Absage von Tellkamp-Lesung

Debatte um Meinungsfreiheit in Dresden

06:45 Minuten
Das Foto zeigt das Lingnerschloss in Dresden.
Lingnerschloss in Dresden: Hier sollte Uwe Tellkamp lesen. © picture alliance / dpa / imageBROKER / Torsten Becker
Joachim Klement im Gespräch mit Dieter Kassel · 09.01.2020
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Der Förderverein Lingnerschloss hat in Dresden eine Veranstaltungsreihe der Zeitschrift "Tumult" abgesagt, betroffen ist auch eine Lesung von Uwe Tellkamp. Der Intendant des Staatsschauspiels Dresden, Joachim Klement analysiert die darum rankende Debatte.
Der Verein Lingnerschloss in Dresden hat eine rechtskonservative Veranstaltungsreihe abgesagt, der Schriftsteller Uwe Tellkamp sollte zum Auftakt dort Auszüge aus seinem neuen Roman vorstellen. Veranstalter der Reihe war die Zeitschrift "Tumult", die sich im rechten Bereich bewegt.
Tellkamp darf nicht lesen - das hat in Dresden für einen Neuaufguss einer im Grunde alten Debatte gesorgt. Denn Rechtskonservative sehen sich oft in der Opferrolle und betrachten den herrschenden Diskurs als linksgesteuert, in dem keine anderen Meinungen zulässig sind.
Der Schriftsteller Uwe Tellkamp, aufgenommen am 24. Mai 2017 mit verschränkten Armen in Dresden am Rande einer Pressekonferenz.
Der Schriftsteller Uwe Tellkamp befindet sich erneut im Zentrum einer Debatte um die Meinungsfreiheit.© picture alliance / dpa-Zentralbild / Sebastian Kahnert
Der Intendant des Staatsschauspiels Dresden, Joachim Klement, äußert Verständnis für die Absage - denn es sei eben nicht nur um eine Tellkamp-Lesung gegangen. Sondern um eine Reihe von Veranstaltungen, bei der unter anderem auch ein Historiker habe auftreten sollen, der die deutsche Flüchtlingspolitik als "Staatsstreich" abgetan und kirchliche Würdenträger und Medien als "Lügner" bezeichnet habe, die "Widersacher der Meinungsfreiheit" seien. Da sei man im Umfeld von Verschwörungstheorien und rechtsradikaler Propaganda, betont er.

Durchlässiger, offener und zukunftsorientierter

"Dass das ein Verein spät merkt, ist ärgerlich genug, gut ist, dass er es gemerkt hat", sagt Klement.
Über Dresden äußert sich der Intendant freundlich: Die Stadt sei "viel weniger polarisiert, als das jetzt durch diesen Vorfall erscheint". Veranstaltungen und Debatten seien heute "sehr viel durchlässiger, offener und zukunftsorientierter" als noch vor ein paar Jahren.
Und Tellkamp? Der sei keine "persona non grata", sagt Klement. Er könne überhaupt nicht verstehen, dass jemand, der einen Roman wie "Der Turm" geschrieben habe, sich in eine solche Situation bringe: "Aber das muss Herr Tellkamp ja für sich selber entscheiden."
Und wenn Tellkamp wegen einer Lesung im Staatsschauspiel anfragen würde? "Ja, da würden wir drüber nachdenken, klar."
(ahe)
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