Abonnentenorchester des DSO Berlin

Raus aus dem Sessel, rauf auf die Bühne!

Impression beim Konzert des Abonenntenorchesters
Impression beim Konzert des Abonenntenorchesters © Foto: Philipp Quiring
Von Philipp Quiring  · 14.06.2016
Nicht nur applaudieren, auch mal fiedeln: Die Konzert-Abonnenten des Deutschen-Sinfonieorchesters Berlin haben ein eigenes Orchester gegründet. Am Wochenende spielte das "Abonnentenorchester" sein Sommerkonzert - auf einem Flughafen in Berlin.
Nachtschwarz erklingt die Musik aus Sibelius’ sinfonischer Dichtung "Finlandia". In einem Flugzeughangar, einer Art großer Garage für alles was fliegt, sitzen rund 1000 Zuhörerinnen und Zuhörer. Das "Abonnentenorchester des Deutschen-Sinfonieorchesters Berlin" spielt. Im Hintergrund zwei Kampfjets, ein überdimensional großer Helikopter und ein Raketenwerfer.
Bereits das fünfte Jahr in Folge wird der Hangar 7 im Luftwaffenmuseum auf dem ehemaligen Flughafen Gatow dem Orchester zur Verfügung gestellt. Ein Klangkörper, der einst vom stellvertretenden Solotrompeter des DSO Heinz Radzischewski gegründet wurde. Er leitet das Orchester seit der ersten Stunde.

"Die Abonnenten wurden alle angeschrieben. Und wer Lust und Laune hat, bei uns mitzuspielen, ist herzlich willkommen! Und daraus entstand eben erstmal dieses kleine Orchester und das wurde dann immer größer."
Anfangs noch um die 40 Mitglieder, mittlerweile sind es 70: Eine große Schar von Semi-Profis, Profis und begeisterten Laien bildet die buntgemischte Truppe, die zusammen ein Orchester formiert. Unterstützt wird das "Abonnentenorchester" seit Beginn vom DSO.
Für die wöchentlichen Proben wird der Ferenc-Fricsay Saal im RBB-Zentrum zur Verfügung gestellt. Stühle, Notenständer und Partituren werden serviert. Zudem schaut gelegentlich einer der Profidirigenten vorbei und arbeitet mit dem Orchester. Als Solisten für das Konzert im Hangar erhält das Ensemble diesmal Musiker vom Deutschen-Sinfonie Orchester.

Schlechte Akustik auf dem Flughafengelände

"Das macht denen auch große Freude, mal als Solist aufzutreten. Das sind ja nicht nur Solisten auch im Orchester, sondern auch oft Tutti-Geiger und die spielen aber wahnsinnig hervorragend. Und so haben sie die Möglichkeit, mal als Solist aufzutreten."
Eva-Christina Schönweiss, sonst Stimmführerin der Zweiten Violinen im DSO, spielt Sarasates virtuose Fantasie nach Themen aus Bizets Oper "Carmen". Aus dem Orchester wird sie dabei von verschiedenen Berufsgruppen unterstützt: Von Ärzten, Anwälten, Lehrern und einem Busfahrer der Berliner Verkehrsgesellschaft.
Dass die Musiker auf einem alten Flughafengelände spielen, gibt zwar optisch einiges her, allerdings hat das Militärareal einen erheblichen Schwachpunkt: die Akustik. In den Weiten der Halle klingen die Instrumente lange nach. Die Solistin muss mikrofoniert werden, die Orchester-Streicher verschwimmen trotz guter Artikulation. Die Blechbläser erreichen das Klangvolumen ihres Lebens. Einer von ihnen ist Hobbytrompeter Stephan Ostermeyer. Er arbeitet als Architekt und Kulturmanager, entwickelt Ausstellungen für Kinder und Jugendliche.
"Also als ich angefangen habe – ganz lustig – da war ich einer der jüngsten Mitglieder und das hat sich mittlerweile geändert. Also der Altersdurchschnitt ist gesunken. Es sind etliche Jüngere dazugekommen, was auch gut und wichtig ist für ein Orchester, damit es weiter bestehen bleibt, damit die Mischung irgendwie gut ist – finde ich."

"Fürs Blech immer ein Paradestück"

Der Mitte 40-Jährige hat weder intensiven Unterricht genossen, geschweige denn Trompete studiert. Aus der regelmäßigen Orchesterarbeit, dem Austausch auch mit Profiaushilfen zieht er einen großen Mehrwert für sich.
"Da habe ich wahnsinnig viel gelernt. Im Orchesterzusammenspiel und was das Selbstbewusstsein auch anbelangt, überhaupt laut zu spielen, während andere zuhören und ein Publikum von vielleicht 1000 Zuhörern dabei ist. 'Finlandia' von Jean Sibelius ist natürlich fürs Blech immer ein Paradestück. Also da kann man wirklich Blech-Klangkultur zelebrieren."

Neben der Unterstützung, die das "Abonnentenorchester" erhält, leistet es selbst einen sozialen Anteil für ausgewählte Institutionen. Die drei bis fünf Konzerte pro Jahr werden häufig dafür verwendet, die "Krebshilfe" zu unterstützen und die "Lebenshilfe" mit ihrer Arbeit für die Förderung von Menschen mit geistiger Behinderung. Instrumente werden bereitgestellt, Geld wird gespendet.
Die Arbeit der Bundeswehr für die Behandlung traumatisierter Soldaten wird ebenfalls gefördert. Ein Grund, warum das Konzert vergangenen Samstag auf dem Militärgelände stattfand.
"Also, was ich sofort wahrgenommen habe, das ist eher dieser Geruch: Also diese ganze Halle riecht nach Öl, nach Maschinenöl. Und ja, das ist eine wirklich interessante Stimmung. Die Maschinen, die da rechts und links stehen, die blendet man während man spielt komplett aus eigentlich. Das spielt gar keine Rolle."
Mehr zum Thema