Abgang ohne Resignation

Holk Freytag im Gespräch mit Susanne Burkhardt · 09.06.2009
Die Spielzeit 2009/2010 wird an vielen deutschen Bühnen mit einem Intendantenwechsel beginnen. Fazit fragt in der Reihe "Hin und Weg" die scheidenden Theaterleiter nach ihren Erfahrungen, Wünschen und Plänen. Seine Inszenierung von Peter Weiss' "Die Ermittlung" in Dresden bezeichnete Holk Freytag als Höhepunkt seiner Laufbahn.
Der gebürtige Rheinländer verlässt zum Spielzeitende das Staatsschauspiel Dresden, um die Leitung der Bad Hersfelder Festspiele zu übernehmen, die vom 13. Juni bis 2. August stattfinden. Fazit zog mit ihm eine Bilanz seiner Arbeit. Lesen Sie hier einen Auszug aus dem Gespräch:

Susanne Burkhardt: Die SPD-Politikerin Eva-Maria Stange, Staatsministerin für Wissenschaft und Kunst in Sachsen, wollte das Staatsschauspiel Dresden überregional erfolgreicher sehen. Sie hat Ihren Vertrag nicht verlängert, obwohl Sie gern geblieben wären. Und sie hat Wilfried Schulz geholt, der jetzt den Erfolg bringen soll. Kränkt Sie solch ein Vorgehen?

Holk Freytag: Nein, das tut es überhaupt nicht. Damit muss man a) rechnen in dem Beruf, b) ist die Beurteilung von Theater wie jede Kulturleistung sehr subjektiv. Und ich akzeptiere immer, wenn jemand das anders sieht als ich.

Susanne Burkhardt: Sie sind einer der Intendanten, die nicht nur leiten, sondern immer auch gern inszeniert haben. Am Staatsschauspiel Dresden brachten Sie unter anderem Peter Weiss' "Ermittlung" auf die Bühne, Sie haben Goethes "Faust" in beiden Teilen inszeniert. Was war rückblickend der größte Erfolg für den Regisseur Holk Freytag?

Holk Freytag: Da brauche ich gar nicht nachzudenken. Das ist die "Ermittlung" mit dem Kreuzchor am 8. Februar 2004 in der Kreuzkirche gewesen. Bei dieser Vorstellung waren zweieinhalbtausend Menschen anwesend. Es ist uns gelungen, dieses Publikum einzuschwören auf einen Gedanken, der erstmals öffentlich den Holocaust mit der Zerstörung Dresdens in einen Kausalzusammenhang gesetzt hat. Und das ist verstanden worden von den Dresdnern. Und diese Atmosphäre nach dieser fast dreistündigen Aufführung ohne Pause - das Publikum blieb minutenlang sitzen - bis es dann ganz in sich gekehrt rausgegangen ist, wo die Stadt dick verschneit war. Das war zweifelsfrei für mich der Höhepunkt wahrscheinlich überhaupt meiner künstlerischen Laufbahn.

Sie können das vollständige Gespräch mindestens bis zum 10.11.09 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Player nachhören.