Action, Spannung, Humor und Liebe
Ein Roman über England und seine Punk-Musik im sehr politischen Jahr 1977: Die englischen Neo-Nazis marschierten auf, Straßenschlachten waren an der Tagesordnung; Spannung hing in der Luft. Diese Spannung setzt Parsons erzähltechnisch sehr geschickt um: Er beschreibt 24 Stunden, der Leser erlebt die Handlung in Echtzeit. Ein wundervolles modernes Märchen, ein großes Zeitgemälde.
In Großbritannien ist Tony Parsons ein Kultstar, er ist einer populärsten Print- und TV-Journalisten des Landes, und er hat fünf Romane geschrieben, die in England die Bestsellerlisten stürmten, voran sein erster Roman "Man and boy", deutscher Titel "Männlich, alleinerziehend, sucht …". Nun ist auch sein letzter, fünfter Roman in Deutschland erschienen: "Als wir unsterblich waren", ein Roman über England und seine Punk-Musik im Jahr 1977.
Der Punk war ein Tanz auf dem Vulkan, ein Tanz am Rande des Abgrunds zwischen Hoffnung und Depression, ähnlich wie heute, nur sicherlich extrovertierter. Da ließen sich plötzlich die ersten die Hippie-Haare kurz schneiden und trugen zerrissene Jeans, hässlich war plötzlich schick, bald boten auch Quelle und Neckermann zerrissene Jeans im Katalog an.
1977 war in England ein sehr politisches Jahr, die englischen Neo-Nazis marschierten auf, Straßenschlachten waren an der Tagesordnung; Spannung hing in der Luft. Diese Spannung setzt Parsons erzähltechnisch sehr geschickt um: Er beschreibt 24 Stunden, der Leser erlebt die Handlung in Echtzeit. Der Roman beginnt am 16. August 1977, eine Nachricht schlägt ein wie eine Bombe: Elvis Presley ist tot.
Drei Hauptfiguren hat der Roman, sie sind um die 20, Kollegen, blutjunge Artikelschreiber, die für eine Musikzeitschrift, die in dem Roman "The Paper" heißt, arbeiten; in Wirklichkeit ist der "NME" gemeint, der "New Musical Express", ein sehr einflussreiches Wochenmagazin, bei dem der Autor Tony Parsons selbst zu dieser Zeit arbeitete. Insofern ist der Roman äußerst autobiographisch und authentisch. Parsons folgt den drei jungen Protagonisten durch die Nacht, und für alle drei ist diese Nacht eine Schicksalsnacht, beruflich wie privat, eine Nacht zwischen Albtraum und Märchen, zwischen Scheitern und Überleben; Parsons inszeniert große Gefühle.
Neben Action, authentischer Szene-Beschreibung und Autobiographischem bietet der Roman auch Literarisches, besonders wenn man ein Liebhaber des britischen Stils ist, der mit viel Understatement und ganz trocken ohne vordergründige Effekte auskommt. Der Effekt entsteht aus dem Weglassen und aus komprimierten Beschreibungen und auch beim sprichwörtlich britischen Humor; da heißt es zum Beispiel: "Leon hasste seine Haare. Und seine Haare hassten ihn."
Alle drei Hauptfiguren kämpfen in dieser Nacht um ihr berufliches Überleben und um die große Liebe, um die "Frau ihres Lebens". Und das schafft Parsons, ohne je in Sentimentalität abzugleiten, weil er mit Sprache sehr sparsam umgeht; ein gutes Beispiel dafür ist der Original-Titel, den Parsons dem Roman gegeben hat, ganz lakonisch "Stories We Could Tell", also Geschichten, die wir erzählen könnten. "Als wir unsterblich waren" ist auch ein Szene-Roman, aber eigentlich eher ein wundervolles modernes Märchen, ein großes Zeitgemälde, und es ist ein mitreißendes Stück bester britischer Mainstream-Literatur unserer Tage mit Action, Spannung, Humor und Liebe. Ein großes Kompliment geht an den Übersetzer Christian Seidl.
Rezensiert von Lutz Bunk
Tony Parsons: Als wir unsterblich waren
Übersetzt von Christian Seidl.
Blumenbar Verlag, München 2006, 430 Seiten, 19,90 Euro
Der Punk war ein Tanz auf dem Vulkan, ein Tanz am Rande des Abgrunds zwischen Hoffnung und Depression, ähnlich wie heute, nur sicherlich extrovertierter. Da ließen sich plötzlich die ersten die Hippie-Haare kurz schneiden und trugen zerrissene Jeans, hässlich war plötzlich schick, bald boten auch Quelle und Neckermann zerrissene Jeans im Katalog an.
1977 war in England ein sehr politisches Jahr, die englischen Neo-Nazis marschierten auf, Straßenschlachten waren an der Tagesordnung; Spannung hing in der Luft. Diese Spannung setzt Parsons erzähltechnisch sehr geschickt um: Er beschreibt 24 Stunden, der Leser erlebt die Handlung in Echtzeit. Der Roman beginnt am 16. August 1977, eine Nachricht schlägt ein wie eine Bombe: Elvis Presley ist tot.
Drei Hauptfiguren hat der Roman, sie sind um die 20, Kollegen, blutjunge Artikelschreiber, die für eine Musikzeitschrift, die in dem Roman "The Paper" heißt, arbeiten; in Wirklichkeit ist der "NME" gemeint, der "New Musical Express", ein sehr einflussreiches Wochenmagazin, bei dem der Autor Tony Parsons selbst zu dieser Zeit arbeitete. Insofern ist der Roman äußerst autobiographisch und authentisch. Parsons folgt den drei jungen Protagonisten durch die Nacht, und für alle drei ist diese Nacht eine Schicksalsnacht, beruflich wie privat, eine Nacht zwischen Albtraum und Märchen, zwischen Scheitern und Überleben; Parsons inszeniert große Gefühle.
Neben Action, authentischer Szene-Beschreibung und Autobiographischem bietet der Roman auch Literarisches, besonders wenn man ein Liebhaber des britischen Stils ist, der mit viel Understatement und ganz trocken ohne vordergründige Effekte auskommt. Der Effekt entsteht aus dem Weglassen und aus komprimierten Beschreibungen und auch beim sprichwörtlich britischen Humor; da heißt es zum Beispiel: "Leon hasste seine Haare. Und seine Haare hassten ihn."
Alle drei Hauptfiguren kämpfen in dieser Nacht um ihr berufliches Überleben und um die große Liebe, um die "Frau ihres Lebens". Und das schafft Parsons, ohne je in Sentimentalität abzugleiten, weil er mit Sprache sehr sparsam umgeht; ein gutes Beispiel dafür ist der Original-Titel, den Parsons dem Roman gegeben hat, ganz lakonisch "Stories We Could Tell", also Geschichten, die wir erzählen könnten. "Als wir unsterblich waren" ist auch ein Szene-Roman, aber eigentlich eher ein wundervolles modernes Märchen, ein großes Zeitgemälde, und es ist ein mitreißendes Stück bester britischer Mainstream-Literatur unserer Tage mit Action, Spannung, Humor und Liebe. Ein großes Kompliment geht an den Übersetzer Christian Seidl.
Rezensiert von Lutz Bunk
Tony Parsons: Als wir unsterblich waren
Übersetzt von Christian Seidl.
Blumenbar Verlag, München 2006, 430 Seiten, 19,90 Euro