Licht in der Adventszeit

Symbol der Orientierung

09:43 Minuten
Abendliche Weihnachtsstimmung am Kurfürstendamm Berlin mit tausenden LED-Lichtern an den Bäumen
Die Nacht zum Tag zu machen, sei ein Ur-Traum der Menschheit, sagt Konrad Liessmann. © imago images/Andreas Gora
Konrad Liessmann im Gespräch mit Eckhard Roelcke · 28.11.2021
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Die Lust am Licht zeigt sich besonders zur Weihnachtszeit, etwa an prachtvoll beleuchteten Innenstädten. Helligkeit in finsteren Jahreszeiten und das Spiel mit Lichtern als Orientierung habe schon immer fasziniert, sagt der Philosoph Konrad Liessmann.
Tausende Lichter in Fenstern, Vorgärten und Innenstädten prägen die letzten Wochen des Jahres. Dieses Phänomen, die Faszination für das Licht sei hierzulande mit dem Weihnachtsfest verbunden, sagt der österreichische Philosoph Konrad Paul Liessmann.

Licht als innere und äußere Orientierung

Vor dem christlichen Hintergrund dieses Festes symbolisiere das Licht – als Stern von Bethlehem und Licht in der Krippe – die Idee, dass durch die Geburt Jesu das Licht in die Welt gebracht wurde: „Das Licht der Erlösung, das Licht des Friedens“.
Doch Helligkeit in finsteren Jahreszeiten habe auch ohne den Aspekt des Christentums immer etwas Faszinierendes gehabt. Das Spiel mit Lichtern, Flammen und Lampen habe als Orientierung gedient, etwa am Anfang der beleuchteten Häuser, so Liessmann.
„Es gibt die Theorie, dass dieser Brauch im Erzgebirge entstanden ist, wo die Bergleute ihre kärglichen Häuser mit Lichtern in den Fenstern versehen haben, um in der Finsternis den Weg in den Schacht und wieder zurück zu finden.“

"Erst die Erfahrung der Finsternis lässt uns die Bedeutung von Licht in allen Varianten erkennen."

Das Licht diene als innere und äußere Orientierung. Und damit lasse sich auch die Faszination für künstliche Lichtgirlanden und Licht-Kaskaden erklären. Zudem habe Licht eine eigene ästhetische Faszinationskraft. Beleuchtete Objekte übten auch abseits der Weihnachtszeit eine große Anziehungskraft auf uns aus.
Übertriebene Weihnachtsbeleuchtung werde auch als Kitsch und schlechter Geschmack gesehen. Doch was uns daran berühre, seien aufrichtige Gefühle: "Kindheitserinnerungen, Sehnsüchte nach Geborgenheit, Sehnsüchte noch Frieden – denen wird man schlecht ihre Legitimität absprechen können."

Beleuchtung als Beherrschung der Nacht

Sich mit der Zähmung des Feuers die dunkle Zeit zu erleuchten und „gefügig zu machen“ sei ein Ur-Traum der Menschheit. „Wir haben ja schon längst in urbanen Gebieten die Nacht durch künstliche Beleuchtung zum Tag gemacht.“ Im Zeitalter der Lichtverschmutzung und erleuchteter Städte sei die Erfahrung völliger Finsternis immer schwieriger.
„Erst die Erfahrung der Finsternis lässt uns die Bedeutung von Licht in allen Varianten erkennen, bis hin zu der These, dass die Flamme immer auch ein ganz reales Symbol für das Leben ist, weil eben dort, wo noch etwas brennt, Sauerstoff vorhanden ist und wir den Sauerstoff zum Atmen brauchen.“
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