Adenauer gegen staatliche Hilfen für Schaeffler

Patrick Adenauer im Gespräch mit Jörg Degenhardt |
Patrick Adenauer, Präsident des Verbandes der Familienunternehmen (ASU), hält nichts von staatlichen Hilfen für Schaeffler. Adenauer sagte, allem Anschein nach habe Schaeffler mit der Conti-Übernahme zu hoch spekuliert und alles auf eine Karte gesetzt. Einen solchen Fehler könne der Staat nicht ausbügeln.
Jörg Degenhardt: Der Nachschub mit Feinripp-Unterhosen ist gefährdet. Das mag kurios klingen, dahinter steckt aber eine traurige Tatsache. Der Wäsche-Hersteller Schiesser musste letzte Woche bekanntlich Insolvenz anmelden. Auch andere Traditions- und Familienunternehmen stehen gewissermaßen mit dem Rücken zur Wand. Rosenthal oder Märklin seien hier stellvertretend genannt. Eine Entwicklung, die Sorgen bereitet, Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel, aber auch eine ganz besondere Unternehmenskultur könnten verloren gehen. Wo liegen die Gründe für diesen Trend, der besonders augenfällig in diesen wirtschaftlich schwierigen Zeiten scheint. Darüber habe ich mit Patrick Adenauer, Präsident des Verbandes der Familienunternehmen gesprochen. Meine erste Frage lautete: Trifft die gegenwärtige Krise Familienunternehmen besonders hart oder ist das nur eine Frage der Wahrnehmung?

Patrick Adenauer: Also ich glaube, von der Krise sind ja naturgemäß alle Firmen gleich betroffen. Die Frage ist, wie sie damit umgehen, wie sie darauf vorbereitet sind. Die Namen, die Sie vorhin genannt haben, sind ja zum Teil oder fast alle keine klassischen Familienunternehmen mehr, sondern gehörten schon Finanzinvestoren oder auch internationalen Konzernen.

Insofern würde ich mal sagen, sind hier vielleicht ganz andere Gründe ursächlich, nämlich die Frage, haben diese Firmen noch innovative Produkte, sind sie insgesamt gut auf den Wettbewerb vorbereitet, der jetzt natürlich noch ein Stück härter wird. Und da haben Familienunternehmen für meine Begriffe eigentlich ganz gute Chancen in allen möglichen Branchen.

Degenhardt: Das wäre meine nächste Frage gewesen, denn für viele Familienunternehmen ist das ja nicht die erste Krise dieser Art. Sind sie vielleicht sogar im Vorteil, weil sie Fehler aus der Vergangenheit nicht wiederholen?

Adenauer: Ja, so eine Firma hat natürlich ein gewisses, ja, über viele, viele Jahrzehnte, vielleicht auch Generationen funktionierendes Gedächtnis, und das sehe ich bei unserem eigenen Unternehmen, das schon über 130 Jahre alt ist. Da hat man halt manche Krise schon hinter sich gebracht. Und da ist es schon wichtig, dass man sich auch auf seine eigene Stärken, die sich so herausgeprägt haben im Laufe der Jahre auch, dann verlässt und diese auch ausbaut. Und eine Stärke ist eben, sich auch den wandelnden Kundenwünschen und den sich wandelnden Begebenheiten auch anzupassen, diese vorherzusehen und sich entsprechend aufzubauen. Diese Herausforderung haben wir jeden Tag, jedes Jahr über die Jahrzehnte hinweg. Und wer seine Hausaufgaben nicht gemacht hat, und so scheint es ja beispielsweise im Falle Schiesser der Fall zu sein, die Produkte veraltet sind, den rafft es natürlich in einer solchen Krise schnell hinweg.

Degenhardt: Manche sehen ja in diesen jüngsten Insolvenzen, Stichwort Schiesser, auch Bereinigungseffekte. Ganz normal sei das in Abschwungzeiten, hören wir da. Ist das zynisch oder ist das etwa das Positive in der Krise?

Adenauer: Nein, das gehört dazu. Zu unserer Marktwirtschaft gehört dieser Ausleseprozess hinzu. Der ist im Einzelfall hart und bitter, aber wenn das nicht der Fall wäre, wenn solche Firmen dann, die möglicherweise eben nicht innovativ genug waren, wenn sie nicht ausscheiden würden oder im Markt gehalten würden, beispielsweise vom Staat, dann würde nach und nach die Qualität der Produkte kaputt gehen, die Produkte würden zu teuer, und der Kunde hätte das Nachsehen. Also, es ist ganz natürlich, dass Firmen verschwinden vom Markt, und das ist für die anderen Firmen, die eben besser waren, ja auch Bestätigung und bietet dann wieder größere Chancen für diese Firmen.

Degenhardt: Gegenwärtig gibt es eine Diskussion darüber, ob das fränkische Familienunternehmen Scheffler Hilfe vom Staat in Anspruch nehmen darf. Was sagen Sie dazu?

Adenauer: Also nach allem Anschein hat Scheffler da eine zu große Spekulation gewagt, mit der Übernahme von Conti alles auf eine Karte gesetzt, wie es scheint. Einen solchen Fehler, wenn es so ist, kann der Staat nicht ausbügeln helfen, sodass also hier an erster Stelle mal der Unternehmer und die Gesellschafter gefragt sind. Dann die Banken, die diese große Übernahme finanziert haben. Und an dritter Stelle dann muss der Staat sehen, ob da an irgendeiner Stelle geholfen werden kann oder soll. Ich bin grundsätzlich skeptisch, weil der Staat furchtbar schlecht beurteilen kann, was unternehmerisch jetzt wirklich zu tun ist und wie die Märkte sich weiter entwickeln. Ich wäre da für Zurückhaltung.

Degenhardt: Ohne dass Sie jetzt Namen nennen, Herr Adenauer, gibt es denn nach Ihrer Kenntnis weitere Familienunternehmen, denen das Wasser bis zum Hals steht?

Adenauer: Also ich weiß, dass in bestimmten Branchen wie eben der Automobilzulieferindustrie, momentan auch teilweise beim Maschinenbau, eben ein großer Rückgang bei dem Auftragseingang ist und deshalb nicht ganz klar ist, wie die Firmen das Jahr überstehen sollen. Und ich habe keine konkrete Erkenntnis von weiteren Firmen, die jetzt in Insolvenz gehen, aber ich glaube, die Lage ist nicht unernst.

Degenhardt: Was unternimmt denn eigentlich die Bundesregierung, um die Krisenfestigkeit der Familienbetriebe zu erhöhen? Genug?

Adenauer: Also es ist ja der Versuch, mit einem Konjunkturprogramm, letztendlich diese Nachfragelücke, die momentan besteht, zu überbrücken. Ob das erfolgreich sein wird, werden wir sehen, wissen wir heute nicht. Man muss ja sehen, unser Bruttoinlandsprodukt liegt bei über zwei Billionen Euro, also über 2000 Milliarden Euro, und das Konjunkturprogramm umfasst gerade mal 50 Milliarden Euro. Das ist relativ nicht viel. Da sieht man, dass das alleine nicht viel ausrichten kann.

Sie versucht zusätzlich, mit einem 100-Milliarden-Bürgschaftsprogramm gerade auch mittelständischen Firmen zu helfen, um möglicherweise auch eine Finanzierungslücke zu überbrücken. Das sind alles Signale, die ja auch ein Stück auf die Psychologie wirken sollen, und es bleibt abzuwarten, ob das ausreicht und funktioniert. Mir wäre lieber, man würde noch stärker auf die Eigenanreize setzen, also Steuern und Abgaben senken, damit die Bürger selbst entscheiden können, in welche Richtung sie gehen und die Firmen etwas mehr Luft zum Atmen haben.

Degenhardt: Das heißt, der Bundesfinanzminister, Herr Steinbrück, muss zum Beispiel auch ran ans Unternehmenssteuerrecht?

Adenauer: Ganz klar, da sind einige Elemente reingekommen bei der letzten Veränderung, die gerade in Krisenzeiten Belastungen verstärken, wie beispielsweise die Zinsschranke und die gewinnunabhängige Gewerbesteuer. Da muss meines Erachtens dringend reguliert werden, verändert werden, damit Firmen, gerade wenn sie in eine Krise kommen, nicht noch über Steuerzahlungen noch stärker reinrutschen.

Degenhardt: Patrick Adenauer, der Vorsitzende des Verbandes der Familienunternehmen, vielen Dank für das Gespräch hier im Programm von Deutschlandradio Kultur.

Adenauer: Sehr gerne, Herr Degenhardt.