AfD-Anfrage zu Nationalitäten von Künstlern

Provokation ohne Erkenntnisgewinn

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Außenansicht des Opernhauses Stuttgart, eines der drei Häuser des Staatstheaters
Das Staatstheater Stuttgart sei eine Heimat für Künstler aller Kontinente, sagt der Intendant Marc-Oliver Hendriks. © dpa/ Wolfram Kastl
Marc-Oliver Hendriks im Gespräch mit Sigrid Brinkmann · 27.06.2019
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Die AfD im Stuttgarter Landtag will mit einer Anfrage die Nationalität der Künstler an den dortigen Staatstheatern erfahren und hat damit Empörung ausgelöst. Der Geschäftsführende Intendant Marc-Oliver Hendriks sieht das AfD-Vorgehen als Provokation.
Marc-Oliver Hendriks, Geschäftsführender Intendant der Stuttgarter Staatstheater, hat die Forderung der AfD-Fraktion im baden-württembergischen Landtag, die Nationalitäten der Künstler an seinem Dreisparten-Haus aufzulisten, scharf zurückgewiesen. Sein Haus sei ein weltzugewandtes Theater, dass Künstlern aller Kontinente eine Heimat sei.

Konzertierte Aktion, um Verwaltungen zu beschäftigen

"Ich glaube, dass diese Anfrage deutlich für sich spricht", sagt Hendriks. "Wenn man so will, entstellt sie sich selbst zur Kenntlichkeit. Man stellt sich die Frage, was der künstlerische oder kunstpolitische Erkenntnisgewinn aus der Beantwortung der Anfrage sein könnte. Da fällt mir auch bei längerem Nachdenken kein edles Motiv ein."
Marc-Oliver Hendriks, der geschäftsführende Intendant des Dreispartenhauses Staatstheater Stuttgart, blickt freundlich lächelnd in Richtung Betrachter.
Der Geschäftsführender Intendant der Stuttgarter Staatstheater Marc-Oliver Hendriks sagt, dass sich die Kulturszene gegen Einschüchterungsversuche von rechts wehren müsse.© Bernd Weißbrod / dpa
Die nachgeschobene Erklärung für die Anfrage, dass dies aus Sorge um die Chancen des deutschen künstlerischen Nachwuchses an deutschen Bühnen entstanden sei, hält Hendriks für dreist und schamlos.
"Ich glaube, dass wir es hier mit einer konzertierten Aktion zu tun haben. Das hat alles Methode. Da werden über das Instrument der parlamentarischen Anfrage Länderparlamente und Verwaltungen immer wieder beschäftigt und okkupiert. Der Erkenntnisgewinn ist gleich null. Es geht um Provokation."

Die Spur führt aus dem Ländle hinaus

Hendriks freut sich über die starke Solidarisierung, die das Haus von Kulturschaffenden, Kulturpolitikern und in sozialen Netzwerken erhalten hat, warnt aber: "Diese Anfrage ist ein legitimes demokratisches Mittel. Die dahinter stehenden politischen Intentionen aber führen aus Baden-Württemberg hinaus, womöglich nach Berlin, wo solche Fragen vorbereitet werden, um sie dann wie in einem Franchise-System in den Länderparlamenten, in denen die AfD vertreten ist, zu praktizieren.
Da gibt es eine Prototypen-Entwicklung für ein solches Vorgehen. Dahinter stecken die Chefideologen der Partei mit ihrer verschwurbelten nationalen Kulturkonzeption. Das alles dient nur dazu, ein Klima der Verunsicherung und Einschüchterung in der Kulturszene herzustellen. Und dagegen wehren wir uns ganz deutlich."
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