Ägyptischer Mythos
Viereinhalbtausend Jahre ist es her, dass sich der ägyptische Herrscher Cheops die größte der Pyramiden von Gizeh errichten ließ. Um dieses riesige Bauwerk zu vollenden, mussten tausende Arbeiter etwa 20 Jahre lang schuften. Die Ägyptologin Christine El Mahdy versucht in ihrem Buch "Das Geheimnis der Cheops-Pyramide" zu rekonstruieren, wie dieser Mammutbau logistisch funktionierte und was für ein Mensch dieser Pharao war, der seiner Nachwelt ein derart riesiges Zeugnis seiner Macht hinterließ.
Der Mythos um den vermeintlichen Fluch der Pharaonen in den Pyramiden von Gizeh zieht die Menschen auch heute noch in ihren Bann. Zahlreiche Filme und Bücher haben in der Vergangenheit versucht, ein Bild davon zu entwerfen, wie die Menschen im alten Ägypten gelebt haben. Das neue Buch der Ägyptologin Christine El Mahdy schließt sich diesem Versuch an. In "Das Geheimnis der Cheops-Pyramide" konzentriert sich die Autorin auf den Herrscher Cheops, der sich die größte Pyramide von Gizeh errichten ließ.
Wirklich Neues erfährt man über diesen Pharao allerdings nicht. Stattdessen beschreibt die Autorin viel Bekanntes: Dass das Leben der Pharaonen vermutlich sehr einsam war, da sich ihnen nur die engsten Vertrauten nähern durften. Und dass die Könige als Halbgötter verehrt und daher nicht wie normale Menschen behandelt wurden. Obwohl nicht neu, sind diese Geschichten interessant und anschaulich geschrieben. Zudem berichtet El Mahdy darüber, dass Pharaonen oft ihre eigenen Schwestern heirateten, damit sie ihre Macht nicht mit anderen Familien teilen mussten.
"Da der König ein Gott war, lebte er wie ein Gott – und dem Vorbild aller ägyptischer Götter von Schu und Tefnut bis zu Isis und Osiris bedeutete das, dass er seine Schwester heiratete. (…) Es gab kein Konzept, das solche Verbindungen als unschicklich gegeißelt hätte. Sie wurden vollzogen und waren ebenso fruchtbar, wie die mythischen Ehen zwischen Göttinnen und Göttern. "
Auch wenn diese Ehen fruchtbar gewesen sein mögen, werden auch bei ihnen die typischen Inzuchtprobleme aufgetreten sein. Dass es derartige Behinderungen gab und diese vielleicht sogar zum Aussterben der Cheops-Königsfamilie beitrugen, ist nach Meinung der Autorin wahrscheinlich. Ihre Schlussfolgerung, dass sich diese genetischen Störungen nur bei Männern ausprägten, ist jedoch sachlich schlichtweg falsch.
Bevor die Autorin konkret auf das eigentliche Thema des Buchs - also auf das "Geheimnis der Cheops-Pyramide" - zu sprechen kommt, beschreibt sie auf vielen Seiten, wie die Zeitrechnung der Ägyptologen funktioniert. Diese Einzelheiten sind schon für sich genommen äußerst verwirrend und nach ein paar Sätzen hat man den Überblick verloren. Doch spätestens als die Autorin erklärt, dass die Geschichte des alten Ägyptens nun umgeschrieben werden müsste, weil bestimmte Anhaltspunkte falsch interpretiert oder Funde anderen Epochen zugeordnet wurden, schaltet man komplett ab und möchte das Buch am liebsten ganz beiseite legen. Wer sich über diese Passagen hinwegrettet, kann sich im weiteren Verlauf des Buchs aber zumindest über ein paar spannende Details freuen. Denn immer dann, wenn El Mahdy auf den Alltag in den königlichen Palästen und die Lebensweise der alten Ägypter zu sprechen kommt, wird das Buch anschaulich und interessant.
" In der Halle wurden dreimal am Tag die Mahlzeiten serviert und zwar zur selben Zeit, zu der auch den Totengeistern Nahrung dargebracht wurde. Grundlage dieser Mahlzeiten war offenbar selbst für die Reichen ein grobes Brot- was der Gesundheit der Ägypter nicht unbedingt förderlich war. (…) Gefundene Schädel wiesen fast alle schwere Abnutzungserscheinungen an den Zähnen auf – schon in jungen Jahren hatte der Sand im Brot den Zahnschmelz abgetragen. "
Als die Autorin endlich nach mehr als 100 Seiten auf Cheops zu sprechen kommt, muss sich der Leser wieder durch einige Seiten kämpfen, auf denen die Autorin die Familienverhältnisse dieses Pharaos zu klären versucht. Aber auch an dieser Stelle wird derjenige belohnt, der sich über diese ermüdenden Seiten hinwegrettet. Denn die später folgenden Beschreibungen des Pyramidenbaus und der Beerdigungsriten sind interessant. Ebenso die Berichte über die Erkundungen des amerikanischen Ägyptologen Reisner, der zu Anfang des 20. Jahrhunderts als erster Wissenschaftler in das Innere der Cheops-Pyramide vordrang.
"Reisner wusste sofort, dass er auf etwas ganz Außergewöhnliches gestoßen war. Von Anfang an sprach er von seinem "geheimen Grab". (...) Unter dem dicken antiken Putz befand sich eine nicht besonders steile zwölfstufige Treppe voller Schutt, die offenbar in ein flaches Grab führte. Plötzlich jedoch, in etwa einem Meter Tiefe, machte die Treppe eine scharfe Kehre und führte stattdessen zu einem vertikalen Schacht mit etwa anderthalb Metern Seitenlänge. (...) In fast 24 Metern Tiefe stießen sie endlich auf den Grund des Schachts und auf einen seitlichen Gang. Er führte in eine Kammer, die seit 4500 Jahren niemand mehr betreten hatte. "
Wirklich neue Erkenntnisse über die Cheops-Pyramide hat die Autorin trotz des spannend klingenden Titels nicht zu bieten. Zudem hätte es dem Buch sicherlich gut getan, wenn El Mahdy auf einige wissenschaftliche Details und Namen in ihrer Darstellung verzichtet hätte. So ist das Buch eine seltsame Mischung aus Verwirrung und guter Unterhaltung.
Christine El Mahdy: Das Geheimnis der Cheops-Pyramide
Goldmann Verlag
373 Seiten
9,95 Euro
Wirklich Neues erfährt man über diesen Pharao allerdings nicht. Stattdessen beschreibt die Autorin viel Bekanntes: Dass das Leben der Pharaonen vermutlich sehr einsam war, da sich ihnen nur die engsten Vertrauten nähern durften. Und dass die Könige als Halbgötter verehrt und daher nicht wie normale Menschen behandelt wurden. Obwohl nicht neu, sind diese Geschichten interessant und anschaulich geschrieben. Zudem berichtet El Mahdy darüber, dass Pharaonen oft ihre eigenen Schwestern heirateten, damit sie ihre Macht nicht mit anderen Familien teilen mussten.
"Da der König ein Gott war, lebte er wie ein Gott – und dem Vorbild aller ägyptischer Götter von Schu und Tefnut bis zu Isis und Osiris bedeutete das, dass er seine Schwester heiratete. (…) Es gab kein Konzept, das solche Verbindungen als unschicklich gegeißelt hätte. Sie wurden vollzogen und waren ebenso fruchtbar, wie die mythischen Ehen zwischen Göttinnen und Göttern. "
Auch wenn diese Ehen fruchtbar gewesen sein mögen, werden auch bei ihnen die typischen Inzuchtprobleme aufgetreten sein. Dass es derartige Behinderungen gab und diese vielleicht sogar zum Aussterben der Cheops-Königsfamilie beitrugen, ist nach Meinung der Autorin wahrscheinlich. Ihre Schlussfolgerung, dass sich diese genetischen Störungen nur bei Männern ausprägten, ist jedoch sachlich schlichtweg falsch.
Bevor die Autorin konkret auf das eigentliche Thema des Buchs - also auf das "Geheimnis der Cheops-Pyramide" - zu sprechen kommt, beschreibt sie auf vielen Seiten, wie die Zeitrechnung der Ägyptologen funktioniert. Diese Einzelheiten sind schon für sich genommen äußerst verwirrend und nach ein paar Sätzen hat man den Überblick verloren. Doch spätestens als die Autorin erklärt, dass die Geschichte des alten Ägyptens nun umgeschrieben werden müsste, weil bestimmte Anhaltspunkte falsch interpretiert oder Funde anderen Epochen zugeordnet wurden, schaltet man komplett ab und möchte das Buch am liebsten ganz beiseite legen. Wer sich über diese Passagen hinwegrettet, kann sich im weiteren Verlauf des Buchs aber zumindest über ein paar spannende Details freuen. Denn immer dann, wenn El Mahdy auf den Alltag in den königlichen Palästen und die Lebensweise der alten Ägypter zu sprechen kommt, wird das Buch anschaulich und interessant.
" In der Halle wurden dreimal am Tag die Mahlzeiten serviert und zwar zur selben Zeit, zu der auch den Totengeistern Nahrung dargebracht wurde. Grundlage dieser Mahlzeiten war offenbar selbst für die Reichen ein grobes Brot- was der Gesundheit der Ägypter nicht unbedingt förderlich war. (…) Gefundene Schädel wiesen fast alle schwere Abnutzungserscheinungen an den Zähnen auf – schon in jungen Jahren hatte der Sand im Brot den Zahnschmelz abgetragen. "
Als die Autorin endlich nach mehr als 100 Seiten auf Cheops zu sprechen kommt, muss sich der Leser wieder durch einige Seiten kämpfen, auf denen die Autorin die Familienverhältnisse dieses Pharaos zu klären versucht. Aber auch an dieser Stelle wird derjenige belohnt, der sich über diese ermüdenden Seiten hinwegrettet. Denn die später folgenden Beschreibungen des Pyramidenbaus und der Beerdigungsriten sind interessant. Ebenso die Berichte über die Erkundungen des amerikanischen Ägyptologen Reisner, der zu Anfang des 20. Jahrhunderts als erster Wissenschaftler in das Innere der Cheops-Pyramide vordrang.
"Reisner wusste sofort, dass er auf etwas ganz Außergewöhnliches gestoßen war. Von Anfang an sprach er von seinem "geheimen Grab". (...) Unter dem dicken antiken Putz befand sich eine nicht besonders steile zwölfstufige Treppe voller Schutt, die offenbar in ein flaches Grab führte. Plötzlich jedoch, in etwa einem Meter Tiefe, machte die Treppe eine scharfe Kehre und führte stattdessen zu einem vertikalen Schacht mit etwa anderthalb Metern Seitenlänge. (...) In fast 24 Metern Tiefe stießen sie endlich auf den Grund des Schachts und auf einen seitlichen Gang. Er führte in eine Kammer, die seit 4500 Jahren niemand mehr betreten hatte. "
Wirklich neue Erkenntnisse über die Cheops-Pyramide hat die Autorin trotz des spannend klingenden Titels nicht zu bieten. Zudem hätte es dem Buch sicherlich gut getan, wenn El Mahdy auf einige wissenschaftliche Details und Namen in ihrer Darstellung verzichtet hätte. So ist das Buch eine seltsame Mischung aus Verwirrung und guter Unterhaltung.
Christine El Mahdy: Das Geheimnis der Cheops-Pyramide
Goldmann Verlag
373 Seiten
9,95 Euro