70 Jahre Porsche

Eine Liebeserklärung

Porsche 911SC 2.4 mit den legendaeren Fuchs - Felgen. Ein Oldtimer aus den 1970er Jahren mit hohem Sammlerwert *** Porsche 911SC 2 4 with the legendary Fuchs wheels A vintage car from the 1970s with a high collector value
Porsche, mon Amour: Seit 1963 gibt es den Klassiker 911. © imago stock&people
Ulf Poschardt im Gespräch mit Vladimir Balzer und Axel Rahmlow · 08.06.2018
Porsche-Fahrer haben nicht den besten Ruf. Anlässlich des 70. Geburtstags des Sportwagens erklärt der Journalist Ulf Poschardt, warum er dennoch diesen Wagen liebt und welche Sehnsucht er damit verbindet.
Janis Joplin wünschte sich in einem ihrer Songs einen Mercedes Benz. Viele ihrer Freunde dagegen fuhren einen anderen deutschen Qualitätswagen, nämlich Porsche - behauptete die Rocksängerin in ihrem Song "Mercedes Benz".
Wer Porsche fährt, spricht von seinem Gefährt wie von seiner großen Liebe: Vor 70 Jahren kam der erste Sportwagen von Porsche auf die Straße. Auch heute, in Zeiten, da schlanke elegante Porsche-Klassiker wie der 911 längst wuchtigere Geschwister - etwa in Gestalt des großen Porsche Cayenne - bekommen haben, erfreut sich die Marke noch immer großer Beliebtheit.
Beim Genfer Autosalon wird am ersten Pressetag der Porsche Mission E Cross Turismo präsentiert.
Sieht nicht unsportlicher aus als der Benzin-Sportwagen: Ein Elektroauto von Porsche.© picture alliance /dpa /Uli Deck
Einer, der sie fast alle gefahren hat und selbst leidenschaftlicher Porschebesitzer ist, ist der "Welt"-Chefredakteur Ulf Poschardt. Er schwärmt von der Fragilität und dem Purismus eines klassischen Porsche – und lobt auch die Ingenieurskunst, die in dem vergleichsweise bulligen Cayenne stecke.

Kann man denn heute noch Porsche-Fahrer sein?

Kann man denn in Zeiten von Elektro- und Hybridmotoren überhaupt noch Porsche fahren – ist der leise E-Antrieb nicht ein krasser Widerspruch zu den Fahrvorlieben der Porsche-Fans?
"Ich habe keine Angst vor Sportwagen, die nur einen Elektro- oder einen Hybridantrieb haben", sagt Poschardt. "Ich finde es großartig, wenn man durch die Alpen heizt, dass man, wenn man zum Beispiel durch einen Ort fährt, wo viele Radler und viele Bergsteiger durch die Straßen laufen, auf ‚E‘ schaltet – und man surrt ohne ein Motorengeräusch durch das Dorf."
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Ein Porsche RS-Schätzchen von 1956.© imago stock&people
Fehlt da nicht was? "Nein, überhaupt nicht! Man sieht dann die tiefe Dankbarkeit, wenn ein lautes Auspuffgeräusch, das ja vielleicht für einen Mountainbiker gar nicht so toll ist, ausgestellt wird."

Kulturpessimist, wer sich nicht für E-Sportwagen interessiert

Poschardt sagt über sich zwar, er sei "bekennend analog" beim Porschefahren. "Doch es wär ja geradezu kulturpessimistisch, sich nicht zumindest für E-Sportwagen zu interessieren."
Der Journalist warnt jedoch davor, im Zusammenhang mit Sportwagen immer sofort die Keule der Political Correctness zu schwingen. Viele, die dies täten, hätten oft keine Ahnung, wovon sie sprächen.
Seine uneingeschränkte Zustimmung hingegen finden "die unglaublich klugen, visionären Nachhaltigkeitspropheten des Club of Rome, die gesagt haben: Um Dinge zu haben, die wirklich nachhaltig da sind und nicht entsorgt werden müssen, müssen sie schön sein, müssen sie verführerisch sein".

Im Zweifelsfall eine gute Ökobilanz

Und wenn man sich die Bilanz von Porsche anschaue: "Es gibt keine Autofirma, außer vielleicht Ferrari, wo so viele der Autos, die jemals dort produziert wurden, noch auf der Straße sind . Das heißt: Sie mussten nie entsorgt werden und haben im Zweifelsfall eine sehr gute Ökobilanz – auch weil sie von Leuten bewegt werden, die wissen, was sie da tun."
Ulf Poschardt zählt sich selbst zu dieser Gruppe: Porschefahren ist für ihn eine schnörkellose und voll konzentrierte Angelegenheit: "Natürlich ist es eine große Freude, mit so einem Auto auch durch den Alltag zu fahren. Denn es verändert alles: Ich habe da kein Radio, ich bin da ganz konzentriert aufs Fahren. Denn so ein Auto verzeiht es einem nicht, wenn man nebenher noch telefoniert oder irgendwas anderes macht."
Der Porsche stehe für ihn letztlich auch stellvertretend für "die Sehnsucht nach dem Greifbaren, Analogen, auch nach Vintage, und ist eine Reaktion auf die unweigerliche Digitalisierung, Modernisierung und auch auf die Transformation der Lebenswelten". Denn alles, was laut sei und stinke, werde früher oder später verschwinden. Deshalb stecke in der Liebe zum Sportwagen auch ein "melancholischer Abschiedsschmerz".
(mkn)
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