Die ganz alte Schule

In Wien steht die älteste Universität im deutschsprachigen Raum, vor 650 Jahren wurde sie gegründet. Die Hochschule ist attraktiv wie jeher - vor allem für Studierende aus Deutschland.
Auf einem kürzlich aufgespannten Transparent neben der Universitätsrampe sind neben dem rostroten Siegel der Hochschule die Worte "Prägend seit 1365" zu lesen.
"Die Universität wurde 1365 von Rudolf dem Vierten gegründet, irgendwie als Reaktion auch zur Gründung der Karlsuniversität Prag 1348, durch Karl den Vierten. Es war die erste Universität, die nicht von einem König gegründet wurde, und auch nicht in einer Bischofsstadt ..."
... sagt der Rektor der Alma Mater Rudolphina Vindobonensis, wie die Wiener Universität auf Lateinisch heißt, der Mathematiker Heinz Engl. Ein Herzog versuchte mit der Universitätsgründung in Wien dem Kaiser Paroli zu bieten. Doch dann starb der Herzog plötzlich, der Papst untersagte die Einrichtung der damals wichtigsten Fakultät, der Theologie, und der Universitätsaufbau stockte für einige Zeit, bis es dem Nachfolger des Gründer-Herzogs, Albrecht III., gelang, eine Volluniversität in Wien zu errichten. Das blieb sie über all die Jahrhunderte bis vor wenigen Jahren, als ihre medizinische Fakultät ausgegliedert wurde, als eigene Universität. Schon früh hatte die Wiener Universität internationales Ansehen erworben.
Der Weg in alle Fakultäten führte über die Philosophie
"Es gab bereits zu Beginn des 15. Jahrhunderts sehr bedeutende Gelehrte hier, eine so genannte erste Wiener mathematische Schule, die in Wirklichkeit eine astronomische Schule war, die Wegbereiter des kopernikanischen Weltbilds waren."
In jener Zeit hatte die Wiener Universität die höchste Zahl an Studierenden im gesamten Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Das Studium am Beginn der Neuzeit war allerdings noch nicht vergleichbar mit jenem von heute: Die Studenten hatten zunächst die Artistenfakultät, vergleichbar mit der Philosophie, zu absolvieren, ehe sie an den anderen drei anderen Fakultäten – Rechtswissenschaften, Medizin und Theologie - studieren konnten. Lehrkörper und Studierende waren nach ihrer Herkunft in vier Nationen gegliedert: In die österreichische, ungarische, rheinische und sächsische Nation. Im Zug der Gegenreformation wurde die Wiener Universität ab 1623 für lange Zeit de facto vom Staat und von den Jesuiten dominiert. Wichtige Reformen erfolgten in der Zeit der Aufklärung: Protestanten und Juden konnten ab dem späten 18. Jahrhundert akademische Weihen empfangen.
Heute sieht sich die Universität Wien laut Rektor Engl als international orientierte Forschungsuniversität mit rund 10.000 Lehrenden:
"Wir sind ja nicht nur die älteste, sondern auch die größte deutschsprachige Universität. 92.000 Studierende, es ist eine große Herausforderung, die gut zu betreuen."
Studenten kommen zunehmend aus Deutschland
Knapp ein Drittel der Studenten kommt aus dem Ausland, zunehmend aus Deutschland, weil es in Österreich keine Aufnahmebeschränkungen gibt.
"Die Zahlen sind äußerst unbalanciert. Es gibt wesentlich, von der Größenordnung her, mehr deutsche Studenten in Österreich als österreichische in Deutschland, und ein Teil der Problematik ist der in beiden Ländern nicht gleich gestaltete Hochschulzugang. Das ist ein Problem, das auch zu finanziellen Problemen natürlich führt. Wir würden uns mehr ausländische Studierende im fortgeschrittenen Stadium, also im Masterbereich und PhD-Bereich wünschen, nicht so sehr im Bachelorbereich, wobei ich aber betonen möchte: Ausländische Studierende sind natürlich eine Bereicherung."
Um die Jahrtausendwende erhielten die österreichischen Universitäten mehr Autonomie: Professoren sind keine Staatsbeamten mehr, sondern Angestellte der Universität. Sie spricht die Ernennungen aus, nicht mehr der Staat. Eine Verbindung zu ihm ist aber geblieben, die ihren Ursprung in der Monarchie hat. Damals promovierten besonders fleißige Absolventen sub auspiciis imperatoris. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Festakt als Promotion sub auspiciiis praesidentis wiederbelebt. Alljährlich am Gründungstag der Wiener Universität, dem 12. März, erhalten die tüchtigsten Absolventen ihren Abschluss sowie einen speziellen Ring vom Bundespräsidenten überreicht und seit kurzem auch ein Exzellenzstipendium als Anerkennung durch den Staat.
"Jemand, der sub auspiciis promoviert, das ist kein 100-Meter-Lauf, das ist ein Marathonlauf ..."
…sagt der österreichische Bundespräsident Heinz Fischer.
Die Universität Wien ist die einzige österreichische Uni, die unter den Top 200 weltweit gelistet wird, allerdings mit fallender Tendenz: 2011 lag sie noch auf Platz 139, drei Jahre später auf Platz 182. Die Ursache kann auch darin liegen, dass sich der Staat - anders als vom Spätmittelalter bis zum 19. Jahrhundert - nicht mehr so in der Verantwortung für die Hohe Schule sieht wie damals. Im Wissenschaftsbudget fehlen Millionen Euro, die von den Universitäten gefordert werden. So ist es schwer, sowohl die Anforderungen einer Massen- wie auch einer Spitzenuniversität zu erfüllen.