent stärkste Kraft. Das bedeutet auch eine neue Situation für lokale Unternehmer. Ein Versandhändler aus Meißen nimmt sich die Freiheit, die politische Entwicklung zu kritisieren.
"Das ist die ehemalige Elektrowärme Sörnewitz. Das war ein Traditionsbetrieb zu Ostzeiten. Ganz früher gab es auch schon mal Engagement von Siemens, 1894 gebaut."
Lutz Heimrich steht im ersten Stock seines Unternehmens und schaut aus dem Fenster. 2009 hat er für sein Unternehmen Superiore das brach liegende Gebäude gekauft, saniert und angepasst an die Bedürfnisse seines Versandhandels für italienische Spezialitäten. Aus Nordrhein-Westfalen war Heimrich 1990 in die Region gekommen, aus der es seine Eltern vor dem Mauerbau und der Abschottung der DDR weggezogen hatte.

Zweifel an der Standortentscheidung

In Sachsen baute er ein Beratungsunternehmen und eine Werbeagentur auf, bevor er sich wieder dem Marketing und den Lebensmitteln zuwandte. In der Region Dresden, wo er längst seinen Lebensmittelpunkt hatte. Inzwischen ist er manchmal unsicher, ob dies die richtige Entscheidung war:
"Denn durch die Strömung und das Aufkeimen des rechten Randes der bürgerlichen Parteien und insbesondere das Aufkeimen der AfD mit einem Wahlergebnis von 27 Prozent und das stärkste AfD-Land Deutschlands, was Sachsen jetzt ist, macht es mir natürlich nicht so leicht zu sagen, ich fühle mich hier rundum pudelwohl."
Als Versandhandel sei es egal, von wo er agiere, sagt Heimrich. Das und die Tatsache, dass ein Großteil seiner Kunden außerhalb Sachsens sind, verleihe ihm die Freiheit, sich als Unternehmer politisch zu äußern. Die Industrie-und Handelskammer Dresden will keine Einschätzungen dazu abgeben, welche Folgen sie durch die Zustimmung zur AfD in der Region sieht.
Dabei gibt es die natürlich auch in Handwerk und Gewerbe: Im Kreis Görlitz holte ein Malermeister das Direktmandat für die AfD.
Das Schweigen sei Teil des Problems, findet Unternehmer Heimrich:
"Ich denke, da müsste einfach die Bürgerschaft und auch die Unternehmerschaft in Sachsen ganz klar dazu Stellung beziehen und auch ganz klar über Initiativen, die es ja auch schon gibt, viel stärker in die Öffentlichkeit gehen und vor allem denjenigen Mut machen, die jetzt zurecht glauben, dass es zu Restriktionen kommen kann, umsatzseitig, kundenseitig, wenn sie sich jetzt gegen diese Strömung positionieren."

Anfeindungen auch im täglichen Leben

Denn wer dies tut, riskiert Anfeindungen, das hat auch Heimrich schon erlebt. In sozialen Netzwerken, aber auch im täglichen Leben. Eine Mitarbeiterin werde regelmäßig rassistisch beleidigt. Ein Klima, so ist Heimrich überzeugt, in dem es immer schwerer werde, Fachkräfte nach Sachsen zu holen. Das Klima in seinem Unternehmen hat das Aufkommen von Pegida und AfD bereits verändert:
"Wir sind in den letzten Jahren weggekommen von diesen politischen Themen. Man konnte früher auch immer über alles reden und heute werden solche Dinge auch bewusst ausgeblendet. Weil wir auch wissen, dass hier die Quote derer, die dann sagen, 'gut, die AfD habe ich gewählt, weil, und, und, und…' relativ hoch ist. Ich hätte damit kein Problem, auch mit meinen Mitarbeitern zu diskutieren aber von dort aus schon ist die Bereitschaft nicht da, weil man eventuell auch ahnt, vielleicht reichen die Argumente nicht."
Vor den Wahlen habe er durchaus ans Wegziehen gedacht, sagt Lutz Heimrich. Aber neben Freunden, Familie und dem Geschäft, die ihn hier halten, gehe es ihm noch um etwas anderes:
"Ich denke, man sollte gerade ganz bewusst bleiben, um zu sagen, wir können noch was dagegen tun. Und wir können ein gewisses Bollwerk und einen Gegenpol aufbauen."
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