Ab in die "Geschlossene"

Von Achim Simon · 19.02.2010
Wer über die Behandlung psychisch Kranker sprechen will, betritt ein Minenfeld. Unversöhnlich stehen sich bislang Politiker, Ärzte und Patienten gegenüber. Der Streit hat neue Munition bekommen durch eine UN-Konvention zu den Rechten von Behinderten, die nach Auffassung von Patienten Zwangseinweisungen und Zwangsbehandlungen psychisch Kranker verbietet.
Insbesondere der Artikel 14 der UN-Konvention scheint den Patienten Recht zu geben, so die Meinung von Karla Kundisch vom Selbsthilfenetzwerk für seelische Gesundheit in Sachsen:

"Ja, es wird leider versucht, Menschen zu ihrem Glück zu zwingen, das tut nicht gut. Und der Artikel 14 ist einer, der das nicht zulässt. Also, was da gemacht wird, die Zwangseinweisungen sind im Einklang mit einem Gesetz und das es dieses Gesetz gibt, ist eigentlich das Problem, denn in der UN-Konvention steht ja weiterhin noch, dass das Vorliegen einer Behinderung in keinem Falle eine Freiheitsentziehung rechtfertigt."

Das in Deutschland geltende Gesetz zur Unterbringung und Betreuung psychisch Kranker widerspricht also nach Patientenmeinung fundamental dem Gedanken der UN-Konvention. Gleichwohl wurden nach Angaben des Bundesjustizministeriums allein im Jahr 2008 über 230.000 Zwangseinweisungen vorgenommen, Tendenz steigend. Die gesetzlichen Hürden für einen solchen Schritt sind zwar hoch, aber sie ändern nichts an dem Grundgedanken, der für Betroffene schlicht dem auch im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgedanken aller Menschen widerspricht:

"Alleine mit der Bezeichnung psychisch krank und dadurch auch behindert, wird ja über unsere Köpfe hinweg entschieden, also, für manche Menschen ist es gut, dass das, was sie erleben, als krank bezeichnet wird, und für manche ist es gut, dass sie dafür behandelt werden, aber nicht für alle, und das ist ungerecht."

Der Bundesverband Psychiatrieerfahrener Patienten, zu dem auch das Selbsthilfenetzwerk für seelische Gesundheit in Sachsen gehört, fordert daher den kompletten Verzicht auf Zwangseinweisungen und Zwangsbehandlungen, erkennt aber gleichzeitig an, dass die Behandlung und Betreuung psychisch Kranker vielfach besser geworden ist. Es könnte noch viel besser sein, wenn der Zwang entfällt, betont Karla Kundisch:

"Was jetzt noch fehlt, ist eigentlich nur, dass wir ernst genommen werden wie jeder andere Mensch auch, und dass wir selbst entscheiden dürfen, was uns gut tut und dass wir zu keiner Behandlung gezwungen werden, das wird ja mit anderen Menschen auch nicht gemacht."