Abgang Erwin Teufel

Von Barbara Roth · 19.04.2005
"Des is a rechter Moa". Wenn Baden-Württemberger sich so über ihren Landesvater äußern, ist das das höchste Lob. Erwin Teufel hat es verdient. In den 14 Jahren und 88 Tagen seiner Amtszeit war er immer ein Ministerpräsident der einfachen Leute. Heute trat der 65-Jährige ab. In zwei Tagen wird Fraktionschef Günther Oettinger zum Nachfolger gewählt.
Erwin Teufel hinterlässt ein geordnetes Haus. Wirtschaftskraft, Arbeitslosenquote, Geburtenrate, Bildungs- und Forschungsqualität, und, und, und; das Land ist Spitze beim Export und den Patentanmeldungen - in fast allen wichtigen Rankings, in denen sich die Bundesländer miteinander vergleichen, steht Baden-Württemberg weit oben. Meist auf Platz eins oder zwei - vor oder hinter Bayern. Erwin Teufel hat die Basis dafür gelegt. Ihm kam es immer darauf an, das Land zukunftsfähig zu gestalten. Der Südwesten wird noch sehr lange von seinem Wirken profitieren.

Baden-Württemberg ist das Land der Handwerker und des Mittelstands. Der Tüftler und der Schaffer. Erwin Teufel ist einer von ihnen. Und doch muss jeder Handwerker seine Nachfolge regeln, wenn er will, dass sein Unternehmen ihn überlebt. Erwin Teufel hat das versäumt. Zu lange hat er seine Partei im Unklaren gelassen, wann und an wen er die Stabsübergabe plant. Monatelang verweigerte sich Teufel den parteiinternen Diskussionen. Er schwieg, wenn Parteifreunde von ihm klare Aussagen verlangten. Er brüllte, er lasse sich nicht wegmobben, wenn Fraktionskollegen Mitsprache einforderten. Er dachte sogar laut über Neuwahlen nach, als ihm zwei Minister des Koalitionspartners FDP abhanden kamen. Denn Erwin Teufel hatte einen persönlichen Traum - er schielte nach der absoluten Mehrheit für seine CDU. Er war sich sicher, nur mit ihm als Zugpferd wird den Christdemokraten in Baden-Württemberg gelingen - was sie zuletzt 1988 schafften: eine Alleinregierung der CDU.

Erwin Teufel hat Recht. Er hätte bei den Landtagswahlen im kommenden Frühjahr die absolute Mehrheit holen können. Das wissen auch seine Parteifreunde. Und trotzdem - die Zeit des bodenständigen Bauernsohns ist vorbei.

Erwin Teufel war ein stiller Schaffer. Bescheiden und bieder, keiner fürs Rampenlicht. Heutzutage aber muss man klotzen, nicht kleckern. Baden-Württemberg ist Spitze - doch wer weiß das schon? Vom Nachbarland Bayern weiß das jeder - Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber strahlt durch pure Anwesenheit politisches Gewicht und Bedeutung aus. Erwin Teufel aber ging diese Außenwirkung immer ab. In Talkshow aber auch in Reden wirkten seine langatmigen Bilanzierungen eher einschläfernd denn begeisternd. Der 65-Jährige war ein erfolgreicher Ministerpräsident, aber nie ein erfolgreicher Verkäufer.

Baden-Württemberg wird unter Wert verkauft. Klagen wie diese hörte man die letzten Jahre oft. Es waren nicht die Ohrfeigen seines politischen Ziehsohns, die Erwin Teufel zum Abgang zwangen. Sondern der Wunsch nach einem Neuen an der Spitze, der so bedeutend sein soll, wie das Land sich fühlt. Fleißig und verlässlich wie Erwin Teufel soll er sein. Umtriebig und von bundesweitem Gewicht wie Lothar Späth. Und mächtig wie Edmund Stoiber. Erwartungen, die Günther Oettinger erst mal erfüllen muss.