"A Paradise" von Gwilym Gold

Debütalbum mit elegantem Engelsgesang

Schallplatten (LPs) in Plattenladen in Seoul
Schallplatten (LPs) in Plattenladen in Seoul © picture-alliance / dpa / Daniel Kalker
Von Martin Risel · 24.08.2015
Der Londoner Musiker Gwilym Gold überzeugt auf seinem Debütalbum "A Paradise" mit elegantem Pop. Seine minimalistischen Klavierkompositionen und schönen Streicher-Arrangements sind fein und eingängig. Statt Kitsch und Pathos bietet er Niveau und Tiefe.
Schmachtende Falsett-Stimme über zart getupften Piano-Akkorden in elektronischer Klanglandschaft, dazu ultramoderne Beats - Gwilym Gold entwickelt den zeitlos dahin schwebenden Pop-Minimalismus des Londoner Kollegen James Blake weiter zu einem ästhetischen Gesamtkunstwerk, das sich aus vielen Kunst- und Geistesquellen speist. Sein neues Album hat auch inhaltlich sowas wie ein Generalthema:
"Ich hab gerade viel über Mythologie gelesen, als ich die Texte geschrieben hab - und so sind davon einige Figuren in die Zeilen eingeflossen. Also, klar: Das ist schon zum Thema geworden."
Geboren und aufgewachsen ist Gwilym Gold in London, schon als Kind lernt er Klavier, dann spielt er am liebsten Jazz: Gil Evans, John Coltrane, dieses Schwerelose, Schwebende, das wird seins.
Mit seiner ersten richtigen Band Golden Silvers macht er aber zunächst Glamour-Pop. Nicht lange, danach veröffentlicht Gwilym Gold ein Konzept-Werk über eine eigene App, die jeden Song bei jedem Abspielen variiert. Schöne Spielerei, nicht wirklich ein Debütalbum.
Engelsgesang und Streicher
Als solches gilt jetzt "A Paradise". Mit so sanften wie schwermütigen Songs, die oft ohne Beats fast paradiesisch in elektronischen Betten ruhen.
Die Grundstruktur seiner Songs entwickelt Gwilym Gold zuhause am Piano, bevor er sie gemeinsam mit seinem Co-Produzenten Lexxx in einem Londoner Studio über ein Jahr lang ausarbeitet. Für 4 der 10 Werke hat der zeitgenössische Klassik-Komponist Nico Muhly aus den USA sehr feinfühlige Streicher-Arrangements beigesteuert. Ein intensives Feintuning an Stimmen und Stimmungen – Gwilym Gold hat ein genaues Gespür für das Klangbild, das er haben möchte. So wie in diesem Song Evergreen:
"Da war erst so eine Sequenz drin mit einem Dröhnen, das ich gerne auflösen wollte – mit diesem Engelsgesang, aber auch mit den Streichern. Nicht einfach, aber es ging dann in drei, vier Stunden."
Akribisch arbeitet er so an seinen Songs bis sie wie aus einem Guss dahinfließen, zeitlos, schwerelos - losgelöst aus musikalischen Genres, mit einem ganz eigenen, elegischen und eleganten Ton.
Ein Hauch von Herbst
Die Debüt-Single "Muscle" zeigt dann noch eine ganz andere Seite von Gwilym Gold. Denn bei dem jungen Londoner Künstler gibt es einige Parallelen zum jungen Bryan Ferry: Die gleiche Tolle in den dunklen Haaren, der Glamsound seiner ersten Band und seine Rolle dort als galanter Frontmann, diese Sehnsucht in seiner Stimme, der Neben-Job als Model und ein Modebewusstsein, dass so weit geht, dass er das britische Schlamm- und Gummistiefel-Festival Glastonbury im einem weißen Anzug besucht.
Dazu ein deutlicher Bezug zur bildenden Kunst, nackte Frauen im Video und ein ästhetischer Anspruch und Ausdruck, den er und sein Regisseur zum Beispiel im Artwork zu diesem Song „Muscle" mit äußeren und inneren Muskeln visualisieren.
"Der erste Gedanke bei Muskeln ist ja dieses ästhetische und sexuelle Erscheinungsbild. Das spiegeln wir im Artwork zum Song wieder. Aber auch diesen Gedanken an den wichtigsten Muskel im Körper: Dein Herz."
Ans Herz gehen auch diese minimalistischen Klavierkompositionen mit ihren schönen Streicher-Klängen und dem feinen Falsett von Gwilym Gold. Ein wie in einem Atem dahin gehauchtes Album mit eingängigen Melodien, ohne Kitsch und Pathos, dafür mit Niveau und Tiefgang. Eine Sommerbrise, die in ihrer Melancholie einen Hauch vom Herbst beinhaltet.
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