Die schöne heile Welt des Medaillenspiegels

Mit dem Sieg im Teamwettbewerb, der erstmals bei Olympia ausgetragen wurde, schließen die deutschen Rennrodler Sotschi mit der Maximalausbeute von vier Goldmedaillen ab. Erik Lesser gewann mit Silber das erste Edelmetall für die Biathleten. Alles prima in der deutschen Mannschaft? Von wegen.
Für alle Erbsenzähler. Deutschland hat die Führung in der Nationenwertung sogar noch ausgebaut. Trotzdem rumort es kräftig.
Baustellen gibt es gleich mehrere. Bei den Eisschnellläufern, den Rennrodlern und den Biathleten. Aber der Reihe nach. Nach dem 3.000-Meter-Lauf der Eisschnellläuferinnen, bei dem Claudia Pechstein Vierte wurde, hat sich ihre ehemalige Kollegin Anni Friesinger zu Wort gemeldet. Sie warf Pechstein ein taktisch unkluges Rennen vor. Was aber viel mehr aufhorchen ließ, Friesinger kritisierte die Berlinerin sich ständig in den Mittelpunkt zu stellen. Darunter würden andere Athletinnen, wie z. B. Stephanie Beckert leiden, und kämen kaum zum Zuge. Um die Silbermedaillengewinnerin von Vancouver ist es merkwürdig still geworden. Man erzählt sich, Beckert sei am Rande des Weltcups in Berlin im letzten Jahr übel mitgespielt worden - durch eine Kollegin. Das passt zur Mobbing-Kritik von Friesinger an Pechstein.
Unruhig ist es auch bei den Rennrodlern. Was noch mehr verwundert, sind diese doch mit viermal Gold die Medaillenbank bei den Winterspielen. Aber es gibt Streit um die Förderung. Alle Sieger kommen aus Bayern. Aus der Trainingsgruppe Berchtesgaden. Silbermedaillengewinnerin Tatjana Hüfner trainiert in Oberhof. Sie warf dem Deutschen Bob- und Schlittenverband eine Bevorzugung des Standortes Bayern vor.
Medaillengaranten waren auch mal die Biathletinnen. Aber Uschi Disl, Kati Wilhelm und Magdalena Neuner - das war einmal. Die ganz großen Zeiten sind erst einmal vorbei. Das hat natürlich auch Uwe Müßiggang erkannt, seit 1991 Frauen-Bundestrainer, und will zum Saisonende aufhören. Es ist Zeit für einen Umbruch.
Die 19-jährige Franziska Preuß, die 20-jährige Laura Dahlmeier und die 23-jährige Miriam Gössner, nach einer Verletzung bei Olympia nicht dabei, sind die größten Talente. Aber sie brauchen Zeit, um sich zu entwickeln und womöglich in der Weltspitze zu etablieren. Dahinter kommt lange nichts.
Ähnlich ist es bei den Männern. Daran ändert auch das olympische Silber des 25-jährigen Erik Lesser nichts. Das deutsche Biathlon hat wie viele Wintersportarten ein Nachwuchsproblem. Und das, so meinen Experten, wird in den nächsten Jahren eher noch größer.
In Sotchi sind es bisher zehn Medaillen - André Hatting mit einem Überblick des sechsten Wettkampftages.