Adam Silvera: "More Happy Than Not"

Glücklicher durch Gehirnmanipulation?

05:34 Minuten
© Arctis Verlag

Adam Silvera

Übersetzt von Lisa Kögeböhn

More Happy Than NotArctis , Hamburg 2022

368 Seiten

18,00 Euro

Von Sylvia Schwab · 13.05.2022
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In den USA gehört "More Happy Than Not" zu den 100 besten Jugendbüchern aller Zeiten. Auch die anderen bereits auf Deutsch erschienen Bücher von Adam Silvera waren Erfolge. Im Mittelpunkt stehen junge Menschen, auf der Suche nach sich selbst sind.
Der sechzehnjährige Puertoricaner Aaron lebt mit seiner Mutter und seinem Bruder in der Bronx. Er liebt seine Familie, seine Freunde und Comics und hat einen festen Freundeskreis, mit dem er rumhängt und sich auch mal prügelt. Doch hinter der armen, aber stabilen Familienfassade verbirgt sich ein Abgrund: Aarons Vater hat sich umgebracht, er selbst hat einen Suizidversuch hinter sich und entdeckt im Umgang mit einem Freund seine Homosexualität. Als der sich von ihm trennt, gerät Aaron in eine seelische Krise.
Adam Silveras Debüt, das erst jetzt auf Deutsch erscheint, ist aus mehreren Gründen interessant. Zum einen, weil er ein Science-Fiction-Motiv ins Spiel bringt, das es möglich macht, verschiedene Möglichkeiten des Umgangs mit der eigenen Sexualität theoretisch durchzuspielen.

Gehirnmanipulation soll Erinnerung löschen

Weil Aaron seine Situation unerträglich vorkommt, lässt er am „Leteo-Institut“ eine neuartige Gehirnmanipulation vornehmen, um alle traurigen Erinnerungen und seine homosexuelle Neigung für immer zu löschen.
Eine krasse Entscheidung, denn bedeuten traurige Erinnerungen tatsächlich Unglück und bringen Gedächtnislücken Glück? Welchen Preis sind Menschen bereit, für ihr vermeintliches Glück zu zahlen? Und wer ist man, wenn Teile unserer Erinnerung fehlen - oder wenn, wie bei Aaron, schließlich sogar das gesamte Gedächtnis versagt?

Hält uns den Spiegel vor

Adam Silvera gibt darauf keine eindeutigen Antworten. Vielmehr spiegelt er den mitunter schwierigen gesellschaftlichen Umgang mit Menschen mit LGBTQ-Orientierung in vielen Staaten der USA, in denen Bücher über Trans-Kinder aus den Bibliotheken genommen oder homosexuelle Jugendliche umerzogen werden sollen.  
Dadurch, dass der Autor sein Buch dennoch gut enden lässt, nimmt er junge Menschen in ähnlichen Situationen sehr ernst und vermittelt ihnen das nötige Selbstbewusstsein. Er zeigt damit, was für zwiespältige Gefühle junge Menschen in ihrer Pubertät begleitet, wie schwierig diese Selbstfindung ist. Und dass es dennoch wichtig ist, sich und seine Gefühle zu akzeptieren. Auch indem er den Wert von Freundschaft und Liebe betont.

Der Autor stellt die richtigen Fragen

All das ist gut und wichtig und machen diesen Jugendroman so interessant. Dennoch bleiben Fragen: So kommt mir Aarons wenig reflektierter Wunsch nach dieser Gehirnmanipulation naiv vor. Auch ist sein Unglück, obwohl der Roman in der Ich-Form geschrieben ist, nicht immer wirklich spürbar. Aaron analysiert es mehr, als es mitzuteilen. Er bleibt dadurch ein Stück fremd wie ein Protagonist in einem bösen Experiment. Da hätte mehr Glaubwürdigkeit gutgetan.  
Am Ende aber ist „More Happy Than Not“ ein außergewöhnliches Buch zum Thema Diversität: Adam Silvera stellt die richtigen Fragen, indem er zeigt, was Menschen, die vermeintlich nicht der Norm entsprechen, immer noch für Leid erfahren. Dass der US-Amerikaner dafür sensibilisiert, macht sicher seinen großen Ruhm aus.   

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