Absurditäten des Filmgeschäfts
Rick Moody wurde vor allem durch die Verfilmung seines Romans "Der Eissturm" durch Regisseur Ang Lee bekannt. In seinem neuen Roman "Wassersucher" nimmt er die Medienlandschaft Amerikas und die Idiotie der Soap Operas satirisch aufs Korn. Das Ganze ist erzählt wie ein Episodenfilm und führt ein reichhaltiges Personal ein, was das Ganze mitunter ermüdend macht, gleichzeitig kaleidoskopartig die Skurrilitäten im Film-Business plastisch schildert.
Die konservativen Kritiker in den USA schätzen ihn nicht besonders. Einer bezeichnete Rick Moody sogar als schlechtesten Schriftsteller seiner Generation. Das liegt sicherlich daran, dass der 45-jährige Autor kein Blatt vor den Mund nimmt, geht es um die offizielle Politik und sich explizit als politischen Schriftsteller versteht, denn ob man will oder nicht, alles, was man schreibt, so Moody in einem Interview mit der "New York Times", hat politische Bedeutung.
Moodys Romane sind mehrfach ausgezeichnet worden, dennoch umstritten, als obszön abgelehnt. Bekannt wurde er nicht zuletzt durch die Verfilmung seines Romans "Eissturm" durch Ang Lee. Seine Erfahrungen mit dem Film-Business dienten ihm jetzt als Grundlage für sein jüngstes Werk "Wassersucher".
Auch wenn sich das Buch als Roman ausgibt, so fehlt ihm doch die Kohärenz dieser Gattung, seine Geschlossenheit. Rick Moody reiht wie in einem Episodenfilm Szenen aus dem Leben einer ganzen Reihe von Protagonisten aneinander, die zwar alle durch gemeinsame Arbeit miteinander verbunden sind, aber sonst kaum etwas miteinander zu tun haben. Als roter Faden, der durch das Buch führt, dient die Idee eines Filmtreatments für eine große Fernsehserie, die quasi alle Genres bedient und umfasst und dem Roman seinen Titel gibt: Der Wassersucher.
Ausgangspunkt ist die Goldene Horde der Mongolen, deren Anführer die Kunst des Wassersuchens mit einer Astgabel beherrscht, ein Wünschelrutengänger. Diese Gabe wird, nachdem seine Krieger die westliche Kultur erobert und sich mit den Eroberten gemischt haben, an die nächsten Generationen vererbt, so dass sie sich über zahlreiche Völker und Kulturen verteilt. Schließlich gelangt die Fähigkeit der Wassersuche nach 30 Generationen nach Las Vegas.
Hanebüchener Schwachsinn - doch alle Beteiligten nehmen die Idee bitter ernst, erweitern sie, bauen sie aus, streiten um Beteiligung und Rollenverteilung, Regisseure und Schauspieler. Rick Moody nutzt das Treatment, um in ihm alles unterzubringen, was Amerikas Fernsehindustrie liebt: Action und Abenteuer, Drama und Tragödie, Zeitreise und Gegenwartsgeschichte, exotische Länder, fremde Kulturen, Liebe und Tod, Erfolg und Verlust, Aufstieg und Fall.
Es fällt schwer, die Geschichte des Romans auf den Punkt zu bringen, denn Rick Moody springt ständig hin und her. Eine seiner Hauptfiguren ist die schwarze Filmproduzentin Vanessa Meandro, massiv übergewichtig, deshalb heimlich Minivan genannt, Donuts-süchtig, mit einer alkoholabhängigen Mutter geschlagen, schräge Independent-Filme finanzierend, aber ziemlich erfolgreich in ihrem Metier. Sie ist ruppig und rüde im Umgang mit ihren Angestellten, ein Kotzbrocken. Einer ihrer Partner ist der sexgierige Actionstar Thaddeus Griffin, der jeder Frau an die Wäsche will.
Hinzu kommen eine ehrgeizige Assistentin, die unter Pseudonym die Mongolengeschichte als Filmidee einreicht, deren durchgeknallter Bruder, der sich sein Geld als Fahrradkurier verdient und dann eines Mordversuchs verdächtigt wird, ein Mietwagenchauffeur, ein filmverrückter Sikh, der zum Filmberater der Firma aufsteigt und noch ein halbes Dutzend weiterer Beteiligter, die alle nur kurze Auftritte haben, um dann wieder in der Versenkung zu verschwinden. Diese Art von Konstruktion bringt es mit sich, dass keine einzige Geschichte beendet wird, sie alle im Niemandsland enden.
Rick Moody hatte wohl auch anderes im Sinn, als eine stringente Geschichte zu erzählen. Ihm ging es eher um eine Satire auf Amerikas Medienlandschaft, auf ihre Protagonisten und ihre verqueren Denkmuster, die Stoffe der Filme. Seine Episoden wirken wie ein vielfarbiges Kaleidoskop, das bei jeder Drehung eine andere absurde Facette des Filmgeschäfts zeigt.
Die Übertreibungen sind gewollt und bewusst gesetzt. Er reiht schrille und schräge Anekdoten aneinander, verhöhnt die Hirnlosigkeit amerikanischer Soap Operas ebenso wie die aufgeblasene Intellektualität von Independent Filmen, amüsiert sich über Starrummel und Sensationsgier, verlacht Produzenten, spießt Konkurrenzneid und Betroffenheitskultur auf. Dabei gelingen ihm immer wieder grandiose Bilder, aber bisweilen vergreift er sich, übertreibt dermaßen, dass man leicht genervt den Absurditäten folgt.
Rick Moodys Problem: er bleibt dem Genre treu und überträgt dessen Schwachsinn aufs Papier. Während man beim Fernsehen einfach weiterzappen kann, muss man beim Lesen ein Kapitel überspringen. Doch das geht problemlos, denn man versäumt nichts Wesentliches. So bleibt nach der Lektüre ein schaler Geschmack zurück.
Rezensiert von Johannes Kaiser
Rick Moody: Wassersucher
Übersetzt von Ingo Herke
Piper Verlag München 2006
603 Seiten, 23,90 Euro
Moodys Romane sind mehrfach ausgezeichnet worden, dennoch umstritten, als obszön abgelehnt. Bekannt wurde er nicht zuletzt durch die Verfilmung seines Romans "Eissturm" durch Ang Lee. Seine Erfahrungen mit dem Film-Business dienten ihm jetzt als Grundlage für sein jüngstes Werk "Wassersucher".
Auch wenn sich das Buch als Roman ausgibt, so fehlt ihm doch die Kohärenz dieser Gattung, seine Geschlossenheit. Rick Moody reiht wie in einem Episodenfilm Szenen aus dem Leben einer ganzen Reihe von Protagonisten aneinander, die zwar alle durch gemeinsame Arbeit miteinander verbunden sind, aber sonst kaum etwas miteinander zu tun haben. Als roter Faden, der durch das Buch führt, dient die Idee eines Filmtreatments für eine große Fernsehserie, die quasi alle Genres bedient und umfasst und dem Roman seinen Titel gibt: Der Wassersucher.
Ausgangspunkt ist die Goldene Horde der Mongolen, deren Anführer die Kunst des Wassersuchens mit einer Astgabel beherrscht, ein Wünschelrutengänger. Diese Gabe wird, nachdem seine Krieger die westliche Kultur erobert und sich mit den Eroberten gemischt haben, an die nächsten Generationen vererbt, so dass sie sich über zahlreiche Völker und Kulturen verteilt. Schließlich gelangt die Fähigkeit der Wassersuche nach 30 Generationen nach Las Vegas.
Hanebüchener Schwachsinn - doch alle Beteiligten nehmen die Idee bitter ernst, erweitern sie, bauen sie aus, streiten um Beteiligung und Rollenverteilung, Regisseure und Schauspieler. Rick Moody nutzt das Treatment, um in ihm alles unterzubringen, was Amerikas Fernsehindustrie liebt: Action und Abenteuer, Drama und Tragödie, Zeitreise und Gegenwartsgeschichte, exotische Länder, fremde Kulturen, Liebe und Tod, Erfolg und Verlust, Aufstieg und Fall.
Es fällt schwer, die Geschichte des Romans auf den Punkt zu bringen, denn Rick Moody springt ständig hin und her. Eine seiner Hauptfiguren ist die schwarze Filmproduzentin Vanessa Meandro, massiv übergewichtig, deshalb heimlich Minivan genannt, Donuts-süchtig, mit einer alkoholabhängigen Mutter geschlagen, schräge Independent-Filme finanzierend, aber ziemlich erfolgreich in ihrem Metier. Sie ist ruppig und rüde im Umgang mit ihren Angestellten, ein Kotzbrocken. Einer ihrer Partner ist der sexgierige Actionstar Thaddeus Griffin, der jeder Frau an die Wäsche will.
Hinzu kommen eine ehrgeizige Assistentin, die unter Pseudonym die Mongolengeschichte als Filmidee einreicht, deren durchgeknallter Bruder, der sich sein Geld als Fahrradkurier verdient und dann eines Mordversuchs verdächtigt wird, ein Mietwagenchauffeur, ein filmverrückter Sikh, der zum Filmberater der Firma aufsteigt und noch ein halbes Dutzend weiterer Beteiligter, die alle nur kurze Auftritte haben, um dann wieder in der Versenkung zu verschwinden. Diese Art von Konstruktion bringt es mit sich, dass keine einzige Geschichte beendet wird, sie alle im Niemandsland enden.
Rick Moody hatte wohl auch anderes im Sinn, als eine stringente Geschichte zu erzählen. Ihm ging es eher um eine Satire auf Amerikas Medienlandschaft, auf ihre Protagonisten und ihre verqueren Denkmuster, die Stoffe der Filme. Seine Episoden wirken wie ein vielfarbiges Kaleidoskop, das bei jeder Drehung eine andere absurde Facette des Filmgeschäfts zeigt.
Die Übertreibungen sind gewollt und bewusst gesetzt. Er reiht schrille und schräge Anekdoten aneinander, verhöhnt die Hirnlosigkeit amerikanischer Soap Operas ebenso wie die aufgeblasene Intellektualität von Independent Filmen, amüsiert sich über Starrummel und Sensationsgier, verlacht Produzenten, spießt Konkurrenzneid und Betroffenheitskultur auf. Dabei gelingen ihm immer wieder grandiose Bilder, aber bisweilen vergreift er sich, übertreibt dermaßen, dass man leicht genervt den Absurditäten folgt.
Rick Moodys Problem: er bleibt dem Genre treu und überträgt dessen Schwachsinn aufs Papier. Während man beim Fernsehen einfach weiterzappen kann, muss man beim Lesen ein Kapitel überspringen. Doch das geht problemlos, denn man versäumt nichts Wesentliches. So bleibt nach der Lektüre ein schaler Geschmack zurück.
Rezensiert von Johannes Kaiser
Rick Moody: Wassersucher
Übersetzt von Ingo Herke
Piper Verlag München 2006
603 Seiten, 23,90 Euro