Ärztestreik

Von Axel Brower-Rabinowitsch |
Jeder Ärztestreik ist eine äußerst heikle Angelegenheit. Geld allein kann als Anlass nicht ausreichen. Das scheinen auch die streikenden Universitätsärzte so zu empfinden. Zwar geht es ihnen in erste Linie um ihre Bezahlung, nachdem zahlreiche Länder Urlaubs- und Weihnachtsgeld gekürzt und die Arbeitszeit verlängert haben. Das macht runde 15 Prozent weniger im Monat.
Es gilt allerdings nur für jene, die neue Verträge bekommen. Bei dem schnellen Personalwechsel an den Unikliniken trifft das dennoch viele Mediziner – und fast ausschließlich sind es Assistenz- und Stationsärzte, die noch keinen Spitzenverdienst haben. Nachvollziehbar wird der Streik dennoch erst durch die seit Jahren bekannte Ausbeutung der Mediziner an zahlreichen Krankenhäusern. Ein Bruttogehalt von 3500 bis 5000 Euro monatlich relativiert sich sehr schnell, wenn die Klinikärzte dafür bis zu 80 Wochenstunden am Arbeitsplatz verbringen.

Das ist auch den Patienten nicht zuzumuten. Denn übermüdete Mediziner sind eine ernsthafte Gefahr für ihre Gesundheit. Diese Ausbeutung der Klinikärzte und der Kranken ist nach einer gesetzlichen Übergangsregelung nur noch bis Ende des Jahres möglich. Dennoch haben die meisten Krankenhäuser bisher keine neue, rechtlich einwandfreie und der Leistungsfähigkeit der Ärzte angemessene Arbeitszeitregelung beschlossen. Dafür hatten sie jahrelang Zeit. Es ist ein Skandal, wenn die Krankenhausgesellschaft jetzt eine Verlängerung der Übergangsregelung fordert. Dass dies Ärzte und Patientenverbände auf die Palme treibt, ist nachvollziehbar. Denn der Stress in den Kliniken wächst sowieso schon. Dafür sorgen immer kürzere Liegezeiten, die eine intensivere Behandlung erfordern, die stetig steigende Zahl der Krankenhauseinlieferungen sowie die zunehmende Bürokratisierung des Gesundheitswesens. Deshalb darf man sich nicht wundern, dass die fähigsten Jungärzte inzwischen ins Ausland abwandern, wo sie deutlich mehr verdienen und erheblich weniger dafür arbeiten müssen. Viele Kliniken haben als Folge Probleme, Arztstellen zu besetzen. Vielleicht schafft der Ärztestreik einen Sinneswandel bei Politikern und Klinikleitungen. Denn trotz knapper Finanzmittel bei Ländern und Krankenkassen müssen wir im Interesse der Patienten humane Arbeitsbedingungen an den Kliniken schaffen. Die Bezahlung, die bei manchen Medizinern im Vordergrund steht, ist dabei allerdings zweitrangig. Noch muss niemand fürchten, dass unsere Ärzte verarmen.