90 Jahre Penicillin

Entdecker Alexander Fleming warnte früh vor Resistenzen

Der Entdecker des Penicillins, Alexander Fleming, in seinem Labor, aufgenommen in den 50er Jahren.
"Es besteht die Gefahr, dass die Mikroben lernen, resistent gegen Penicillin zu werden", so deutlich formuliert Alexander Fleming die Gefahren in seiner Nobelpreisrede. © imago/United Archives International
Von Jens-Peter Marquardt · 02.09.2018
Vor 90 Jahren entdeckte Alexander Fleming den Grundstock für das Antibiotikum Penicillin - und rettete damit viele vor dem Tod. Schon damals warnte der Arzt vor inflationärem Gebrauch und Resistenzen. Dass er überhört wurde, hat heute tödliche Folgen.
Millionen Menschen in aller Welt, die durch seine großartige Entdeckung gerettet worden seien, würden seinen Tod bedauern. So würdigte der BBC-Nachrichtensprecher Alexander Fleming, nach seinem Tod 1955. Der Nutzen, den er der Menschheit gebracht habe, sei unschätzbar.
Es war die Entdeckung der antibakteriellen Wirkung von Penicillin, die den Ruhm des Mediziners und Mikrobiologen begründete. Flemings eigene Erfahrungen im Ersten Weltkrieg, die Erfahrung, dass damals in den Schützengräben mehr Soldaten an Wundinfektionen als direkt durch den Beschuss aus Gewehren und Kanonen starben, ließen ihn nach dem Krieg nach Gegenmitteln gegen gefährliche Bakterien suchen.
Der Durchbruch bei dieser Suche war dann allerdings auch einem Zufall zu verdanken. Fleming war kein besonders ordentlicher Forscher. Als er sich 1928 in den Sommerurlaub verabschiedete, räumte er nicht richtig auf, sondern ließ die Staphylokokken, an denen er arbeitete, offen herumstehen. Nach seiner Rückkehr aus dem Urlaub machte er dann die bahnbrechende Entdeckung: Schimmelpilze der Gattung Penicillium hätten in der Staphylokokken-Schale gewuchert, erklärte Fleming später:
"Am Boden hatte sich der Schimmel gebildet. Und da, wo der Schimmel mit den Staphylokokken in Berührung gekommen war, waren die Bakterien verschwunden. Das war seltsam und rief nach weiterer Untersuchung."

Im Jahr 1941 wurde der erste Patient mit Penicillin behandelt

Es dauerte noch Jahre und brauchte die Mitarbeit zahlreicher weiterer Forscher, bis das Antibiotikum als Medikament auf den Markt kommen konnte. 1941 wurde der erste Patient damit behandelt. 1943 half Penicillin bereits verwundeten britischen Soldaten im Nordafrika-Feldzug, wieder auf die Beine zu kommen. Und 1945 bekam Alexander Fleming zusammen mit Howard Walter Florey und Ernst Boris Chain, die maßgeblich die Entwicklung des Penicillin vom Schimmelpilz zum Medikament vorangetrieben hatten, den Nobelpreis. Den Dank an das Nobelpreiskomitee verband Fleming damals mit klaren Ratschlägen:
"Es gibt ein paar einfache Regeln für die Anwendung von Penicillin. Erstens: Nur einsetzen gegen Bakterien, gegen Mikroben, gegen die es auch hilft. Zweitens: So anwenden, dass es mit der Mikrobe auch in Kontakt kommt. Drittens: Nur in ausreichender Dosierung anwenden. Viertens: Die Behandlung lange genug fortsetzen, bis die Mikroben abgestorben sind. Wenn man diese Regeln beherzigt, sind alle zufrieden. Wenn nicht, dürfte das Ergebnis ziemlich enttäuschend sein."
Schon damals, in seiner Nobelpreisrede, warnte Fleming vor inflationärem Gebrauch von Penicillin.
"Es besteht die Gefahr, dass die Mikroben lernen, resistent gegen Penicillin zu werden. Und wenn die Mikrobe einmal resistent ist, bleibt sie auch für lange Zeit resistent. Verlässt sie dann den Körper, könnte sie andere Menschen infizieren, ohne dass Penicillin helfen kann. Der erste Patient ist dann durch seinen gedankenlosen Umgang mit Penicillin möglicherweise verantwortlich für den Tod seines besten Freundes."
Die Warnung des Penicillin-Entdeckers Alexander Fleming von 1945 muss aber irgendwie überhört worden sein: Antibiotika wurden in der Folgezeit so massiv, gedankenlos und verschwenderisch eingesetzt, auch die Landwirtschaft und die Tierwelt wurden damit überflutet, dass Antibiotika heute vielen Menschen nicht mehr helfen.
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