76. Filmfestspiele in Venedig

Das klassische Erzählkino dominierte den Lido

54:54 Minuten
Eine Illustration eines roten Teppichs, der zu einer leerer Bühne führt. Zwischen einem roten Theatervorhang prangen viele silberne Sterne vor schwarzem Hintergrund.
Der Leiter der Filmfestspiele in Venedig Alberto Barbera freute sich über viel Publikumsandrang. © imago / Ikon Images / Gail Armstrong
Von Patrick Wellinski  · 07.09.2019
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Eingängig und überzeugend: In ihrer 76. Ausgabe demonstrierten die Filmfestspiele von Venedig die Kraft des klassisch erzählten Spielfilms. Außerdem war es das Jahr des politischen Dokumentarfilms. Doch wer gewinnt am Ende den Goldenen Löwen?
Es ist das älteste Filmfestival der Welt und seit Jahren der Beginn der Oscar-Saison. Gerade unter dem immer wieder umstrittenen künstlerischen Leiter Alberto Barbera hat sich die Alte Dame der Filmfestivals zu einem wunderbaren Publikumsfestival gemausert. Auch die Stars geben sich die Klinke in die Hand. Hollywood und alte Bekannte aus dem europäischen Autorenkino prägten das diesjährige Festival.

Umfeld politischer Korruption

Ein Schwerpunkt der 76. Mostra galt den politischen Dokumentarfilmen. Der beste von ihnen war die rumänische Produktion "Colectiv" von Alexander Nanau. Darin beobachtet Nanau, wie Investigativreporter in der Hauptstadt Bukarest die Folgen der "Colectiv-Katastrophe" untersuchen, bei der 2015 der Musikclub "Colectiv" abbrannte. Mehrere Todesopfer starben an leichten Brandverletzungen in den Krankenhäusern. Hintergrund war die verbreitete Korruption im Gesundheitssystem. Im Interview erzählt Regisseur Nanau von den Folgen der Recherchen für Rumänien und erklärt, wieso sein Dokumentarfilm auch den Aufstieg des Rechtspopulismus im Westen beleuchtet.
Regisseur Edgar Reitz verbindet eine lange und schöne Geschichte mit dem Festival von Venedig. Er hat hier sehr erfolgreich viele seiner Filme gezeigt. Besonders die Premieren der "Heimat-Chronik" haben sich in die Annalen des Festivals eingeschrieben. Die Regisseurin Anna Hepp hat eine sehr berührende filmische Annäherung an Reitz gedreht. "800 Mal einsam - Ein Tag im Leben von Edgar Reitz" lief in der filmhistorischen Sonderreihe des Festivals "Classici". Im Interview erzählt Hepp, was sie an dem Kino von Edgar Reitz liebt und wieso sie durch die Begegnung mit ihm mehr über sich und die Kunst des Kinos erfahren hat.

Klassik versus Experiment

In unserer großen Kritikerrunde besprechen wir die Themen und Trends des Wettbewerbs. Mit den Filmkritikerinnen Anke Leweke und Katja Nicodemus ("Die Zeit") versuchen wir uns der Frage anzunähern, wieso bei dieser Ausgabe der 76. Festspiele die klassischen Narration so viel besser und begeisterter aufgenommen wurde als beispielsweise die wenigen Filme, die sich stärker am formalen Experiment ausprobiert haben. Außerdem verraten wir unsere Favoriten für den Goldenen Löwen.
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