"Achtung, in dieser Aufführung wird geraucht!“

Von Susanne Nessler |
Ob in Ibsens "Nora" oder Tschechows "Onkel Wanja" – in vielen Dramen ist Tabakgenuss der Protagonisten Bestandteil der Regieanweisung. Der Direktor des Deutschen Bühnenvereins hat schon mal vorsorglich mit einer Pressemitteilung gegen den Gesetzentwurf protestiert, der das Rauchen in öffentlichen Räumen verbieten soll.
"Wenn du noch eine rauchst, bringe ich dich um!"

Wütend tritt der Regisseur auf der Bühne eine Kippe aus. Die Zuschauer halten den Atem an, will Regisseur Nick tatsächlich dem Ministerialrat Christian wegen einer Zigarette an den Kragen?

Er will, denn so steht es im Stück "Die Optimisten" von Moritz Rinke. Im modernen Drama wird auf der Bühne geraucht, und das sorgt jetzt auch vor der Bühne für Streit.

Mehr als 140 Parlamentarier haben einen fraktionsübergreifenden Gruppenantrag unterschrieben, in dem sie von der Regierungskoalition ein allgemeines Rauchverbot fordern. Noch in diesem Jahr soll ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, der Nichtraucher in öffentlichen Bereichen vor Passivrauchen schützt.

Theater sind öffentliche Räume und so könnte das Rauchverbot auch für die Bühne gelten. Könnte!, denn das für Inszenierungen in Zukunft ein generelles Rauchverbot gelten soll, hat bislang niemand wirklich gefordert. Aber was nicht ist, kann ja noch werden, dachte man sich beim Deutschen Bühneverein. Und so protestiert Direktor Rolf Bolwin vorsorglich mit einer Pressemitteilung gegen ein Rauchverbot auf Bühne.

"In vielen Dramen ist das Rauchen Bestandteil der Regieanweisung des Autors. Das gilt für Ibsens "Nora" oder die Tschechow-Stücke "Onkel Wanja" und "Die Möwe". Es kann per Gesetz nicht vorgeschrieben werden, dass ein Werk für eine Aufführung verändert werden muss. Die Kunstfreiheit gebietet für das Rauchen auf der Bühne gesetzliche Sonderregelungen."

Wir sind sehr gespannt wie diese Sonderregelung aussehen wird. Denn bislang tut sich die Bundesregierung mit dem Nichtraucherschutz schwer. Die Tabaklobby hat die Parlamentarier fest im Griff. Sie hat ihnen sogar den Entwurf für das Nichtrauchergesetz geschrieben, den die Abgeordneten mal eben eins zu eins übernommen haben – Inklusive Layout und Tippfehler –, wie kürzlich Bärbel Höhn von den Grünen auffiel:

"Normalerweise sind sie ja ein bisschen geschickter, da stehen zwar am Ende die selben Positionen, nur anders formuliert. Aber dass sie sich noch nicht einmal die Mühe machen, die Textbausteine zu verändern, das sehe ich so auch zum ersten Mal."

Premiere für das klassische Trauerspiel auf der politischen Bühne. Hinter den Kulissen dirigiert der Verband der Zigarettenindustrie. Und zwar ganz ohne Warnhinweise.

Im echten Theater könnte das demnächst vielleicht anders aussehen. Wie auf Zigarettenschachteln würde der Theaterbesucher über die gesundheitlichen Risiken der Inszenierung vorab informiert: "Achtung, in dieser Aufführung wird geraucht!" Dann könnte jeder selbst entscheiden, ob er am Theaterbesuch mit Kippe teilnimmt.

Das Gespräch zum Thema mit Prof. Helmut Gohlke, Vorstandsmitglied der Deutschen Herzstiftung, können Sie für begrenzte Zeit in unserem Audio-on-Demand-Player hören.